Band 2 - Blutspiel
anlegen.
Deprimiert fuhr ich fort, die Blätter zu einer zähflüssigen Soße zu zerreiben. Erdmagie war am mächtigsten, wenn der Zauber zwischen Sonnenuntergang und Mitternacht erstel t wurde. Aber heute fiel es mir schwer, mich zu konzentrieren, und so war es mittlerweile schon kurz nach eins. Meine Gedanken kreisten beständig um das Foto und das Camp.
Ich seufzte frustriert.
Nick hatte es sich mir gegenüber auf einem Barhocker bequem gemacht und aß gerade das letzte Sandwich. Bei dem Geräusch schaute er hoch.
»Hör auf, Rachel«, sagte er und lächelte, um die harten Worte abzumildern. Er wusste genau, woran ich dachte. »Ich glaube nicht, dass sie damals an dir rumgedoktert haben, und selbst wenn - wie wil st du das beweisen?«
Ich ließ den Stößel fal en und schob den Mörser zur Seite.
»Mein Vater starb meinetwegen. Wenn ich nicht diese verfluchte Blutkrankheit gehabt hätte, wäre er noch am Leben. Ich weiß es einfach.«
Er schaute mich mitfühlend an. »Viel eicht hat er sich die Schuld an deinem Leiden gegeben.«
Na, danke, sehr hilfreich. Ich ließ die Schultern hängen.
»Viel eicht waren die beiden auch einfach nur gute Freunde, wie deine Mum sagt«, versuchte er es weiter.
»Oder viel eicht hat Trents Vater auch versucht, meinen Dad zu erpressen, damit er etwas Il egales tut. Und er ist gestorben, weil Dad sich geweigert hat.«
Wenigstens hat Trents Dad auch dran glauben müssen.
Nick griff nach dem Foto, das immer noch auf der Theke lag, wo ich es hingeschmissen hatte. »Ich weiß nicht«, meinte er sanft, und starrte auf das Bild. »Für mich sehen die beiden wie gute Freunde aus.«
Ich wischte mir die Hände an der Jeans ab, lehnte mich über den Arbeitstresen und nahm mir das Foto. Angestrengt musterte ich das Gesicht meines Vaters, unterdrückte das aufsteigende Gefühlschaos und gab Nick das Bild zurück.
»Naturarzneien und Zauber al ein hätten mich nicht heilen können. Die haben irgendetwas mit mir gemacht.«
Zum ersten Mal hatte ich es laut ausgesprochen, und sofort verknotete sich mein Magen.
»Aber du lebst«, gab Nick zu bedenken.
Ich wandte mich ab und maß sechs Tassen Quel wasser ab.
Als ich die Flüssigkeit in einen zweiten, den größten, Kupferkessel schüttete, durchdrang das Plätschern das angestrengte Schweigen. »Und was passiert, wenn das rauskommt?« Ich konnte ihm nicht in die Augen sehen.
»Dann werden sie mich schnappen und wie einen Aussätzigen auf irgendeiner verlassenen Eisinsel abladen, aus Angst, dass was auch immer er mit mir angestel t hat mutieren und eine neue Epidemie auslösen könnte.«
»Oh, Rachel. .«Nick rutschte von seinem Stuhl, während ich mechanisch den Messbecher abtrocknete. Er stel te sich hinter mich und legte zärtlich die Arme um meine Schultern, bevor er mich zu sich umdrehte, damit er mir in die Augen sehen konnte.
»Du bist kein latenter Seuchenüberträger«, sagte er nachdrücklich. »Wenn Trents Vater deine Krankheit geheilt hat, dann ist das eben so. Aber mehr auch nicht, er hat dich geheilt, und das ist al es. Es wird nichts passieren. Immerhin bin ich doch noch hier.« Nick lächelte. »Lebendig und quietschfidel.«
Es gefiel mir ja selbst nicht, dass die Geschichte mir solche Angst machte. »Ich wil ihm einfach nichts schuldig sein«, erklärte ich.
»Das bist du auch nicht. Das war eine Sache zwischen deinem Dad und Trents Vater, fal s da überhaupt etwas gelaufen sein sol te.«
Ich spürte die beruhigende Wärme seiner Hände an meiner Tail e. Dankbar verschränkte ich die Finger hinter seinem Rücken und lehnte mich vorsichtig an seine Brust.
»Nur weil die beiden sich kannten, heißt das noch lange nicht, dass da mehr dahintersteckt«, sagte Nick abschließend.
Aber sicher doch, dachte ich sarkastisch, als wir uns widerstrebend voneinander lösten. Während er mit dem Kopf in der Vorratskammer verschwand, checkte ich das Rezept für mein Transfermedium. Der Text für die Verbindung mit einem Schutzgeist war in Latein verfasst, aber ich kannte die wissenschaftlichen Namen der Pflanzen gut genug, um mitzukommen. Und bei der Beschwörung zählte ich auf Nicks Hilfe.
»Übrigens, vielen Dank, dass du noch bleibst.« Ich wusste, dass er morgen einen anstrengenden Tag vor sich hatte, nachmittags in der Uni und dann eine komplette Nachtschicht im Museum. Wenn er nicht bald ging, würde er überhaupt keinen Schlaf mehr bekommen.
Er setzte sich mit einer Chipstüte in der Hand wieder auf den Hocker und
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