Banana Pancake Trail: Unterwegs auf dem vollsten Trampelpfad der Welt (German Edition)
gefährdet. Zwei beste Freundinnen, die monatelang ihren Dreimonatstrip durch Mittelamerika geplant haben, wollen entweder keine dritte Person in ihrer Bambushütte haben oder sind am Ende der Reise keine besten Freundinnen mehr. Die einzige Konstellation mit Chancen auf Kopulation ist das Aufeinandertreffen von zwei Zweierpärchen, also zwei beste Freunde treffen zwei beste Freundinnen. Rein statistisch sind die Chancen auf eine solche Kombination aber relativ gering. Noch geringer ist die Wahrscheinlichkeit, dass sich zweimal zwei Personen gut finden.
An Gruppen kommt man nur schwer heran. Bei gemischtgeschlechtlichen Gruppen hat zudem auch immer ein Mitglied der Gruppe insgeheim schon länger ein Auge auf das Objekt der Begierde geworfen und betreibt deswegen aktives «cockblocking». Und auch selbst wenn niemand versucht dazwischenzufunken, ist die Chance, jemanden aus einer Gruppe kennenzulernen, nicht hoch. Der Gruppenteilnehmer steht umgekehrt wie daheim unter sozialem Druck, und oft gelingt es ihm nicht, sich von den Werturteilen seiner Mitreisenden freizumachen.
«Spinnst du?», sagt Mitreisende B. «Daheim würdest du den Typen doch nicht mal mit dem Arsch anschauen!»
Mitreisender M. dagegen droht: «Wenn du mit der was anfängst, erzähle ich zu Hause allen, wie dick die war!»
Erschwerend kommt hinzu, dass sich Alleinreisende von Gruppen abgeschreckt fühlen. Die Gruppe bleibt also die meiste Zeit ohnehin unter sich.
Mit Alleinreisenden könnte theoretisch am meisten gehen. Sie begegnen sich am unbefangensten. Sie sind frei; wenn sie sich verlieben, müssen sich niemandem erklären, weshalb sie eine Woche länger auf dieser Insel bleiben möchten. Sie sind gesprächig, ausgehungert durch hundert Tage Einsamkeit. Sie sind interessant und reden über interessantere Themen als ihren letzten Vollrausch in Saigon. Leider sind unter ihnen aber auch die meisten Freaks. Freaks haben selten viel Sex.
Inga, die die letzten vier Wochen in einem buddhistischen Kloster in Nordthailand meditiert hat, sagt: «Gegen die Erleuchtung ist ein Orgasmus ein Scheißdreck.»
Pierre, ein hochgewachsener, aber sehr schmächtiger Franzose mit langen schwarzen Haaren, kommt gerade aus Laos. Er hat zwar nicht meditiert, dafür aber in irgendeinem Minderheitendorf Opium geraucht. Er sagt: «Vier Wochen Opium rauchen bringt dich mal richtig runter. So was wie Sex wird echt nicht mehr so wichtig, wenn du Opium geraucht hast.»
Eva aus Spanien ist seit sieben Monaten unterwegs. Sie ist klein und sehr hübsch. Allerdings war ihr Budget nicht auf sieben, sondern nur auf vier Monate ausgelegt. Um länger zu bleiben, spart Eva an Dingen, an denen man nicht sparen sollte: Sie schläft auf einer Bastmatte unter einem Mückennetz im Freien. Sie trinkt Leitungswasser, ernährt sich von Toastbrot mit Streichkäse, den Tung ihr schenkt. Dafür hilft Eva manchmal Tungs Mutter, einer rundlichen, 70-jährigen Oma mit Betelnuss zwischen den Zähnen, eine Bambushütte sauber zu machen.
Paolo ist eigentlich ein netter Typ. Seitdem er aber in Nordindien einen Yoga-Ashram besucht hat, muss er alle zehn Minuten eine Asana machen. Paolo springt mitten in der Unterhaltung auf und sagt: «Sorry, ich muss jetzt dringend den ‹Hund› machen.» Paolo meint, die letzten Jahre als Investmentbanker hätten ihm nicht gutgetan. Jetzt, sagt er, finde er langsam seinen «inneren Weg». Sex empfindet er dabei als genauso hinderlich wie Saskia, die in einem Stringtanga am Strand liegt und ein Buch über indische Astrologie liest. Saskia hat mir meinen Assistenten ausgerechnet (ich weiß, das Wort heißt irgendwie anders, aber ich kann es mir nicht merken). Sie sagt, das bedeute, dass ich zu großer Beharrlichkeit neige und einen «eigentümlichen Kern» habe. Ich versuche, dabei nicht, auf ihren Hintern zu starren. Dann legt Saskia wieder Tarotkarten.
Sex stört die Selbstfindung, weil Sex das mühsam erlangte Wissen an Spiritualität wieder durcheinanderwirbelt. Ein Orgasmus nivelliert die durch lange Meditationen und Asanas geordneten Energielevels. Saskia zum Beispiel sagt: «Ein Typ würde meinen Energiefluss jetzt total stören. Mein Sakralchakra ist momentan eher verschlossen.»
Es gibt noch weitere Gründe, warum auf Reisen viel weniger gefickt wird, als man vielleicht denkt. Dazu zählen etwa
ein Partner, der daheim in Bamberg wartet und den man in den nächsten acht Monaten auf keinen Fall betrügen kann (der sich dann aber bei der Rückkehr
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