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Ballsaison: Palinskis siebter Fall

Ballsaison: Palinskis siebter Fall

Titel: Ballsaison: Palinskis siebter Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pierre Emme
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nach dem Verzehr auf wie eine Pfingstrose, und er wurde ins Krankenhaus statt ins Stadion gebracht.
    Im Hinterkopf beschäftigte Palinski natürlich unbewusst die Frage, wie viele Jahre Gefängnis er schlimmstenfalls für diesen heimtückischen Anschlag auf einen ausländischen Staatsmann erhalten konnte. Aber egal, da musste er durch. Vielleicht gelang es ja auch. Aber das wäre zu schön. Nun, probieren konnte man es ja einmal.
    Kurze Zeit später war es dann so weit. Die Ergebnisse des ersten Backversuches lagen hellgelb und verführerisch duftend vor ihnen auf dem Backblech. Beim ersten Kosten verbrannten sich beide noch kräftig den Mund, so heiß war die Shrimps-Kokos-Kreation. Die, und das war kein Eigenlob, hervorragend mundete. Nachdem die beiden das Blech geleert, ja, man musste schon sagen, leergefressen hatten, waren sich beide sicher: Wenn Brionigg nur halb so wild auf das Zeug sein würde, wie sein Dossier andeutete, dann war die ganze Sache eine ›gmahte Wiesn‹.
    Dennoch, Palinski war nicht ganz sicher, ob er sich darüber freuen oder Angst davor haben sollte.

     
    * * *

     
    Nach dem dritten, nervenzerfetzenden Durchlauf des Aerobic-Schinkens war Franca geschafft. Ihre Konzentration war gegen null gesunken und die letzten 10 Minuten hatte sie bereits heftig gegen das Einnicken ankämpfen müssen.
    Also aus der Handlung, wenn man das zweifellos schweißtreibende, intellektuell aber kaum herausfordernde Gehüpfe überhaupt so nennen konnte, waren keinerlei Hinweise auf Serge Hieblers eigenartiges Verhalten zu erkennen. War es vielleicht etwas in der Dekoration, in der Kulisse? Oder in der Beschriftung der Kassette?
    Franca versuchte, sich nochmals zu konzentrieren. Sie studierte das Blabla des völlig unverbindlichen Textes auf der Hülle, las die Namen der Akteure und fand neben dem Star, der ranken, schlanken, aber doch schon etwas überwutzelten Gloria Schellenberg und Serge le Beau, wie er sich hier nannte, auch Namen wie Gianni Rasunda, Jorge Esteves, Hanno Kappel, Ramona Azur, Evy Immen und Susanna Lacroix.
    Das Band war vor einigen Monaten in Köln von einer Sport-Media GmbH produziert worden und wurde von SVI-Sport Videos International, Essen, verlegt.
    Den Abschluss bildeten die auszugsweise abgedruckten Kommentare und Kritiken von Leuten und Sportmedien, die Franca absolut nichts sagten und in so unverbindlichen Aussagen wie: »Das ist Bewegung, Rhythmus und Körperbeherrschung vom Feinsten …« Weserländer Turnbote gipfelten.
    Wenn da etwas Sachdienliches dabei gewesen war, dann hatte sie es übersehen. Aber irgendetwas war da, das spürte sie. Und auf ihr Gespür konnte sie sich in der Regel verlassen. Na gut, morgen war auch noch ein Tag. Franca stand auf und machte sich auf den Weg ins Bad.
    Nach dem Zähneputzen blickte sie noch einmal auf das müde Gesicht, das ihr aus dem Spiegel entgegensah. »Mein Gott, du wirst auch nicht jünger, Franca«, schoss es ihr durch den Kopf. Und völlig zusammenhanglos stellte sie sich die Frage, wie sie sich wohl nennen würde, wenn sie einen Künstlernamen hätte. Franca Wall? Nicht schlecht. Oder Fran Wall? Auch nicht übel.
    Und dann wusste sie plötzlich, was ihr vorhin aufgefallen, aber nicht bewusst geworden war. Der Verdacht war zwar nur vage, ein wenig aus der Luft gegriffen. Aber auf jeden Fall einen Versuch wert. Sie würde morgen gleich als Erstes den Kollegen von der Zürcher Kantonspolizei anrufen.

     
    * * *

     
    Palinski und Florian hatten noch vier weitere Bleche voll mit ›Kokosbusserln Spezial‹ produziert und eines gleich wieder aufgegessen. Das Zeug schmeckte verdammt gut, fast besser als die Busserln, die die Omi seinerzeit für den kleinen Mario gebacken hatte. Durch die spezielle Zubereitung schmeckte der Teig nicht so trocken, irgendwie flaumiger. Kokosbusserlpuristen und Bäckereifundamentalisten würden jetzt sicher anmerken, dass es eine produkttypische Eigenschaft dieser Spezialität war, eher trocken, luftig, leicht zu sein. Aber Palinski schmeckte die etwas gehaltvollere Variante ›Maritima‹ nun einmal besser.
    Deswegen hatte er auch ein halb und ein ganz volles Originalsackerl »Brandecks Kokosbusserln« mit nach oben in die Wohnung genommen, um sie dem kritischen Geschmack Wilmas auszusetzen.
    Die war mit Marianne Kogler im Volkstheater gewesen, bei Molnars ›Liliom‹. Die beiden waren kurz vor Palinski nach Hause gekommen und gerade dabei, sich mit einem Glas Sauvignon blanc den letzten Schliff für eine

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