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Ballnacht in Colston Hall

Ballnacht in Colston Hall

Titel: Ballnacht in Colston Hall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Nichols
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Glück zu uns, selbst wenn wir es am Anfang noch nicht erkennen. Das wollte ich dir damit sagen, mein liebes Kind.”
    “Ja, Mama, ich verstehe”, seufzte Lydia, obwohl sie überzeugt war, dass sie Sir Arthur nie würde lieben können, und im Übrigen auch daran zweifelte, dass eine Hochzeit mit ihm der rechte Weg sei.
    “Du darfst auch nicht weiterhin Groll gegenüber dem Earl hegen”, fuhr die Mutter fort. “Wir müssen gut nachbarlich zusammenleben, ganz gleich, ob wir hier bleiben oder in Sir Arthurs Haus ziehen.”
    “Wer, glaubst du, hat diese Gerüchte in die Welt gesetzt?”, fragte Lydia. Diese Frage beschäftigte sie schon von Beginn des Getuschels an. “Annabelle meint, es war Caroline Brotherton. Aber sie hatte doch nichts wissen können, bevor sie es von anderen gehört hatte. Meinst du, es könnte Mistress Grey gewesen sein? Sie war doch jahrelang in Colston Hall angestellt.”
    “Nein, nein, sie würde nie etwas sagen, was den Earl oder die Countess verletzt hätte. Aber es gibt ja eine Reihe von Dienern im Hause, die schon lange im Dienst der Familie stehen, zum Beispiel der alte Kammerdiener des Earls. Er mag in manches Geheimnis eingeweiht gewesen sein und hat es dann an Ralph weitergegeben, als dieser zurückkehrte. Aber es tut nicht gut zu spekulieren. Wir sollten unser Leben so führen, wie wir es für richtig halten, und den Kopf aufrecht tragen. Du bist verlobt, wirst in zwei Wochen heiraten und dann mit deinem neuen Dasein vollauf beschäftigt sein, das dir wie ein Traum vorkommen wird.”
    Oder wie ein Albtraum, dachte Lydia. Was ihre Pflicht war, wusste sie schon lange, und es war nur Zeitverschwendung, von einem anderen Mann zu träumen, einem Mann, den es zudem überhaupt nicht gab. Oh, wenn die Mutter doch recht haben und alles nicht so schwer werden würde, wie sie jetzt fürchtete.
    Aber bevor sie einen Hausstand übernehmen musste, könnte sie sich vielleicht noch ein kleines Abenteuer gönnen. Sie könnte versuchen, das Rätsel um die Schmuggler und das seltsame Päckchen zu lösen. Und wenn es wirklich nichts weiter war, als der verbotene Handel mit Konterbande, dann würde sie zumindest den Steuereinnehmer darauf aufmerksam machen. Es würde dem Earl ganz recht geschehen, wenn sie es täte, bevor er selbst dazu kam. Schließlich hatte sie sogar einen Beweis in Händen, er aber gar nichts. Oh, es würde ein großer Spaß werden, ihn zu übertreffen.
    Hatten die Schmuggler ihre Ware letzte Nacht an Land gebracht oder hatte der Kapitän das Ausladen verschoben, weil kein Antwortsignal vom Land gekommen war? Aber vielleicht warteten die anderen in einer Bucht, die man von Colston aus nicht einsehen konnte. Wenn die ganze Sache aufgeschoben worden war, warum hätte sich dann Robert Dent so viel Mühe machen sollen, Lydia vor einer weiteren Einmischung zu warnen? Offensichtlich wollte er verhindern, dass sie diese Nacht wieder an den Strand ging. Und der Earl verfolgte dasselbe Ziel. Allein diese Tatsache war Grund genug für sie, heute diesen Gang erneut zu unternehmen.
    Aber es war dann doch ein gewaltiger Unterschied zwischen dem in der sicheren Atmosphäre des Wohnzimmers gefällten Entschluss und seiner Umsetzung in die Tat. Sie bedeutete nämlich, mitten in der Nacht das warme Bett zu verlassen und hinaus in die Dunkelheit zu gehen, die durch dichten Nebel noch undurchdringlicher geworden war. Als die Uhr der Dorfkirche die zwölfte Stunde schlug, war Lydia nahe daran, auf weitere Abenteuer zu verzichten. Doch dann sagte sie sich, dass der Schutz durch den Nebel die Schmuggler bestimmt zum Ausladen ihrer Waren veranlassen und sie wahrscheinlich für immer ihre Spur verlieren würde, wenn sie heute Nacht daheim blieb.
    So machte sie sich dann in Freddies Kleidern wieder auf den bekannten Weg, der am Waldrand entlangführte. Doch als sie das Sumpfgebiet erreicht hatte, war der Nebel dick wie eine Wand, und eine unheimliche Stille lag über dem Land. Unschlüssig blieb Lydia stehen und fragte sich, ob die Boote bei diesem Wetter wohl den Weg zur Küste finden würden. In diesem Augenblick ertönte der laute Schrei einer Möwe und dann noch ein zweiter. Sie durchbrachen die Stille wie ein Donnerschlag und waren in der Nacht sicher meilenweit zu hören. Offensichtlich gaben sich die Männer auf diese Weise gegenseitig die Richtung an.
    Vorsichtig tastete sich Lydia weiter, probierte bei jedem Schritt erst aus, ob sich ihr Fuß auf sicherem Grund befand, bevor sie ihr

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