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Baltrumer Bitter (German Edition)

Baltrumer Bitter (German Edition)

Titel: Baltrumer Bitter (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Barow
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dich selbst als
Bürgermeisterkandidat aufzustellen? Wo du so eifrig deine Ziele verfolgst?«
    Arnold stockte der Atem. Was sollte er jetzt sagen? Dass ihm
dieser Gedanke auch schon zwei-, dreimal durch den Kopf gegangen war? Er hatte
den Durchblick in der Verwaltung und kam gut mit Menschen zurecht. Aber er
hatte über diesen Plan noch mit keinem gesprochen. Nicht einmal mit Margot.
Diese Idee war bisher viel zu vage gewesen, war ab und zu mal in seinen
Gedanken aufgetaucht und ebenso schnell wieder verschwunden.
    »Ich … ich glaube nicht«, sagte er zögernd.
    »Nimm es mir nicht übel, aber das klang eben mehr nach: Ich
glaube doch!« Der nächste Satz wurde von einem Hustenanfall seines Kollegen verschluckt.
    »Na, gesund hört sich anders an«, sagte Arnold, bevor er sich
in seine Akten vertiefte.
    *
    Frank Visser hatte die Nase gestrichen voll. Was für ein
Scheißtag.
    Genauer gesagt, hatte das Elend bereits mit der einsamen Nacht
allein auf einem ziemlich harten Sofa begonnen. Er hatte sich als großzügiger,
wohlwollender Kollege präsentiert, und das Ergebnis: Seine Füße waren andauernd
an die hölzerne Lehne des viel zu kurzen Sofas gestoßen. Für nichts und wieder
nichts. Danach dieses unsägliche Gespräch mit dem Bürgermeister. Und
schließlich hatte eine rothaarige Furie ihn mit Sand beworfen und getreten. Ihm
war ganz schnell klargeworden, dass er am besten aus dem Schlagfeld der beiden
Weiber verschwand. Zwar war er sich keiner Schuld bewusst. So eine Hand konnte
doch schon mal im Schlaf eigene Wege gehen. Aber bevor die Lage vollends eskalieren
konnte, hatte er sein Handtuch geschnappt, die Sonnenbrille aufgesetzt und war
verschwunden. Ihre fröhliche Runde hatte nämlich in ganz kurzer Zeit die
Aufmerksamkeit der anderen Sonnenanbeter auf sich gezogen. Darauf hatte er nun
wirklich keinen Bock gehabt.
    Sollten die beiden Frauen
die Sache man unter sich ausmachen. In diesem Zickenkrieg hatte er nichts zu
suchen. Allerdings, wenn er die Sache richtig betrachtete, konnte eigentlich
nur Positives für ihn dabei rausspringen. Wenn die beiden sich im Streit
trennten – und davon ging er aus, so wie diese Sonja losgelegt hatte –,
dann würde er sich wohl als Tröster anbieten müssen. Mit allen Konsequenzen
natürlich. Er würde Klara in den Arm nehmen, wenn sie tränenüberströmt an
seiner Schulter lehnte. Ja, das würde er. Und ihr nebenbei klarmachen, dass
Lesbischsein nun echt keine Alternative wäre. Sie würde voller Zustimmung an
seinen Lippen hängen und sich ihm bedingungslos hingeben.
    Ein schöner Gedanke an diesem sonst so grauenvollen Tag. Frank
atmete tief durch. Ganz nett, sich in Träumen zu verlieren. Die Realität sah
anders aus. Irgendetwas sollte er mit diesem Tag aber doch anfangen können. Er
setzte sich auf die schrägen Steine unterhalb der Holzpalisaden. Er musste
jetzt mit einem vernünftigen Menschen reden.
    Doch je länger das Telefonat andauerte, desto weniger fühlte er
sich von seinem Vater ernst genommen, als er ihm von dem verkorksten Morgen erzählte.
Als Frank die Reaktion des Bürgermeisters auf das Geschenk wiedergab, hörte er
auf der anderen Seite schallendes Gelächter. So beendete er nach kurzer Zeit
das Gespräch. Wütend warf Frank das Handtuch neben sich. Die Hitze war fast
unerträglich. Er wagte kaum, sich zu bewegen, wünschte sich zugleich, in seiner
Wohnung unter der kalten Dusche zu sein. Allerdings befürchtete er stark, dass
die beiden Streithennen die gleiche Idee haben könnten. Und zu dritt in der Wohnung?
Ein abschreckender Gedanke. Hoffentlich haute diese Sonja mit der Spätfähre
wieder ab.
    Er schaute aufs Wasser und seufzte. Vielleicht sollte er einen
Surf-Lehrgang belegen, damit er wie die anderen durch die Wellen pflügen
konnte. Allerdings traf das mit dem Durch-die-Wellen-Pflügen in diesem Moment
nicht exakt die Situation, wie er bei genauer Überlegung zugeben musste.
Mangels kräftiger Winde hatten die Lehrgangsteilnehmer mehr oder minder auf
ihren Brettern gesessen und sich vom spiegelglatten Wasser tragen lassen.
Trotzdem verspürte er Lust, ein paar Übungsstunden zu nehmen.
    Eine ganze Weile saß er sinnierend, schaute rüber nach
Norderney. An der Ostspitze der Nachbarinsel tummelten sich Hunderte von
Seehunden faul in der Sonne. So gut müsste man es haben, dachte er. Nicht
arbeiten müssen, sich nicht mit durchgeknallten Weibern rumärgern müssen und
das Essen kommt automatisch vorbeigeschwommen – was kann

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