Bamberger Verrat
hinein?«
»Na ja, vielleicht â¦Â«
»Okay, vielleicht! Jedenfalls muss jemand noch mal mit der Steinhübel reden. Und zwar jemand, dem sie vertraut. Und das bin bestimmt nicht ich. Am besten wäre es, Hanna spräche mit ihr. Kannst du nicht Hanna anrufen und sie bitten �«
»Netter Versuch!«, brummte Benno. »Nein, mach ich nicht. Ãbernimm du das.«
»Aber wieso denn? Das wäre doch â¦Â«
» NEIN ! UND SCHLUSS !« Benno erschrak selbst über seine plötzliche Lautstärke. Beschämt fügte er hinzu: »Entschuldige bitte, aber nein.«
»Oh!«, sagte Werner, und Benno hörte Erstaunen, Ãrger, Resignation und Neugier in dieser einen Silbe.
»Wir reden später«, seufzte Benno. »Wann trifft sich die Soko heute früh?«
»Um acht im groÃen Besprechungsraum. Wir sind inzwischen eine ganze Menge.«
»Also bis dann.«
Benno sah auf die Uhr. Ein bisschen Zeit hatte er noch. Bis zur Polizeiinspektion in der SchildstraÃe brauchte er nur fünf Minuten. Er holte sich ein Blatt Papier, um einen Brief an Hanna zu schreiben.
»Liebe Hanna«, begann er, dann starrte er erleuchtungheischend auf den Jurarand, der dem Küchenfenster gegenüberlag. Dort hatte das Licht schon gröÃere Flächen erobert, dennoch war das Einzige, was Benno einfiel, die Erkenntnis, dass er heute die vergessenen Schuhe bei Ali abholen musste. »Liebe Hanna«, schrieb er, »ich habe mir drei Paar neue Schuhe gekauft, und ich will ein neuer Mensch werden.«
Zerknittert fiel das Blatt in den Papierkorb. Eigentlich, verdammt, eigentlich wollte er gar kein neuer Mensch werden. In seinem zweiten Paar alter, bequemer Schuhe verlieà er die Wohnung.
28
Lieselotte Stolz hatte Kunigunde gebeten, bis neun Uhr bei ihr zu sein, weil sie gegen Mittag zu ihrer Schicht ins Krankenhaus fahren musste. Deswegen stand Kunigunde jetzt um sieben Uhr dreiÃig auf Bahnsteig drei und wartete auf den Regionalzug nach Nürnberg. Neben ihr, frierend und müde, viele Frauen, für den Tag zurechtgemacht, Jeans, Rucksack und Turnschuhe â oder Pumps, Mantel und Umhängetasche, mit etwas Schlaf in den Augen fast alle. Der Zug hatte Verspätung, wie so häufig auf dieser Strecke. Ein Mann kam den Bahnsteig entlang, der aussah, als gehöre er unten zu den Gleisen, mit einer schlaffen grauen offenen Jacke über seinem mächtigen Bauch und einer Thermoskanne in einer alten Aktentasche.
Im Zug dann gedämpfte Geräusche; einige versuchten, verpassten Schlaf nachzuholen, andere führten die unvermeidlichen Handygespräche. Vor den Fenstern gestreifte Felder unter einem schlecht gelaunten Himmel, braun und grün, dann ein Hort abgewrackter Motorroller, ein Fichtenwäldchen, eintönig Stamm an kärglichem Stamm, ein sanft dampfender Weiher, und über einer Siedlung mit steilen Ziegeldächern tauchte schlieÃlich der blässliche Sonnenball aus dem Nebel.
Lieselotte Stolz wohnte im Erdgeschoss eines groÃen Wohnblocks in der Nürnberger Südstadt. Sie öffnete sofort auf Kunigundes Klingeln hin.
»Kommen Sie herein«, sagte sie freundlich und führte sie ins Wohnzimmer. Es war hell und übersichtlich mit Ikea-Möbeln eingerichtet. Die gelben Wände erleuchteten den trüben Tag ein wenig.
Lieselotte Stolz war eine groÃe, kräftige Frau, der man die tüchtige Oberschwester deutlich ansah. Ihre aschblonden Haare fielen zu einer praktischen Kurzhaarfrisur geschnitten um ihr ovales Gesicht, jede ihrer Bewegungen war gemessen und effektiv. Ihr Thüringer Akzent hatte sich mit dem Nürnberger Fränkisch zu einem raschen, weichen Singsang vermählt.
»Ich hab uns Kaffee gemacht. Mögen Sie?«, fragte sie.
Der Tisch war bereits gedeckt, der Kaffee wärmte in der Maschine, ein frisch gebackener Kuchen wartete neben den Tellern und füllte das Zimmer mit seinem Duft nach Kindheit.
»Mhm, Gugelhupf«, freute sich Kunigunde. »Einer meiner Lieblingskuchen. Habe ich schon viel zu lang nicht mehr gebacken.«
»Gugelhupf!«, lachte Frau Stolz. »Ist das nicht ein komisches Wort? Wohin hupft der Gugel denn?«
»Stimmt.« Kunigunde lächelte Lieselotte Stolz an. »Da hab ich noch nie drüber nachgedacht. Wenn man Worte von klein auf gewohnt ist, akzeptiert man sie einfach.«
Lieselotte Stolz schenkte ein. »Ich bin so froh, dass sich
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