Banatsko (German Edition)
Zweige, das vor diesem Bild der Weite, besonders schwarz und verkrümmt aussieht. Im Herbst, wenn die Blätter schon abfallen, hängen die äpfel noch rund in diesem schwarzen kantigen Netz und sehen gegen den Himmel auch schwarz aus. In anderem Licht sind die äpfel rötlichgrün und fühlen sich rau an, sie riechen nach Erde und Regen und Wind, und wenn sie frisch vom Baum gepflückt sind, schmecken sie bitter. Viele fallen wurmstichig zu Boden, es ist eine Sorte, die Würmer anziehen muss, doch die wurmlosen äpfel sind sehr schön anzusehen und werden auf dem hölzernen Gestell an der Hauswand rötlicher und weicher. Die Haut schrumpelt ein wenig, und die äpfel verlieren im Verlauf der ersten Winterwochen alle Bitterkeit.
Der Apfelbaum gehörte einem Mann, der den Baum beschnitt, im Frühjahr die Rinde wusch und kalkte, der die wurmigen äpfel aufsammelte, die äpfel pflückte und das Laub unter dem Baum zusammenrechte. Morgens trat er vor die Tür, blickte hinaus in die Landschaft bis zum Horizont und streifte den Baum mit seinem Blick. Wenn er die äpfel geerntet hatte, reihte er sie auf dem Holzgestell auf, und da lagen sie, bis der Frost kam. Dann trug er sie in eine kühle Kammer und legte sie dort auf ein anderes Gestell. Manchmal verschenkte er von seinen äpfeln, manchmal nicht. Es gab gute und schlechte Jahre. Im Frühwinter schmeckten die äpfel süß und herbstlich, wenn der Winter zu Ende ging, waren sie weich und klein geworden und schmeckten nach der Kammer, in der sie nun schon lange lagen.
Es kam wieder ein Herbst, und der Mann erntete den Baum langsam ab. Es war ein regnerisches Jahr, die Ernte war nicht gut. Die wenigen äpfel lagen im Regen auf dem Gestell, und der Wind fuhr wild durch die Zweige. Eines Tages stemmte sich der Mann gegen Regen und Wind, stieg auf den niedrigen Baum und setzte sich in eine Astgabel. Er krümmte sich, machte einen Buckel und zog die Schultern zusammen gegen den Wind und den Regen, den Kopf reckte er vor, als sitze er auf einem Ausguck, von dem aus er, wie es den Anschein hatte, den Horizont nicht aus den Augen lassen wollte. Wer einen Blick in den kurzen Dämmer warf, sah ihn dort noch sitzen, und auch am nächsten Morgen saß er unverändert da. Manche begaben sich in die Nähe des Gartens, um sich vielleicht ein besseres Bild vom Treiben des Mannes auf dem Baum zu verschaffen, sofern man sein stilles, ja regloses Hocken dort überhaupt als Treiben bezeichnen konnte. Der Tag verging, die Nacht ebenso, und auch am folgenden Morgen hockte der Mann noch in der Astgabel, möglicherweise ein wenig in sich zusammengesunken, aber bei diesem Eindruck konnte es sich auch um eine Augentäuschung handeln, immerhin hatte man diesen Anblick ja nun schon drei Tage vor Augen. Der Mann blieb auf dem Baum, und immer wieder und sicherlich auch immer öfter, doch in gewisser Weise auch immer verstohlener suchte man allenthalben, die tagtäglichen Wege so nah wie möglich an den Garten heranzuführen, um den Baum mit seinem Bewohner zu streifen, vielleicht eine Bewegung, einen Blick, sogar ein Wort zu erhaschen. Wer weiß, was man sich davon erhoffte, vielleicht träumte man davon, in größerem Kreise über das Erhaschte Bericht zu erstatten, wenngleich bisher kaum ein Wort über den Mann und den Baum gefallen war.
Mit der Zeit legte sich der Wind. Ab und zu quietschte noch die offen stehende Tür des Hauses in den Angeln, wenn ein Windstoß sie bewegte. Auch der Regen ließ nach und stellte sich schließlich ein. Die stillen Tage des Frühwinters begannen, mit bläulichem Raureif und glänzender Weite, dem Geruch von Holzfeuern in der Luft und einer großen Reglosigkeit der Dinge. Der Mann hatte den Baum nicht verlassen. Zusammengesunken hing sein Körper im Geäst, und man hätte in ihm keinen Sitzenden mehr erkannt. Krähen kamen, andere Vögel machten sich an den verbliebenen äpfeln zu schaffen. Im Abendlicht sah der Mann nun aus wie ein großes schwarzes Nest, umgeben von Vögeln und wenigen äpfeln.
Schnee fiel und bedeckte den Baum, die äpfel und den Mann. Auf den ersten Schnee folgte bald ein Tauwetter, und der Mann verrutschte unter der Nässe so, dass er jetzt über dem unteren Ast der Astgabel hing. Er sah bei keinem Licht betrachtet mehr aus wie ein Mann, er war etwas Dunkles geworden, das man nicht benennen konnte, und man machte einen Bogen um den Garten. Doch viele standen in den müßigen Winterstunden an ihren Türen oder Fenstern und blickten hinüber, zum
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