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Balthazar: Roman (German Edition)

Balthazar: Roman (German Edition)

Titel: Balthazar: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Gray
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Erleichterung zu hören, dass er zur Ruhe gekommen war.
    »Übrigens lässt er schön grüßen«, fügte Bianca hinzu, »und er lässt sich entschuldigen, dass er nicht selbst herkommen kann. Aber ich reise schneller als die meisten Leute.«
    »Ja, sieht ganz so aus.« Das war die humorvollste Bemerkung, zu der Skye in der Lage war. Mit einem Geist im gleichen Haus aufzuwachsen, war die eine Sache; in ihrem eigenen Zimmer herumzusitzen und in aller Seelenruhe mit einem zu plaudern, war etwas ganz anderes. Und dann war da noch die Tatsache, dass in ihrer Fensternische ein Vampir hockte.
    Meine Definition des Begriffes »seltsam« hat sich ganz schön verändert in letzter Zeit.
    Auf Biancas Gesicht zeichnete sich plötzlich freudige Überraschung ab, und mit einem Mal war sie nicht länger neben Balthazar, sondern tauchte auf der anderen Seite des Zimmers auf.
    »Du hast ja eine von Raquels Collagen!«
    »Oh, ach ja, richtig. In unserem ersten Jahr in Evernight habe ich sie im Kunstraum dabei beobachtet, wie sie an dieser hier arbeitete, und ich bin ihr so lange auf die Nerven gegangen, bis sie mir die fertige Collage geschenkt hat. Vermutlich vor allem deshalb, damit ich endlich wieder die Klappe halte.«
    Es fühlte sich immer normaler an, sich mit einem Geist zu unterhalten. Skye stellte sich neben Bianca vor das Kunstwerk, auf dem mehrere Jungs zu sehen waren, die um ein sichtlich genervtes Mädchen in ihrer Mitte herumstanden, dramatische Gesten in seine Richtung machten und ihm aufgebrachte Blicke zuwarfen. »Raquel hat das Bild Spar dir das Theater für deine Freundin genannt.«
    »Ich liebe ihre Arbeiten«, sagte Bianca. Dann fuhr sie mit ruhigerer Stimme fort. Zwar versuchte sie nicht, Balthazar aus dem Gespräch auszuschließen, aber es war deutlich, dass sie sich jetzt nur an Skye wandte: »Lucas hat mir von deinen Visionen erzählt.«
    »Weißt du, woher die kommen? Wie wir sie stoppen können?«
    Bianca schüttelte den Kopf. »Du bist die Erste, der das passiert, soviel wir wissen. Was nicht sehr viel ist.«
    Im Grunde hatte Skye keine andere Antwort erwartet, aber sie spürte trotzdem einen Stich der Enttäuschung, der heftiger war, als sie gedacht hatte. Vielleicht lag das an der Menge der bizarren, beängstigenden Dinge, die alle gleichzeitig auf sie eingeströmt waren. Es wäre eine Erleichterung für sie gewesen, wenn sich wenigstens für irgendetwas davon eine Erklärung gefunden hätte.
    »Vermutlich hattest du schon immer eine gewisse Begabung in dir«, fuhr Bianca fort, »und als sich dein Geist so lange für die Welt der Toten geöffnet hat und ich von dir Besitz ergriffen habe, da … muss sich etwas Grundsätzliches in dir verändert haben.«
    »Etwas grundsätzlich Furchtbares«, murmelte Skye.
    Leise fügte Bianca hinzu: »Ich weiß nur, dass das alles mit dir geschieht, weil du mich in Evernight gerettet hast. Mir ist bewusst, dass du dieses Risiko nicht hättest eingehen müssen. Ich will nur sagen … Ich weiß eigentlich gar nicht, was ich sagen soll. Vermutlich, dass es mir leidtut. Und dass ich dir dankbarer bin, als du es dir überhaupt vorstellen kannst.«
    »Ich wusste, dass es gefährlich sein könnte. Ich bin einfach das Risiko eingegangen. Und wir sind alle dort rausgekommen, also hat es sich doch gelohnt.« Skye fühlte sich sofort getröstet, als sie die Sache von dieser Seite her betrachtete. Es war sicher besser, die Bilder von gewaltsamen Todesfällen als natürliches Ergebnis von etwas sehr Tapferem, das sie getan hatte, zu sehen. Skye entschloss sich, von jetzt ab ihre Visionen immer auf diese Weise zu betrachten.
    »Es wird langsam spät«, sagte Balthazar. Er starrte jetzt wieder hoch konzentriert aus dem Fenster. Ob er schon etwas gesehen hatte? »Es ist bereits nach Mitternacht. Das ist die Zeit, die Redgrave manchmal zum Zuschlagen wählt.«
    »Wer ist Redgrave eigentlich genau?«, fragte Bianca.
    »Ein Vampir, den ich kenne. Keiner, mit dem du jemals zusammentreffen willst.«
    Also mochte Balthazar Bianca zwar, hatte ihr aber nicht alles von sich erzählt. Selbst die paar Schnipsel seiner Vergangenheit, die Skye in den letzten Tagen erfahren hatte, hatte er Bianca gegenüber nicht erwähnt. Das war interessant. … Augenblick mal. Hatte er nicht gesagt, dass Redgrave sich für einen Angriff bereit machte?
    Skye fragte: »Sind sie etwa gerade auf dem Weg hierher?«
    »Es ist wahrscheinlicher, dass sie kommen, wenn sie glauben, dass du zu Bett gegangen bist.«

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