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Baltrumer Bitter (German Edition)

Baltrumer Bitter (German Edition)

Titel: Baltrumer Bitter (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Barow
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in der Mittagspause befand. Also würde er sich jetzt
Frank und Klara vornehmen. Die saßen bestimmt schon auf heißen Kohlen und
warteten auf den Anschiss.
    Es wunderte ihn immer mehr, dass keiner der beiden versucht
hatte, ihn zu erreichen. Sie würden eine verdammt gute Erklärung auf den Tisch
legen müssen. Er war äußerst gespannt, wie weit Frank mit dem Steenken gekommen
war. Ein Glücksfall, dass gerade in Steenkens Pension die Wohnung frei geworden
war. Für die Kontaktaufnahme hatte es gar nicht besser laufen können.
Hoffentlich hatte Frank diese Chance genutzt.
    Als er an der Schule vorbei Richtung Hotel Seehof lief,
schreckte er auf. Beinahe wäre er gegen zwei dicke Bäume gestolpert, die neben
der gelben Telefonzelle seitlich an der Straße lagen. Auch sie waren wohl dem
Tornado zum Opfer gefallen.
    Alles wieder herzurichten, würde viel Arbeit für die
Handwerksbetriebe geben. Er war sich sicher, dass der eine oder andere
Insulaner sich bei ihm melden würde. Natürlich würde er seine Leute dann auf
die Insel schicken. Kleinvieh machte schließlich auch Mist, bevor wieder die
großen Aufträge anstünden.
     
    Als er endlich bei
Steenken vor der Tür stand, sah er auch hier einen großen Haufen Zweige im
Garten liegen. Energisch klopfte er gegen die Haustür. Leider ohne Erfolg. Zwar
waren die Haustüren meistens offen, dennoch hielt er es für vermessen, ohne
Einladung im Haus nach der Wohnung zu suchen, die seine Mitarbeiter bezogen hatten.
Er nahm sein Telefon aus der Tasche und wählte.
    »Kann ich helfen?«, hörte er eine Stimme aus dem Garten.
    Das hatte ihm gerade noch gefehlt. Natürlich hatte er mit dem
Auftauchen der Besitzer rechnen müssen. Und sein Gesicht war bekannt auf der
Insel. Aber irgendwie hatte er gehofft, dass es klappen würde, mit seinen
Mitarbeitern Verbindung aufzunehmen, ohne dass Steenkens das spitzkriegten. Nun
hatte er das ganze Projekt durch seinen Leichtsinn gefährdet.
    »Äh, Herr Wybrands, wenn ich das richtig sehe? Kann ich
helfen?«, fragte die Frau noch einmal und er nickte.
    »Vielleicht. Oder eher umgekehrt. Ich – ich wollte nur sagen,
da ich gerade auf der Insel bin – wenn Sie Hilfe mit Ihrem Dach brauchen
sollten, rufen Sie mich gerne an. Meine Leute kommen morgen rüber. Sie sind
Frau Steenken?«
    Sie nickte. »Vielen Dank. Wir müssen erst einmal eine
gründliche Schadensaufnahme machen. Werden uns dann bei Ihnen melden.«
    Jan Wybrands drehte sich um und verließ fluchtartig das
Grundstück. Gerade noch einmal gutgegangen. Nur keine schlafenden Hunde wecken.
Als er sicher war, dass Frau Steenken ihn nicht mehr sehen konnte, wählte er erneut.
    »Wenn ihr nicht sofort beim …«, er überlegte, »… beim
Nationalparkhaus auftaucht, gibt’s Ärger.«
    *
    Klara war fix und fertig. Seit ihr Chef sie angerufen und
von seinem Kommen unterrichtet hatte, war sie auf der Suche nach Frank kopflos
auf der Insel herumgelaufen. Der Spruch, mit dem seine Mailbox ansprang, machte
sie rasend. »Ich bin grad nicht da …« Das wusste sie inzwischen selbst. Ihr
Kopf drohte zu zerspringen bei dem Versuch, ihren Anteil an dieser Geschichte
einzuordnen. Von Ich habe alles versaut bis Er war doch das Schwein,
das sich in meine Beziehung gedrängt hat. Der kein Problem damit gehabt hat,
Sonja zur Weißglut zu bringen reichte die Palette.
    Aber da war dieser Faustschlag. Was hatte der kleine Junge
gesagt? Boxen darf man nicht. Genau das war die Sache. Sie hatte die Nerven
verloren und etwas getan, was ihr Chef mitnichten unter »selbstbeherrschte
Vorgehensweise« einordnen würde. Das Ergebnis dieser Aktion konnte sie sich an
zehn Fingern abzählen. Besonders wenn ihr Kollege wieder auftauchte und seine
Version zum Besten gab. Wahrscheinlich hatte er das bereits beim Kaffee mit
seinem Chef ausgiebig getan. Aber hatte der Chef nicht »ihr« gesagt? Das hieße:
Auch Frank hatte sich bis jetzt nicht gemeldet!
    Sie bog an der Inselglocke ab und sah kurz darauf das
Nationalparkhaus vor sich. Auf der Straße davor stand ihr Chef. Ohne Frank.
Ihre Schritte wurden langsamer, als könne sie dadurch das Treffen mit Wybrands
wesentlich hinauszögern. Aber der Mann mit seiner unvermeidlichen Aktentasche
kam auf sie zu. Was, um alles in der Welt, sollte sie ihm erzählen? Was musste
der Mann wissen, und was nicht?
    »Wo ist Frank?«, sagte Wybrands gereizt. Klara antwortete mit
einem hilflosen Schulterzucken.
    »Kommen Sie. Hinter dem Flugplatz ist es ruhiger. Muss uns
keiner

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