Bambule am Boul Mich
Seite.
„Geht’s besser?“ fragte
Florimond Faroux.
„Geht so.“
„Es geht sehr gut“, entschied
er für mich. „Sie kommen jetzt mit in mein Büro und packen aus.“
„Wie Sie wünschen.“
„Übernehmen Sie für ihn die
Verantwortung, Kommissar?“ fragte ihn sein Kollege.
„Ich übernehme für gar nichts die
Verantwortung. Aber ich muß mit ihm reden. Und bei mir fühl ich mich wohler.“
„Ja. Da sind Sie für so was
eingerichtet.“
„Der letzte Salon, wo nett
geplaudert wird“, bemerkte ich.
„Schnauze“, knurrte Faroux.
„Halten Sie mich auf dem
laufenden“, sagte der Kommissar des Hauses.
Mit einem Lineal schob er mir
eines der beiden Häufchen zu.
„Hier ist Ihr Kram. Der
Revolver ist schon lange nicht mehr benutzt worden, und Sie haben einen
Waffenschein. Ihre Brieftasche, Ihr Notizbuch. Daraus haben wir die Adresse von
Kommissar Faroux. Ein Glück...“
„Kommt drauf an...“ sagte ich.
Er zuckte die Achseln.
„Dann noch das Buch.“
Er schlug mit seinem Lineal auf
den Einband.
„Hübsche Ausgabe.“
„Manchmal kann man im Viertel
hier günstig Bücher kaufen.“
Ich stand auf und steckte den
Krempel ein. War sicherer auf den Beinen, als ich gedacht hatte. Und ich hatte
Hunger. Ein gutes Zeichen.
„Sie interessieren sich für
Baudelaire?“
„Für Dichtung im allgemeinen.“
„Na ja, ich kenne nicht viele
Privatdetektive. Aber die zwei oder drei, die ich in meiner Laufbahn getroffen
habe, haben sich um solche Sachen nicht gekümmert.“
„Das Berufsbild ändert sich
eben.“
„Nestor Burma ist schließlich
nicht irgendein Privatflic“, sagte Faroux ungeduldig.
„Scheint mir auch so“, stimmte der
andere zu.
Er war sicher ganz froh, daß
Faroux mich mitnahm.
„Sind Sie endlich soweit?“
fragte mein Freund von der Tour Pointue.
Ich nickte.
Vor dem Kommissariat wartete
ein Wagen, der uns zum Quai des Orfèvres brachte. Ich konnte mich in aller Ruhe
im Rückspiegel betrachten. Sah recht mitgenommen aus, bleich, rote Augen, am
Ohr ein rosa Verband, sehr frivol. Eine widerliche Fresse.
12
Wiederbelebung
„Ein Glück“, brummte Florimond
Faroux, „daß die Ermittlungen nur vorgetäuscht waren.“
Vor mehreren Stunden hatten wir
das Kommissariat an der Place du Panthéon verlassen.
In der Tour Pointue hatte
Faroux mich erst mal in einem kleinen Nebenzimmer schmoren lassen, im eigenen
Saft, mit meinen grimmigen Gedanken, neben einem gutmütigen alten Flic in
Uniform. Jetzt nahm er mich in seinem hellerleuchteten Büro vor.
Während der ganzen Warterei war
es in der Tour Pointue zugegangen wie in einem Bienenhaus. Es ging immer noch
so zu. Daß man einen Kollegen zerstückelt hatte, machte den sensiblen Flics
Beine.
Kommissar Faroux zündete sich
eine selbstgedrehte Zigarette an.
„Ein Glück, daß Sie in dem
Viertel nur so rumlungern mußten und sich in nichts einmischten, was Sie nichts
anging…“
Der Rauch kam im abgehackten
Rhythmus der Worte aus seinem Mund.
„Ein Glück, daß der Selbstmord
von Paul Leverrier für Sie eine unbestreitbare Tatsache war...“
Nach und nach redete er sich in
Hitze. Seine Schnurrbarthaare richteten sich auch schon auf.
„Verdammt nochmal und
zugenäht!“ schnauzte er endlich und schlug mit der Faust auf den Tisch. „Hätte
ich mir auch denken können! Da liefern wir Ihnen die schönsten Beweise fürs
Gegenteil, aber Sie müssen natürlich ein Verbrechen dahinter wittern. Sie und
die kleine Carrier! Sie wären ein hübsches Paar. Wenn Sie miteinander schlafen,
sagen Sie mir Bescheid. Von Straeten kann Ihnen ja jetzt keinen Gefallen mehr
tun. Aber ich werd schon einen anderen Kerl seines Kalibers auftreiben. Daran
soll’s nicht scheitern. Aber um Gottes willen! Setzen Sie bloß keine Nachkommen
in die Welt!“
„Beruhigen Sie sich doch“,
beruhigte ich ihn. „Man kann Sie auf dem Hof verstehen. Was sollen die
Touristen in der Sainte-Chapelle denken? Zu Hause werden sie erzählen, sie
hätten schreckliche Schreie im Polizeigebäude gehört. Und sie werden uns eine
Abordnung der Internationalen Menschenrechtskommission auf den Hals schicken.“
„Ja, ja. Machen Sie sich ruhig
über mich lustig. Um diese Uhrzeit sind keine Touristen da. Ist sowieso keine
Hochsaison. Und selbst wenn... Verdammt nochmal! Wie soll man da nicht aus der
Haut fahren. Immer sind Sie mittendrin dabei, in der herrlichsten Bambule.“
„Ja, ja, ich weiß“, seufzte
ich. „Muß wohl in meinen Sternen stehen. Hab
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