Banatsko (German Edition)
blauen Kanne stand jetzt bei dem Mann. Sie sprachen, ein Kind hatte sich zu ihnen gesellt und zeichnete mit einem Stock Figuren in den Schlamm des Weges.
Wo ist ein Gasthaus? fragte ich.
Ich zeige dir eins, sagte der Mann.
Der Mann machte kleine Schritte, fast wie ein Kind. Er spitzte die Füße und stieß sie dann hinab, dabei schwankte sein Oberkörper hin und her, und er ruderte leicht mit den Armen.
An den Glasveranden der alten Häuser rankten Glyzinien und Wein. Reisigberge türmten sich in dunklen Gartenecken. Frauen in dickem Schuhwerk und mehreren Schichten Winterkleidung schlurften über die schmalen Pfade längs der Häuser, trugen schwer an kleinen Dingen, schleiften Geräte hinter sich her. Eine drehte sich zu mir um: Findest du es schön hier? fragte sie mit dem schiefen Lächeln, wie es für Fremde bereitwillig in den Mundwinkeln lauert. Nach ihrer Frage herrschte eine kalte Stille, das kurze Schleifen im Straßenkies, das der Mann mit seinen hinabstoßenden Füßen verursachte, stieß kleine Löcher in diese Stille.
In einiger Entfernung ragten zwei hohlfenstrige Gebäude hoch über die einstöckigen alten Häuser hinaus, trugen Türme, Giebel, kleine Balkons. Vor den Gebäuden standen Autos, man stieg aus und ein, Männer mit breitkrempigen schwarzen Hüten, Frauen mit langen bunten Röcken, die sich an diesem und jenem zu schaffen machten.
Das sind die Zigeuner, sagte der Mann. Nur damit du es weißt.
Die hohen Märchenhäuser der Zigeuner sahen aus wie sehnsuchtsvoll ersonnene Schlösschen, in die jedoch noch kein Leben eingekehrt war. Die Fenster waren dunkel und leer, vielleicht wohnten die großen Familien in den Autos, um immer ihr Haus in liebevollem Staunen betrachten zu können. Eine ältere Frau putzte einen Gartenzwerg, der fast so groß war wie sie. Der Zwerg trug einen dicken Bauch zwischen aufgemalten Hosenträgern und lächelte gemütlich auf den Mann und mich herab.
Diese Häuser sind so hoch, dass ihre Giebel im Herbstgewölk verschwinden, erklärte der Mann.
In einer Kneipe mit blankgescheuerten Tischen saßen stille Gäste, jeder für sich, vor Flasche und Glas. Sie schauten zur Tür, als wir eintraten, aber so, als wollten sie nur einen Blick in die Ferne erhaschen, die sich dahinter auftun mochte, in die Welt, die sie dort vor der Tür gelassen hatten.
Ich heiße Gellu, sagte der Mann, als wir an einem Tisch Platz genommen hatten. Gellu, wiederholte er und sah mich brennend aus seinen kleinen alten Augen an.
Der Wirt trat an unseren Tisch. Mamaliga mit Schafskäse gab es.
Der Wirt brachte Wein und drei Gläser.
Ah, der feurige Kadarkawein, sagte Gellu, und seine Augen brannten wieder.
Der Wirt schenkte drei Gläser ein.
Auf den Kadarkawein! rief Gellu und stürzte den Wein hinunter.
Durch eine Tür hinter der Theke sah ich ein junges Mädchen am Herd, das den Maisbrei rührte.
Alle jungen Mädchen hier sind traurig, solange der richtige Freier ausbleibt, flüsterte Gellu mir zu. – Und danach erst recht.
Wir leben in einer traurigen Gegend, erklärte der Wirt, hier am Rande dieser Ebene, deren Ende uns fremd ist. Doch am Abend füllt sich die Kneipe, es wird gesungen, der Musiker spielt auf dem Akkordeon. Man erzählt auch Geschichten, und die Traurigkeit vergisst uns einen Augenblick lang.
DER APFELBAUM
In einem Garten steht ein einziger niedriger Apfelbaum. Der Garten befindet sich am Rande der Ortschaft, und die Ecke mit dem Apfelbaum ist weithin sichtbar. Es ist nicht der einzige Apfelbaum in der Ortschaft, doch der einzige seiner Art, und wenn man hier von äpfeln oder einem Apfel oder dem Apfelbaum spricht, dann steht vor eines jeden Auge dieser Baum. Er ist klein aber sehr ausladend, die Rinde des Stammes ist mit einer brüchigen, graubraunen, an manchen Stellen von grünlichen Flechten überzogenen Rinde bedeckt, und strömt das ganze Jahr über einen herbstlichen Duft aus. Die Zweige wirken im Winter trocken und verdorrt, als könnte jeder Windstoß sie brechen, und wenn man den Wind durch die Baumkrone fahren sieht, meint man bereits, das dürre Knacken zu vernehmen, doch nach stürmischen Nächten und Tagen findet sich weniger abgerissenes Gezweig darunter als unter stärkeren und größeren Bäumen. Der ganze Baum ist nicht größer als die kleinen Häuser der Gegend, bis zum Ansatz der Baumkrone ist der Stamm kaum höher als ein Kind, und in der blattlosen Zeit sieht man die Landschaft, den Horizont und ein Stück des Himmels durch das Netz der
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