Balthazar: Roman (German Edition)
erwachte mit einem Ruck. Keuchend lehnte er sich gegen das Kopfteil seines Bettes und stützte sein Gesicht in die Hände. Die Tatsache, dass sein Erschaffer in seine Träume eindrang und ihn dort quälte, war schon schlimm genug. Verheerend jedoch war, dass Redgrave nun wusste, was Skye Balthazar tatsächlich bedeutete. Und er hatte es rascher herausgefunden als Balthazar selbst.
»Ich hasse diesen Höllenschlund«, sagte Nola Haladki.
Balthazar warf ihr einen mitfühlenden Blick zu. Sie standen am Rand des Auditoriums, das jetzt in Rosa und Rot dekoriert war, während Snow Patrol aus dem DJ -Kabuff plärrte und Pärchen mit den seltsamen Verrenkungen beschäftigt waren, die man seit ungefähr vierzig Jahren unter »tanzen« verstand. Balthazar vermisste einen Walzer. »Meinen Sie mit Höllenschlund die Darby Glen High im Einzelnen oder den Valentinsball im Besonderen?«
»Beides.« Nola nahm einen Schluck aus der Fruchtsaft-Sprite-Bowle in ihrem blauen Plastikbecher. »Ich habe meine Zulassung als Krankengymnastin im Onlinekurs gemacht. Diesen Sommer ist der praktische Teil der Ausbildung dran, und danach bin ich sofort hier weg.«
»Sie machen, woran Ihr Herz wirklich hängt«, antwortete Balthazar. »Das freut mich für Sie.«
Nola warf ihm einen Blick von der Seite zu. »Hören Sie mal, mein Junge. Sie kommen gerade frisch vom College. Wahrscheinlich denken Sie noch, Sie könnten die Schüler inspirieren oder solchen Unsinn. Aber ich sage Ihnen eines: Wenn Sie denken, es wird die ganze Zeit wie beim Club der toten Dichter sein, dann leben Sie in einer Traumwelt. Dieser Beruf nervt. Werfen Sie ihn hin, solange Sie noch können.«
So ernsthaft wie möglich antwortete Balthazar: »Ich bezweifle, dass ich für den Rest meines Lebens hierbleiben werde.«
» Was werden Sie nicht Ihr Leben lang tun?« Tonia Loos kam mit ihren High Heels angeklackert, die ebenso knallrot waren wie ihr hautenges Kleid. »Balthazar, Sie sehen toll aus in diesem Anzug. Zu schade, dass Sie ihn nicht in der Schule tragen können, dann hätten wir jeden Tag etwas von diesem Anblick … Oh, hi, Nola.«
»Sie beide sehen heute Abend ebenfalls ganz bezaubernd aus«, sagte Balthazar. Und das stimmte. Auch wenn Tonias Outfit für seinen Geschmack ein bisschen zu aufdringlich war, sah sie doch zweifellos attraktiv aus, und Nola hatte ihre übliche Trainingsjacke aus Fleece gegen ein graues Seidenkleid getauscht, das ihr eine klassische Eleganz verlieh.
Nola lächelte Balthazar an und nickte; Tonia hakte sich bei ihm ein. »Sie verstehen es, Komplimente zu machen, wissen Sie das eigentlich?«
»Ich gehe mal rum und gucke, ob die Kids schon angefangen haben, die Bowle mit Alkohol zu mixen«, sagte Nola, und ihr war mehr als deutlich anzumerken, dass sie, sollte das der Fall sein, sich erst mal selbst ein Glas davon genehmigen würde, ehe sie die Schüler zum Ausschütten zwingen würde.
»Wissen Sie«, sagte Tonia und schaute unter ihren dick getuschten Wimpern hervor, »später, wenn es leerer wird, tanzen manchmal auch die Lehrer.«
»Ich bezweifle, dass man viele Lieder spielen wird, die ich kenne.«
»Sie sind immer so mysteriös! Sie erzählen nie etwas über sich selbst. Zum Beispiel, welche Art von Musik Sie bevorzugen. Welche Lieder kennen Sie denn?«
Balthazar dachte gründlich über Tonias Frage nach, ehe er erwiderte: » Wenn ich Ihnen eine Frage beantworte, beantworten Sie mir dann ebenfalls eine?«
»Oooh, ein Ratespiel. Ich liebe Spiele.« Tonias Grinsen wurde breiter.
»Ich mag eher alte Musik«, sagte Balthazar. »Klassische Musik überwiegend, aber ich habe auch eine Schwäche für Musik aus den Fünfzigern. Elvis, Rockabilly, diese Richtung.«
»Ich wette, dass der DJ auch Elvis spielen würde. Zumindest einen Remix.«
Tonia war offensichtlich ganz vernarrt in die Vorstellung, später am Abend mit ihm zu tanzen. Balthazar beschloss, dass er am Ende des Balls irgendetwas ganz Wichtiges zu tun haben würde. »Okay. Sie sind dran. Was wollen Sie wissen?«
Balthazars Stimme blieb ganz freundlich, aber er ging davon aus, dass er bei Tonia deutliche Worte finden musste. »Warum ist eine so attraktive Frau wie Sie so unsicher?«
Zuerst antwortete Tonia nicht. Dann fuhr sie sich mit den Fingern durchs Haar, als ob sie sich auf diese Weise beruhigen könnte. »Wow, Sie nehmen aber kein Blatt vor den Mund. Überhaupt kein Blatt.«
»Ich versuche nur, ehrlich zu sein.«
»Wenn Sie nicht interessiert sind, oder wenn es
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