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Ballnacht in Colston Hall

Ballnacht in Colston Hall

Titel: Ballnacht in Colston Hall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Nichols
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Körpergewicht verlagerte, während vor ihr immer wieder die Möwenrufe erklangen. Sie war sich jedoch sicher, dass sie nicht von Vögeln kamen. Irgendjemand war am Strand und lenkte damit die Boote. Vor Aufregung begann Lydia zu zittern. Immer wieder sah sie sich nach etwaigen Verfolgern um und war heilfroh, als sie endlich weichen Sand unter den Füßen spürte und wusste, dass sie die gefährlichen Marschen hinter sich hatte.
    Erleichtert atmete sie auf und überlegte, was sie als Nächstes tun sollte. Die Möwenschreie hatten aufgehört. Stattdessen ertönte plötzlich das Knirschen eines Ruders in solch unmittelbarer Nähe, dass sie erschrocken zusammenfuhr. Im selben Augenblick lüftete eine leichte Brise den Nebelschleier ein wenig und gab den Blick auf die verschwommenen Umrisse eines Ruderbootes frei. Schatten bewegten sich ihm vom Strand aus entgegen. Vereinzelt erklangen undeutliche Rufe. Männer waren dabei, das Boot auf den Sand zu ziehen! Wenn sie sich umwandten, mussten sie Lydia erblicken.
    Entsetzt warf sie sich mit einem einzigen Satz in eine Höhlung in den Dünen. Ihr Unbehagen während der Wanderung durch den Nebel war nicht zu vergleichen mit der Furcht, die sie jetzt erfüllte. Wie war sie nur auf den abwegigen Gedanken gekommen, sie könne es ganz allein mit einer Handvoll Schmugglern aufnehmen? Robert Dent hatte völlig recht gehabt, als er sie vor möglichen Gefahren warnte, und ebenso der Earl of Blackwater.
    Ralph Latimer. Was würde sie nicht dafür geben, ihn jetzt an der Seite zu haben. Unwillkürlich musste Lydia bei dieser Vorstellung lächeln, wenn sie daran dachte, wie heftig sie noch vor Kurzem sein Hilfsangebot abgelehnt hatte. Vorsichtig hob sie ein wenig den Kopf. Die Männer stapelten Kisten und Fässer auf den Strand, und ihre halblauten Stimmen drangen bis zu ihrem Versteck.
    “Was war denn gestern Abend los?” erkundigte sich einer der Schmuggler mit einem leichten französischen Akzent.
    “Liefen zu viele Fremde herum. Konnten euch nicht an Land gehen lassen.”
    “Und wo ist der Karren?”
    “Joe bringt ihn her. Im Dunkeln und bei diesem Nebel ist das nicht so einfach. In den Marschen sieht man kaum die Hand vor Augen.”
    “Wo ist Gaston?”
    “Nicht hier. Verschwunden. Wahrscheinlich hat ihn der Steuereinnehmer geschnappt.”
    “Und die Karte und die Steine?”
    Sekundenlang erfolgte keine Antwort. Doch dann brach eine Woge von Schimpfworten los, die umso beängstigender war, als sie in Französisch und von einem wütenden Zischen begleitet ausgestoßen wurde.
    Währenddessen war der Karren, gezogen von einem kräftigen Pferd und begleitet von einem breitschultrigen Mann mit einem weitkrempigen Hut auf dem Kopf, eingetroffen, und die Männer begannen, die Waren aufzuladen.
    “Was ist mit unserm Geld?” erkundigte sich einer von ihnen.
    “Das bekommt ihr, sobald das Zeug hier ausgeliefert ist”, erwiderte der Mann, der den Karren hergebracht hatte.
    “Das heißt, dass wir noch eine Nacht hier bleiben müssen. Zwei sind schon gefährlich genug, aber drei sind geradezu selbstmörderisch.”
    “Kann ich auch nicht ändern. Wenn ihr Geld wollt, müsst ihr morgen Abend wiederkommen.”
    Deutlich hörbar scharrte das Boot über den Sand, als es wieder ins Wasser geschoben wurde. Dann klatschten die Ruder gleichmäßig in die Wellen. Vorsichtig hob Lydia ein wenig den Kopf. Der Karren, begleitet von drei Männern, hatte sich in Bewegung gesetzt und würde ganz nahe an ihrem Versteck vorüberkommen, wenn er die eingeschlagene Richtung einhielt. Wieder presste sie sich tief in den Sand und hielt den Atem an. Die Räder rollten quietschend kaum zwei Ellen an ihrem Kopf vorbei. Wer immer den Karren lenkte, musste die Gegend und insbesondere das Sumpfgebiet gut kennen und demzufolge ein Einheimischer sein.
    Endlich war am Geräusch zu vernehmen, dass der Wagen festen Grund erreicht hatte. Lydia glaubte sich in Sicherheit und richtete sich auf. Doch im selben Augenblick wandte sich einer der Männer um und blickte noch einmal zum Strand zurück. Lydia erstarrte das Herz in der Brust, denn sie wusste, dass sie sich deutlich gegen den östlichen Himmel, an dem das erste Morgenrot zu dämmern begann, abzeichnete. Der Mann rief seinen Begleitern ein paar Worte zu und kam eilig zurück.
    Von Panik ergriffen, rannte Lydia los, immer den Strand entlang. Der Fremde folgte, kam Schritt für Schritt näher, jagte sie in die Dünen hinauf und warf sich schließlich auf seine Beute,

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