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Bambule am Boul Mich

Bambule am Boul Mich

Titel: Bambule am Boul Mich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Léo Malet
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packen. Der Schuß
verbrannte mir das Ohr, ich sah nichts mehr, schlug wild um mich mit dem Mut
des Verzweifelten. Anscheinend schlug ich ihm den Revolver aus der Hand. Hörte
ein dumpfes Geräusch, wie wenn ein schwerer Gegenstand auf einen Teppich fällt.
Aber dann spürte ich hinten im Nacken einen fürchterlichen Schmerz, der durch
den ganzen Körper ging. Ich drehte mich und versank in einen bodenlosen Abgrund
mit buntgestreiften Wänden. Weiß nicht mehr, ob zusammen mit diesem Schlag die
weiteren Schüsse losgingen. Ich war schon zu weit weg, um die Kugeln zu spüren.

11

Erwachen
     
    Ich stieg in die Hölle hinab.
Von den Verdammten hörte ich das schmerzerfüllte Stöhnen. Der Lärm aus einer
Schmiede hämmerte auf meinen Schädel ein. Keine Fünftagewoche beim Feuerteufel.
Ich änderte die Richtung. Langsam tauchte ich aus der klebrigen Masse auf. Ganz
langsam. Nur keine Eile, Nestor. Wo du auch hinfliegst, nach oben oder unten,
nach rechts oder links, überall wartet nur Arger auf dich. Wie immer. Laß dir
Zeit. Ich machte eine Bewegung, und die Geräusche, die durch diesen furchtbaren
Schmerz am Ohr verursacht wurden, hörten auf. Auch in meinen Augen ein
stechender Schmerz. Die Lider wurden durch einen Willen geschlossen gehalten,
der stärker war als meiner. Wenn ich mich recht erinnerte, hatten meine Augen
zuletzt das Feuer aus einem Revolver schießen sehen. Ich versuchte, sie zu
öffnen. Zuerst tanzte ein rötlicher Nebel vor ihnen, verfärbte sich dann und
verschwand. Ich lag auf der Seite, aufgestützt auf dem Ellbogen. Konnte mich
gar nicht mehr an diese Bewegung erinnern. Ich lag im Büro von Van Straeten. Er
lag nicht weit von mir, auf dem Bauch.
    Die Löcher in seinem Dufflecoat
waren braungerändert.
    Ich stieß einen Seufzer der
Erleichterung aus. Also hatten die Schüsse, die ich als letztes gehört hatte,
nicht mir gegolten. Ich drehte mich, richtete mich auf, hockte auf allen
Vieren. Beim Feuerteufel wurde immer noch gehämmert. Ich schloß die Augen
wieder. Jemand sagte etwas zu mir, unwirsch. Ich antwortete nicht, öffnete die
Augen, zog schnell meine Hand zurück, die von einem schwarzen Schuh zerquetscht
zu werden drohte. Dabei verlor ich das Gleichgewicht. Endlich konnte ich auch
den Kopf bewegen, ihn langsam, mühevoll hochheben. Mein benebelter Blick
wanderte von dem schwarzen Schuh zu einer marineblauen Hose. Eine Hand baumelte
neben dem Bein. Sie hielt einen Revolver. Noch weiter oben sah ich ein Koppel, die metallenen Knöpfe einer Uniformjacke.
    Vor mir stand ein junger Flic;
seinem intelligenten, modernen Aussehen hatte er wohl zu verdanken, daß er im
Quartier des Ecoles eingeteilt war.
    „Er müßte weggebracht werden“,
sagte jemand.
    „Die Ambulanz ist noch nicht
da.“
    „Muß gleich kommen. Der hat nur
einen Schlag hinter den Kopf gekriegt.“
    Der junge Flic beugte sich zu
mir runter.
    „Spiel bloß nicht verrückt,
Alter!“ riet er mir leise.
    Zusammen mit einem Kollegen
stellte er mich auf die Beine. Mir drehte sich alles. Van Straetens Leiche
schien hin- und hergeschaukelt zu werden. Die nackte Frau zitterte in ihrem
Bilderrahmen. Die Standuhr machte ein Höllenspektakel.
    Ein dritter Flic kam aus dem
Schlafzimmer oder der Küche hereingestürzt. Wohl aus der Küche. Er tanzte und
schwankte, oder aber ich sah ihn nur so. Sein Gesicht war ganz grün. Er stieß
gegen das Tischchen, auf dem der Globus stand, umarmte den Globus, die Wange an
den Pazifischen Ozean gedrückt.
    Die beiden Flics ließen mich
los. Ich versuchte, meinen Fall zu bremsen, hielt mich irgendwo fest. Erst
gelang es mir auch, aber dann konnte ich nichts mehr bremsen. Bevor ich auf dem
Teppich landete, war ich schon wieder aus den Latschen gekippt.
     
    Ich kam wieder zu mir. Später
erfuhr ich, daß ich im Hauptkommissariat des 5. Arrondissements gelandet war,
Place du Panthéon, Bezirksamt, Erdgeschoß.
    Mein Kopf tat mir weh, ganz
oder zum Teil. Besonders am Ohr und in den Augen.
    Ich saß zusammengesunken in
einem Sessel. Vor mir, auch in einem Sessel, aber in einer entschieden
würdigeren Haltung, saß der Kommissar oder ein anderer diensthabender Beamter.
Auf dem Tisch zwischen uns sah ich zwei getrennte Häufchen aus verschiedenen
Gegenständen. Links einen Revolver mit einem Stoßdämpfer und eine schmierige
Brieftasche. Rechts ein zweiter Revolver, eine zweite Brieftasche, ein rotes
Notizbuch und ein Buch.
    Ich spürte, daß noch jemand im
Raum war. Ich hob meinen Kopf, drehte ihn zur

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