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Baltrumer Bitter (German Edition)

Baltrumer Bitter (German Edition)

Titel: Baltrumer Bitter (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Barow
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schon einige. Hinterher kann die Leiche zur Obduktion ans Festland
gebracht werden.« Arndt Kleemann schaute auf die Uhr. »Die Kollegen aus Aurich
müssten gleich da sein. Bin gespannt, wie weit Annalena mit ihrem Spurensicherungsköfferchen
an der Leichenfundstelle gekommen ist. Sie wird froh sein, wenn sie noch Unterstützung
bekommt. Kennst du eigentlich Klaus Kockwitz? Habt ihr euch schon mal irgendwo
getroffen? Ich denke, er wird wieder dabei sein. Er war im letzten Jahr bereits
einmal auf der Insel. Im November. Du ahnst nicht, wie kalt das damals war.«
    Berend Luiken kannte den Kollegen dem Namen nach, war ihm aber
noch nie persönlich begegnet. Er war gespannt auf die Verstärkung, die Michael
Röder gerade vom Flugplatz abholte. »Hatte noch nicht das Vergnügen«, antwortete
er. »Aber wir können jede Hilfe gebrauchen. Wenn sich die Leute schon ein wenig
hier auskennen – umso besser.«
    »Das denke ich auch«, stimmte Kleemann ihm zu. »Du kannst schon
mal zur Wache fahren und dich um ein paar Daten kümmern. Ich komme in einer
halben Stunde nach.«
    »Sollte ich recht haben mit der Annahme, dass es sich bei dem
harmlosen Ausdruck ›Daten‹ eigentlich um die Beschaffung von Kaffee und Kuchen
handelt?«, lächelte Luiken seinen Kollegen an.
    »Wende dich an Sandra. Die weiß, was schwer arbeitende Männer
brauchen – und Frauen natürlich auch«, lächelte der zurück.
    Da war sich Luiken sicher. Die Frau seines Baltrumer Kollegen
war eine Meisterin im Kuchenbacken und teilte netterweise ihre Kreationen gerne
mit ihnen.
    Arndt Kleemann hat recht , sinnierte er, mit leerem
Bauch ermittelt es sich nicht gut. Der Mann war tot. Da brachte es
überhaupt nichts, wenn sie jetzt aus lauter Mitleid hungerten. Das war dem Mann
in seinem jetzigen Zustand völlig egal. Hauptsache, sie klärten den Fall auf.
Wobei diese Tatsache streng genommen dem Mann ebenfalls egal war. Und wenn man
schon aß, konnte es eben auch der leckere selbst gemachte Apfelkuchen von der
Frau seines Inselkollegen sein. Berend Luiken stieg die Stufen hoch, die ihn
aus dem Untergeschoss der Evangelischen Kirche nach draußen führten. Er wollte
gerade losfahren, als sich die Tür des Gemeindehauses öffnete und der Pastor
ihm zuwinkte. »Herr Luiken? Auf ein Wort …«
    Berend Luiken stoppte. »Was gibt es, Herr Untiedt?«
    »Sagen Sie … sieht der Mann sehr schlimm aus? Gerade wollte ich
hinuntergehen und ein Gebet für den armen Verstorbenen sprechen. Natürlich
werde ich auch die ermittelnden Beamten in das Gebet einschließen, das versteht
sich. Sie alle sollen wissen, dass Gott Sie nicht alleine lässt. Aber – ich
meine – worauf muss ich mich einstellen? Sie verstehen …«
    Berend Luiken überlegte. Wie sollte er dem Mann, der sich vor
Unbehagen wand, klarmachen, wie Visser aussah? Was konnte der Mann ertragen?
Pastor hin oder her. »Herr Untiedt, es ist wahrlich kein angenehmer Anblick.«
Luiken stockte. Jetzt kam er sich schon selber vor wie der Pastor sonntagmorgens
in der Kirche. Obwohl er zugegebenermaßen nicht allzu viele Erfahrungen mit
Sonntagspredigten hatte. Seine Kirchenbesuche beschränkten sich auf Beerdigungen,
Taufen und Hochzeiten. Außerdem war er sich nicht sicher, ob Visser sich im
Moment in Gottes Armen wirklich so gut aufgehoben sah und wollte das Thema
nicht weiter erörtern. Er musste sich um die Lebenden kümmern.
    »Wissen Sie was? Klopfen Sie einfach, und mein Kollege wird
Ihnen schon sagen, was am besten ist.« Luiken stellte erneut seinen Fuß auf das
Pedal, aber Lambert Untiedt ließ noch nicht locker.
    »Haben Sie schon eine Spur? Damit das arme Opfer gesühnt wird?
Schon in der Bibel …«
    »Ich weiß, Herr Untiedt, Auge um Auge, Zahn um Zahn. So schnell
sind wir nicht. Wir ermitteln sorgfältig. Und das erfordert einen gewissen Zeitaufwand.
Außerdem ist noch gar nicht sicher, ob es sich bei dem Mann um das Opfer einer
Gewalttat handelt. Das wird erst die Obduktion ergeben. Wenn Sie mich jetzt
entschuldigen? Ich muss – ermitteln.« Berend Luiken stieg endgültig auf sein
Rad, ohne darauf Rücksicht zu nehmen, dass der Pastor zu einer weiteren Frage angesetzt
hatte.
    Als er beim Dünenhus um die Ecke bog, atmete er tief
durch. Gerade eben hatte sein Kollege noch über sein angeblich weiches Herz
gelächelt. Aber das war nur die eine Seite der Medaille. Genauso schnell konnte
er hart bis zur Unfreundlichkeit werden, wenn er das Gefühl hatte, gegen Pseudo-Weisheiten
kämpfen zu müssen, die ohne

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