Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Baltrumer Bitter (German Edition)

Baltrumer Bitter (German Edition)

Titel: Baltrumer Bitter (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Barow
Vom Netzwerk:
Augen schienen noch tiefer in den speckigen Falten seines
Gesichtes zu verschwinden. »Habe ich Ihnen schon von meinem letzten Fang …«
    Frank und Klara schüttelten gleichzeitig den Kopf.
    »Im Herbst will ich wieder auf Hecht und Zander. Tolles
Erlebnis. Schau’n Se mal!« Er drehte sich um und zeigte auf einen Fischkopf,
der sie mit großen Glasaugen von der Wand her anstarrte. »Ossiacher See. Vor
zwei Jahren. Super Urlaub.«
    »Und – was machen Sie außer Präparieren mit dem Fisch? Essen?«,
fragte Klara interessiert.
    »Man kann natürlich nicht alles essen oder präparieren, was man
fängt. Also verrate ich Ihnen ein Geheimnis.« Er beugte sich, soweit es sein
Bauch zuließ, noch ein wenig mehr über den Schreibtisch. »In die Tonne, gute
Frau. In die Tonne. Was sonst? Geht schließlich um den Spaß«, lächelte Lohmann
und spielte mit den Blinkern. »Ihr Chef … Klasse Mann übrigens. Hat Biss. Dass
der sich noch daran erinnert hat, dass ich ihm neulich mal kurz von meiner
Leidenschaft erzählt habe … Angeln ist nämlich eine Leidenschaft. Nicht nur bei
Fischen …« Der Bürgermeister starrte wieder schmachtend auf Klaras
Ausschnitt.
    Frank schob seinen Stuhl nach hinten. Er musste raus. Es war
unerträglich mit diesem Kerl in einem Raum.
    Doch Klara hielt ihn mit einer knappen Bewegung zurück. »Herr
Lohmann, wir würden Sie gerne um Rat fragen. Bezüglich eines neuen großen Projektes,
bei dem wir Ihre Mithilfe benötigen. Es geht um die Anschaffung von Elektrokarren.«
    *
    »Unglaublich«, stöhnte Klara. »Das war das widerlichste
Gespräch meiner Laufbahn. Dieser Ekelkerl hat mich echt fertiggemacht. Wie der
mich angestarrt hat. Grauenhaft!« Sie ließ sich auf eine Bank neben der
Inselglocke fallen und atmete tief durch. »Aber immerhin zeigte er sich nicht abgeneigt,
das Ding mit uns durchzuziehen.«
    »Moment, Moment.« Frank blieb
stehen und öffnete die ersten drei Knöpfe seines Oberhemdes. Er hatte sein
dünnstes Sakko angezogen, trotzdem lief ihm der Schweiß vom Nacken direkt am
Rücken herunter. »Wir wissen in Wirklichkeit gar nichts. Die ganze Zeit hat er
uns mit seinen Angelstorys vollgesülzt. Da hat der Chef wirklich ’ne ideale
Idee gehabt mit seinen Blinkern. Tolle Vorlage! Aber dieser Gestank in dem
Büro – möchte echt gern wissen, wo der herkam.«
    Klara rieb sich mit einem Taschentuch über die Stirn.
»Wahrscheinlich stinkt der Kerl selber so scheußlich. Wenn man den lieben
langen Tag mit totem Fisch zu tun hat, dann bleibt das nicht aus. Mir würde
schon reichen zu wissen, dass ich diesem Typen nie wieder begegnen muss. Aber
das wird ein schöner Traum bleiben, wenn der Chef den Hotelneubau durchzieht.«
    »Ich glaube nicht mal, dass dieser Knallkopp sich auch nur
ansatzweise dafür interessiert hat, was wir von ihm wollten.« Frank lief
aufgebracht vor Klaras Bank hin und her. Er merkte nicht, dass ein paar Gäste
neugierig in ihre Richtung schauten. Die saßen entspannt auf dem Rasenstück vor
dem hölzernen Gerüst mit der kleinen Schiffsglocke.
    »Versieh dich nicht«, entgegnete Klara. »Ich glaube, der hat
lediglich eine in seinen Augen grandiose Schau abgezogen. Um Wybrands im
Ungewissen zu lassen und damit seinen eigenen Marktwert zu steigern.«
    Ungläubig starrte Frank sie an. »Meinst du das wirklich? So
viel Intelligenz hätte ich bei dem gar nicht vermutet.«
    »Nicht Intelligenz. Bauernschläue. Das sind zwei völlig
verschiedene Dinge.« Es wunderte Klara nicht, dass sie bei diesem Satz das
Gesicht ihres Chefs vor Augen sah. Obwohl – dumm war Wybrands nicht. Sonst wäre
sie sicher nicht mehr bei ihm. Sie konnte dumme Menschen einfach nicht ausstehen.
    »Ich bin mir sicher, der hat uns – aus welchen Gründen auch
immer – vor die Wand fahren lassen«, überlegte Frank. »Vielleicht hat er
bereits ein Angebot im Schreibtisch liegen. Wybrands wird sicher nicht sehr
erbaut sein. Ich denke, ich werde morgen einfach noch einmal um einen Termin
bei Lohmann bitten.«
    »Mach, was du willst. Nach meiner Meinung haben wir unsere
Aufgabe erledigt, was den Bürgermeister anbelangt. ›Vorfühlen‹ hat der Chef
gesagt. Das haben wir gemacht. Der Rest ist sein Bier. Wir müssen uns jetzt um
Steenken kümmern und um die beiden Häuser, die der Chef sich ausgeguckt hat.
Und nicht zu vergessen: den Touristentest machen.« Klara bemerkte Franks
fragenden Blick und lachte. »Na ja, wie der Strand beschaffen ist, ob das Wasser
warm ist und so weiter.«
    Frank

Weitere Kostenlose Bücher