Banana Pancake Trail: Unterwegs auf dem vollsten Trampelpfad der Welt (German Edition)
Haad Rin gebracht. Heute ist «Half Moon Party».
Irgendwann in den Achtzigern feierte eine Gruppe Backpacker am Strand von Haad Rin auf Koh Phangan eine private Geburtstagsparty, weil von dort der Vollmond besonders gut zu sehen war und vom Nachbarstrand der Sonnenaufgang. Weil die Party ein solcher Erfolg war, beschloss man, das Ereignis regelmäßig bei Vollmond zu wiederholen. Mitte der Neunziger war die Full Moon Party zu einem Geheimtipp für Backpacker geworden. Anfang 2000 gab es dann die erste Halbmondparty. Heute veranstaltet man jeden Monat eine Full Moon Party, zwei Half Moon Partys, eine Black Moon Party, mehrere Shiva Moon Partys und außerdem noch Jungle Experience Partys. Zur Full Moon Party kommen bis zu 30000 Leute. Sie tanzen zu Goa-Trance-Musik im Sand und in der Brandung. Dealer verkaufen nahezu alle interessanten Drogen an Backpacker, die wenig später von Polizisten durchsucht werden. Angeblich sprechen sich Dealer und Polizisten vorher ab. Die Party endet irgendwann gegen Mittag des nächsten Tages. Man kann dann zwischen Bierflaschen, Unmengen von Müll und schlafenden Hunden Pärchen entdecken, die in der Brandung Sex haben.
Auf jeden Fall sind wir nicht dorthin gefahren, sondern haben stattdessen beschlossen, die Bang Lassi zu trinken. Nach zwei Stunden ist immer noch nichts passiert. Sie sagt: «Ich glaube, es wirkt nicht.»
«Vielleicht hätten wir sie uns nicht teilen sollen. Vielleicht hätte jeder eine ganze allein trinken sollen.»
«Vielleicht wirkt es ja noch.»
Wir gehen eine Viertelstunde schweigend am Strand nebeneinanderher.
«Ich glaube, es wirkt nicht», sagt sie.
«Wahrscheinlich stand sie zu lange im Kühlschrank.»
«Sie hat auch nicht mehr so frisch geschmeckt.»
«Wenn es noch wirkt, dann müsste es jetzt dann bald wirken.»
«Ein bisschen was spüre ich», sagt sie. «Glaube ich.»
«Hm, ich glaube, ich spüre auch etwas.»
«Wirklich?», fragt sie.
«Nee, doch nicht.»
«Ich auch nicht.»
«Ich glaube, es wirkt nicht mehr.»
«Wahrscheinlich hast du recht.»
Wir gehen in unsere Hütte am Ende des Strandes, dort, wo der Dschungel beginnt. Immer zum Wochenende kommen die meisten Backpacker aus Bangkok auf die Insel. Wegen der Half Moon Party sind alle Hütten am Strand ausgebucht. Es gibt nur noch diese eine, etwa 200 Meter vom Strand entfernt. Sie liegt auf einem Hügel. Ringsherum wachsen Palmen, Schlingpflanzen und Bäume, die ich nicht kenne. Gleich dahinter beginnt der Urwald. Tagsüber sieht das gut aus, nachts gibt der Urwald eine Vielzahl von seltsamen, fremdartigen Geräuschen von sich, weshalb man sich ärgert, nicht zwei Tage früher oder später angereist zu sein. Außerdem haben wir kein Licht, und hier draußen ist es finster, als wären wir blind. Es ist unsere letzte Nacht. Morgen früh um elf Uhr verlässt eine Fähre die Insel und bringt uns aufs Festland; von dort aus nehmen wir den Zug nach Bangkok und von Bangkok das Flugzeug, das uns nach Hause bringen wird. Morgen geht alles zu Ende.
Kurz bevor ich einschlafe, denke ich noch daran, dass wir uns kein einziges Mal gestritten haben. Zu Hause streiten wir oft, aber seitdem wir in Bangkok angekommen sind, vor acht Wochen, hatten wir nicht die kleinste Meinungsverschiedenheit. Kein einziges Mal wollte einer von uns beiden in ein Restaurant, in das der andere nicht wollte. Sagte einer: «Lass uns morgen den Zug nach Chiang Mai nehmen», so war der andere einverstanden. Und wenn nicht, erwiderte er: «Lieber übermorgen», und der andere war einverstanden. Unsere Beziehung ist unwirklich harmonisch. Dann höre ich einen Affen durch den Urwald schreien.
Liebe leidet in den meisten Fällen unter zu viel Nähe. Liebe leidet unter Alltag, Stress und vollen Wäschekörben. Sie welkt langsam unter dem trüben deutschen Himmel, Faulheit und «Heute lieber nicht, Schatz»-Sätzen dahin. Ihr fehlen die elementaren Erlebnisse, die Menschen zusammenschweißen können – das, was die Soldaten «zusammen im Dreck liegen» nennen, die guten und vor allem die schlechten Zeiten. Daheim kann im besten Fall das gemeinsame Besäufnis diesen Zweck erfüllen. Aber das macht man ohnehin besser mit Kumpels als mit dem Partner. Ansonsten aber wetzt der Alltag beständig an der Beziehung, schleift und schleift, bis sie schließlich zerbricht.
Wer aber zu zweit 14 Stunden auf einem mit peruanischen Indios und Hühnern beladenen Pick-up verbringt, wer zusammen einen marokkanischen Polizisten bestechen muss und
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