Bamberger Verrat
gesehen?«
»Das war in der Tiefgarage hier im Haus. Ich saà in meinen Auto und hab noch überlegt, ob ich wirklich ⦠Da kam er zur Tür herein und hat sich nach allen Seiten umgesehen, und dann ist er zu seinem Auto gerannt und hat sein Gepäck in den Kofferraum geworfen und dann ab durch die Mitte.«
»Was hat er denn an Gepäck dabeigehabt?«
»So eine groÃe Reisetasche und noch ein paar Plastikbeutel oder so.«
»Und er hat Sie nicht gesehen?«
»Ich glaube nicht. Mein Auto steht in so einer dunklen Ecke. Ist halt der Platz für den Hausmeister.«
»Und seitdem ist Herr Baumann nicht zurückgekommen?«
»Nicht, dass ich wüsste.«
Werner ging mit Herrn Deller in die Tiefgarage, um sich die Situation vor Ort anzusehen, aber es gab dort nichts Erkenntnisförderndes zu sehen, nur, dass Herrn Baumanns Stellplatz tatsächlich leer war. Werner gab Herrn Deller seine Karte und sagte: »Vielen Dank. Und wenn Ihnen noch etwas â«
Herr Deller unterbrach ihn: »Meinen Sie, Sie könnten ⦠Damit meine Frau nicht ⦠Wegen der Zeugenaussage und so â¦Â«
»Ich werde sehen, was ich machen kann. Aber jetzt müssen wir Herrn Baumann erst mal finden. Also, wenn er hier wieder auftauchen sollte, bitte rufen Sie mich an. Jederzeit.«
14
Noch immer keine Nachricht von Hanna. Langsam begann Kunigunde, sich Sorgen zu machen. Hanna hatte noch nie ihren Geburtstag vergessen. Irgendetwas stimmte da nicht. Sie würde Hanna jetzt anrufen und zum Essen einladen, auch auf die Gefahr hin, das Kind ganz furchtbar zu beschämen.
Kunigunde nahm ihr Handy vom Tisch und ging hinaus ins Treppenhaus des Staatsarchivs. Durch das Fenster sah man hinüber auf die groÃe Spielwiese vor dem Archiv zwischen HainstraÃe und Waldrand. Ihr fiel heute zum ersten Mal auf, dass die Wiese gut einen Meter unter dem StraÃenniveau lag. Da hatte man wohl im 19.  Jahrhundert, als man das gesamte Haingebiet für die Bebauung hochwasserfrei gemacht hatte, gewaltig aufgeschüttet. Was für eine fabelhafte technische Leistung!
Auf der Wiese war merkwürdig viel los. Zwei Polizeifahrzeuge standen drüben vor der Brücke über den Hollergraben, wo es zum König-Ludwig-Denkmal ging, und eine Menge Leute standen und gingen herum in einer für Hainspaziergänger untypisch geschäftigen Weise.
Kunigunde trat aus dem kühlen, hallenden Treppenhaus in den kleinen Vorgarten des Archivs. Es hatte aufgeklart, das Regengrau war aus den Wolken verschwunden, und sie begannen an einigen wenigen Stellen schon aufzureiÃen.
Endlich meldete sich Hanna.
»Hallo, Hanna«, sagte Kunigunde vorsichtig. »Ich wollte dich fragen â¦Â«
»Tante Kunigunde?« Hanna atmete keuchend ein. »Was für ein Tag ist heuâ¦? Oh nein! Mist! Entschuldige, ich ⦠Ach Tantchen, alles, alles Gute zu deinem Geburtstag. Bitte verzeih mir, ich â¦Â«
»Ist ja gut, Kind. So was kann doch mal passieren.«
»Nein, darf es nicht. Ach Gott, ich bin so ein Trottel! Ich â¦Â«
Kunigunde legte ihre Hand auf das schmiedeeiserne Vorgartentörchen; es fühlte sich rau und kratzig an, so wie Hanna sich anhörte.
»Komm, lass gut sein! Aber ⦠irgendetwas stimmt doch nicht mir dir. Was ist los, hm?«
»Ach, heute ist ein ScheiÃtag. Vorhin kam Tanja heulend hier an, weil ihre Wohnung von irgendwelchen Drogenjunkies verwüstet wurde. Ich muss jetzt gleich mit ihr dorthin, damit die Polizei das aufnehmen kann, und allein traut sie sich nicht. Und eigentlich muss ich doch mein Seminar vorbereiten.« Hanna seufzte abgrundtief.
Kunigunde versuchte erst gar nicht, aus Hannas hastig hervorgesprudeltem Sermon klug zu werden. Sie spürte, dass das geschilderte Problem nur ein Teil der Wahrheit war und etwas Wichtiges verdeckte.
»Und deswegen hast du meinen Geburtstag vergessen? Was ist mit dir? Gehtâs dir nicht gut?«
»Wieso? Nein, mir â¦Â«
»Hanna, komm. Ich hörâs doch.«
»Ich, also ⦠na ja.« Hannas Stimme klang belegt, und es fiel ihr offenbar schwer, den nächsten Satz herauszubringen: »Ich ⦠ich habe mich von Benno getrennt.«
»Oh!« Kunigunde schluckte. »Und warum? Habt ihr euch gestritten?«
»Mit Benno kannst du doch nicht streiten. Der steht immer nur da, wenn man was sagt, kriegt schwarze Ringe unter den
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