Band 2 - Blutspiel
wol te mit mir reden, aber ich war nicht so naiv zu glauben, dass es dabei bleiben würde. Wenn ich ihm mit meinen Zaubern und Amuletten entgegentreten wol te, würde ich mir den Weg freikämpfen müssen. Wenn ich zuließ, dass sie mir al es abnahmen, würde ich zwar unbeschadet reinkommen, wäre ihm aber dann hilflos ausgeliefert.
Ich öffnete die Weihwasserflasche, trank den Rest, spritzte mir die letzten Tropfen in die Hände und rieb mir damit den Hals ein. Dann ließ ich die leere Flasche den Pfählen folgen.
Die Angst um meine Mutter und der Hass auf Ivys Peiniger beschleunigten meine Schritte. Wenn es zu viele waren, würde ich ohne Zauber reingehen. Mit Nick und dem FIB
hatte ich ja noch ein Ass im Ärmel.
Als ich die schwere Tür aufzog, begann das bekannte Ziehen im Magen. Die schwache Hoffnung, dass niemand hier sein könnte, hatte sich erledigt, als sich ungefähr sechs lebende Vampire, die noch mit diversen Arbeiten beschäftigt waren, nach mir umdrehten. Die menschlichen Angestel ten waren schon weg. Wahrscheinlich hatten diese hübschen, narbigen, hingebungsvol en Mitarbeiter ihre bevorzugten Gäste nach Hause begleitet. Jetzt, während der Aufräumarbeiten, war die Pizzeria hel erleuchtet. Der große getäfelte Raum, der sonst so mysteriös und elektrisierend wirkte, war nur noch dreckig und verlassen. Hier sah es ein bisschen so aus, wie ich mich fühlte.
Die schulterhohe Wand aus Buntglas, die den Raum unterteilt hatte, war zerbrochen. Eine zierliche Frau mit langen Haaren kehrte die grünen und goldenen Scherben an die Wand. Sie unterbrach ihre Arbeit und lehnte sich auf ihren Besen, als ich hereinkam. Ein intensiver, süßlicher Geruch drang in meine Nase, und ich wäre am liebsten rückwärts wieder rausgegangen, als ich ihn erkannte. Vamp-Pheromone - die Luft war vol davon.
Zumindest hat sich Ivy heftig gewehrt, dachte ich, als ich sah, dass die meisten Anwesenden Verbände oder Prel ungen aufwiesen, und dass sie al e, bis auf den Vampir an der Bar, so richtig mies gelaunt waren. Einer war gebissen worden, sein Hals war zerfetzt und der Kragen seiner Uniform war zerrissen. Im hel en Morgenlicht waren der Glamour und die Verführungskraft der Vamps wie weggewischt, jetzt wirkten sie nur noch müde und irgendwie hässlich. Ja, so waren sie regelrecht abstoßend. Trotzdem begann die Narbe an meinem Hals zu prickeln.
»Na, sieh mal an, wer kommt denn da?«, fragte der Vampir an der Bar gedehnt. Seine Uniform war ein wenig edler als die der anderen. Als er merkte, dass ich auf sein Namensschild starrte, nahm er es ab. Samuel - das war also der Vampir, der Tarra erlaubt hatte, oben zu arbeiten, als wir hier waren. Er stand auf, lehnte sich über den Tresen und legte einen Schalter um. Das »Geöffnet«-Schild hinter mir erlosch.
»Du bist also Rachel Morgan?«, fragte er herablassend.
Ich klammerte mich an meine Tasche und marschierte dreist an dem BITTE WARTEN SIE, WIR BEGLEITEN SIE ZU
IHREM TISCH-Schild vorbei. Oh ja, ich war ein ganz böses Mädchen. »So ist es«, erwiderte ich, während ich mir wünschte, hier würden nicht so viele sperrige Tische rumstehen. Dann gelang es meiner Vorsicht, sich gegen die Wut durchzusetzen, und ich zögerte. Ich hatte Regel Nummer eins verletzt: Nähere dich ihnen nie, wenn du aufgebracht bist. Was noch nicht so schlimm gewesen wäre, wenn ich nicht auch noch Regel Nummer zwei missachtet hätte: Versuche nie, einen untoten Vampir auf seinem eigenen Terrain zu stel en.
Die Kel ner beobachteten mich reglos, und meine Anspannung stieg, als Samuel die Eingangstür abschloss, sich umdrehte, und den Schlüsselbund quer durch den Raum warf. Neben dem ungenutzten Kamin bewegte sich etwas, und ich erkannte, dass dort jemand den Arm hob. Es war Kisten, der bis dahin im Schatten verborgen geblieben war.
Er fing den Schlüssel mühelos auf und ließ ihn verschwinden.
Ich wusste nicht, ob ich ihn nun hassen sol te oder nicht. Er hatte Ivy wie ein Stück Mül bei uns abgeladen, aber er hatte auch versucht, die beiden aufzuhalten.
»Und wegen der macht Piscary sich Sorgen?«, höhnte der süße Samuel. »Die besteht ja nur aus Haut und Knochen. Hat oben rum nicht viel zu bieten. .«, er grinste anzüglich, ». .und hintenrum auch nicht. Ich dachte, du wärst größer.«
Er griff nach mir. Instinktiv schlug ich seine Hand weg und wol te ihm eine verpassen, aber er fing meine Faust ab. Ich drehte mich aus seinem Griff, packte sein Handgelenk und trat ihm mit Wucht
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