Balthazar: Roman (German Edition)
der Überzeugung, dass seine Gedanken für immer bei ihr bleiben würden, auch wenn er selber die Darby Glen High längst verlassen hätte, nachdem die unmittelbare Krise entschärft worden wäre. Skye würde für immer ein Teil von ihm sein.
Eines Nachts, nachdem er sich stundenlang in seinem Bett hin- und hergeworfen und verzweifelt versucht hatte, nicht an Skye zu denken, fiel er endlich in einen tiefen Schlaf und träumte von ihr.
Sie waren wieder in der Evernight-Akademie, aber sie waren besser miteinander bekannt, als es damals der Fall gewesen war. Gemeinsam ritten sie ihre Pferde auf dem Schulgelände; die Umgebung war grün, und es war warm wie im Sommer.
»Du bist zu langsam«, rief Skye ihm über die Schulter hinweg zu. Ihr tiefbraunes Haar lugte unter der Reiterkappe hervor, die sie trug, und umschmeichelte ihr Gesicht. Während Skye Eb antrieb, schrie sie: »Nun beeil dich schon.«
»Ich komme.« Er drückte Bucephalus die Fersen in die Flanken und dachte kurz daran, wie lange es her war, dass er ihn geritten hatte. Warum brachte er sein Pferd eigentlich nicht jeden Tag an die frische Luft? Es sah noch immer knochig und ungelenk aus, aber es war schnell. Schnell genug, um Skye einzuholen.
Sie und Eb verschwanden in einem Wäldchen, und Balthazar folgte ihnen, denn er wollte unbedingt in Skyes Nähe sein. Wenn er sie eingeholt hätte, würde er sie in die Arme nehmen und küssen. Dieses Mal würde er sich von nichts aufhalten lassen. Nichts würde sich ihnen in den Weg stellen.
Als er mit seinem Pferd auf die Lichtung kam, sah er, dass Eb mit herabhängenden Zügeln dastand und graste. Balthazar stieg ab und erwartete, Skye irgendwo in der Nähe zu finden. Vielleicht versteckte sie sich und machte aus der ganzen Sache ein Spiel. Unwillkürlich begann er zu lächeln. »Skye?«
»Finde mich doch!« Ihre Stimme klang fröhlich und schien tiefer aus dem Wald zu kommen. Er rannte dem Klang hinterher. Die Äste der Bäume kamen ihm unglaublich dick vor, und das Sonnenlicht war hier gedämpfter und weniger gleichmäßig als noch vor einigen Momenten. Er kümmerte sich nicht darum, denn er wollte Skye finden. Schließlich schob er wieder einen Ast zur Seite, und da sah er eine kleine Baumgruppe. In der Mitte stand Skye; ihr gerüschtes Sommerkleid bauschte sich im plötzlich aufkommenden, starken Wind. Ihre nackten Füße waren sehr weiß im leuchtend grünen Gras.
Sie stand einfach nur da und wartete auf ihn, ein Lächeln auf dem Gesicht, und Balthazar machte einen Schritt auf sie zu.
In diesem Moment tauchte Redgrave hinter Skye auf und schlang ihr einen Arm um die Taille.
»Nur ihr Freund, ja?«, flüsterte Redgrave Balthazar zu, während er Skye das Haar aus dem Gesicht strich. Sie starrte ihn wortlos an und wirkte so begierig darauf, mit ihm zusammen zu sein, wie sie es nur wenige Augenblicke zuvor bei Balthazar gewesen war. »Nur ihr Beschützer. Und doch träumst du davon, wie sie für dich barfuß auf einer Wiese tanzt. Wie unglaublich armselig, Balthazar. Deine erotische Vorstellungskraft hätte in den letzten paar Jahrhunderten wenigstens ein bisschen lebhafter werden können.«
Das ist nicht richtig. Das kann nicht real sein.
»Lass Skye los«, sagte Balthazar. Es fiel ihm schwer, die Worte hervorzupressen. »Sie will dich nicht.«
»Ich bin jetzt der Herr über deinen Traum«, sagte Redgrave, während er mit seinen Fingern über Skyes nackten Arm strich. »Und ich denke, dass sie mich sehr wohl will. Nicht wahr, meine Liebe?«
Wie als Antwort wandte sich Skye zu Redgrave und küsste ihn so leidenschaftlich, wie sie auch Balthazar einmal geküsst hatte. Doch anders als dieser stieß Redgrave sie nicht weg, sondern erwiderte den Kuss und genoss ihre Berührung, und der Anblick war so entsetzlich, dass Balthazar ihn nicht ertragen konnte.
Dies ist nicht real , dachte Balthazar. Das wusste er doch, oder etwa nicht? Er versuchte, einen Schritt nach vorne zu machen, die beiden zu trennen und, wenn es sein musste, um Skye zu kämpfen. Aber seine Füße gehorchten ihm nicht. Als er hinabsah, stellte er fest, dass er im Schlamm versank oder in Treibsand – in irgendetwas Dunklem, Zähflüssigem, das begann, ihn immer weiter in die Tiefe zu ziehen.
Redgraves Gelächter ließ ihn wieder aufblicken. »Am liebsten würde ich dich auch im wahren Leben dabei zusehen lassen, Balthazar. Dann würde es mir noch mehr Vergnügen bereiten. Und du weißt, dass ich das könnte, nicht wahr?«
Balthazar
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