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Banana Pancake Trail: Unterwegs auf dem vollsten Trampelpfad der Welt (German Edition)

Banana Pancake Trail: Unterwegs auf dem vollsten Trampelpfad der Welt (German Edition)

Titel: Banana Pancake Trail: Unterwegs auf dem vollsten Trampelpfad der Welt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp Mattheis
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vollwertiges Mitglied akzeptiert. Ab sechs Monaten Backpacking darf man sich zum inneren Kreis zählen, ab einem Jahr gilt man als Veteran. Kurzum: Je länger man unterwegs ist, desto höher der Road-Status.
    Außerdem sollte man verwegen aussehen und vergammelte Sachen tragen. Anders Sørensen beschreibt in seiner Arbeit Backpacker ethnography , wie er in Neuseeland einen Amerikaner aus der Dusche kommen sieht, der nur noch einen Fetzen am Leib trägt:
    «‹Why doesn’t he throw that rag away, it’s not worth washing one more time.› But she said: ‹Oh no, he’s very proud of that shirt. They’ve been through a lot together!› And then we couldn’t help giggling, because in a way it is so ridiculous. But here I am, trying to repair one of my own T-shirts and if it were back home I’d throw it away immediately. I guess the ‹fine feathers make fine birds› applies to travelers as well although it’s upside down.»    [22]
    Traveller mit hohem Road-Status können außerdem am laufenden Band Anekdoten über überstandene Durchfallerkrankungen und hässliche Infektionen erzählen. Sie zahlen immer die niedrigsten Preise, auch, wenn sie dafür eine halbe Stunde lang feilschen müssen. Und sie haben Orte bereist, die noch nie ein Pauschaltourist zu Gesicht bekommen hat.
    «In Kathmandu habe ich einen Typen getroffen, der seit drei Jahren unterwegs war», sagt Sam. «Der ist zu Fuß von Berlin nach Indien gelaufen.»
    «Krass», sage ich.
    «Und in Guatemala kannte ich einen Iren, der war seit fünf Jahren auf Reisen. Der hat Edelsteine in Pakistan gesucht und sich so seine Reisen finanziert.»
    «In Bangkok war so ein 50-jähriger Typ in meinem Hostel, der war seit 15 Jahren unterwegs. Der kannte die Khaosan schon, als es nur zwei Hostels gab», ergänze ich.
    «In Indien», hebt Sam an …
    Und so geht es noch die ganze Nacht, bis Sam irgendwann wieder bei seinem Guru angekommen ist. Die Schlingpflanzen sind nun direkt vor uns, es ist als begänne dort, wo der See ist, eine große Wiese.
    Hinter uns grölen und lachen die Engländer, und mittendrin sitzt der Poloshirttyp, während wir das «Mein Haus, mein Boot, mein Auto»-Spiel der Backpacker spielen. Bis auf Sam und mich lachen alle. Sogar der Samsonite-Koffer scheint zu grinsen.

[zur Inhaltsübersicht]
    Der Abzocker
    Ort: Neu-Delhi, Indien
    «No hotel in Delhi today. Also tomorrow no hotel, everything booked out. So very sorry!»
    Lakshmi

    Es ist drei Uhr nachts, als Lakshmis Cousin Gopal mit dem Firangi kommt. Lakshmi hat ein paar Stunden auf der Matratze im Hinterzimmer des Reisebüros gedöst. Richtigen Schlaf hat er nicht gefunden, denn alle halbe Stunde klingelt das alte, schwarze Telefon mit der Wählscheibe unter der Indienkarte. In dem Raum stehen ein kleiner Schreibtisch, den Lakshmi mal wieder abwischen könnte, zwei Stühle und ein Ventilator, der tagsüber vergeblich versucht, Lakshmi ein wenig Abkühlung zuzufächeln. Seitdem er mit 14 begonnen hat, im Reisebüro seines Onkels zu arbeiten, hat Lakshmi nicht mehr richtig geschlafen. Das war vor elf Jahren. Die einzige Zeit des Tages, in der er ohne Unterbrechungen zwei Stunden am Stück Ruhe findet, ist zwischen 13 und 15 Uhr nachmittags. Nachts kommt immer wieder sein Cousin mit einem oder mehreren Firangi.
    Lakshmi streckt sich, reibt sich die Augen und sprüht sich zur Sicherheit etwas Deo unter die Achseln. Die Firangi stinken. Alle Firangi, die Lakshmi bisher in seinem Leben zu Gesicht bekommen hat, riechen schlecht. Anfangs hat er es auf die langen Flugzeiten von Europa, Australien oder den USA her geschoben, aber mittlerweile glaubt er, dass Weiße einfach immer müffeln. Sogar ihre Frauen, die herumlaufen wie … jedenfalls nicht wie anständige Hindu-Frauen, sogar die riechen streng. Wenn Lakshmi eine Firangi-Frau sieht, muss er sich immer noch zusammenreißen. In seinem Land, in Indien, kleiden sich nur die Prostituierten und die Hijras, die Angehörigen des dritten Geschlechts, so. Mittlerweile hat er gelernt, dass in den Ländern, aus denen die Firangi kommen, andere Sitten herrschen und dass eine Firangi-Frau tatsächlich nicht automatisch von jedem Mann bestiegen werden kann. Nie aber würde er wollen, dass seine eigene Frau einmal halbnackt wie sie durch Delhi läuft.
    Ebenso, wie Hunderte von Begegnungen Lakshmis mit Weißen sein Urteil vom schlechten Geruch der Firangi und der Unzüchtigkeit ihrer Frauen geformt haben, ist es für ihn eine empirisch erwiesene Tatsache,

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