Band 2 - Blutspiel
waren.
Ivy hatte früher Geld gehabt und kleidete sich immer noch entsprechend. Aber als sie zusammen mit mir die LS. verließ, war fast ihre gesamte Erbschaft für die Ablösung des Vertrags draufgegangen. Kurz gesagt: Sie wirkte wie ein Furcht einflößendes Model - geschmeidig, bleich und außergewöhnlich stark. Im Gegensatz zu mir trug sie weder Nagel ack noch Schmuck, abgesehen von zwei schwarzen Fußkettchen mit Kreuzornamenten, und sehr wenig Make-up
- sie hatte es einfach nicht nötig. Aber genau wie ich war sie ständig pleite, zumindest bis ihre Mutter endgültig starb und ihr damit den Rest des Tamwood-Vermögens vererbte. Was schätzungsweise noch ungefähr 200 Jahre dauern würde -
mindestens.
Ivys schmale Augenbrauen zogen sich zusammen, als sie Glenn von Kopf bis Fuß beäugte.
»Hast du dir schon wieder Arbeit mit nach Hause genommen, Rachel?«
Ich holte tief Luft. »Hi, Ivy. Das ist Detective Glenn. Du hast heute Nachmittag mit ihm gesprochen, ihn geschickt, um mich abzuholen!« Ich sah sie vielsagend an. Darüber mussten wir später noch reden.
Ivy drehte Glenn den Rücken zu und packte die Lebensmittel aus. »Nett, Sie kennenzulernen«, sagte sie ausdruckslos. Dann murmelte sie in meine Richtung: »Sorry, aber mir ist etwas dazwischengekommen.«
Glenn schluckte schwer. Er sah verängstigt aus, schien aber durchzuhalten. Wahrscheinlich hatte Edden ihm nichts von Ivy erzählt. Guter Mann! »Du bist ein Vampir«, sagte er.
»Oho, was für ein schlaues Bürschchen.«
Er fummelte mit den Fingern an dem Halsband seines neuen Amuletts und zog dann ein Kreuz aus seinem Hemd hervor. »Aber die Sonne scheint doch.« Es klang, als fühlte er sich betrogen.
»Und ein Meteorologe ist er auch noch.« Sie sah ihn scharf an. »Ich bin noch nicht tot, Detective Glenn. Nur die wahren Untoten haben Probleme mit dem Licht. Kommen Sie in sechzig Jahren wieder - viel eicht mache ich mir dann Sorgen wegen Sonnenbrand.« Sie erblickte das Kreuz, lächelte herablassend und zog ihr eigenes, aufwändig gearbeitetes Kruzifix aus dem Ausschnitt ihres eng anliegenden Shirts.
»Das funktioniert nur bei toten Vampiren«, meinte sie und drehte sich wieder zur Arbeitsplatte. »Woher haben Sie Ihr Wissen, aus B-Movies viel eicht?«
Glenn wich einen Schritt zurück. »Captain Edden hat mir nicht gesagt, dass Sie mit einem Vampir zusammenarbeiten«, stammelte er. Als Ivy Eddens Namen hörte, wandte sie sich um. Die Vampirgeschwindigkeit erschreckte mich immer wieder. Das hier sah nicht gut aus. Sie begann ihn in einen Bann zu ziehen. Verdammt. Ich sah aus dem Fenster. Die Sonne würde bald untergehen. Verdammt, verdammt.
»Ich habe von Ihnen gehört«, sagte Glenn und die Arroganz in seiner Stimme, mit der er wohl seine Unsicherheit verbergen wol te, ließ mich zusammenfahren.
Nicht einmal Glenn konnte so blöd sein, einen Vampir im eigenen Haus herauszufordern. Die Knarre in seinem Halfter würde ihm nicht helfen. Natürlich konnte er auf sie schießen und sie töten, aber dann würde Ivy ihm den Kopf abreißen.
Und kein Gericht der Welt würde sie wegen Mordes verurteilen, da er sie ja zuerst getötet hätte.
»Sie sind Tamwood.« Seine Großspurigkeit bekam die ersten Sprünge, wohl da er merkte, dass das vermeintliche Sicherheitsgefühl fehl am Platze war. »Captain Edden hat Sie zu dreihundert Stunden gemeinnütziger Arbeit verdonnert, weil Sie seine gesamte Abteilung plattgemacht haben, nicht wahr? Was mussten Sie noch mal machen, als Riesenbonbon arbeiten?«
Ivy erstarrte, während mir die Kinnlade runterklappte. Er war nicht einfach blöd, er war unfassbar dämlich.
»Es hat sich gelohnt«, sagte Ivy sanft. Mit zitternden Fingern legte sie den Beutel mit den Marshmal ows auf den Tisch.
Ich hielt die Luft an. Scheiße. Ivys braune Augen hatten sich geweitet und man sah nur noch das Schwarz ihrer Pupil e. Ich stand einfach nur da, vol kommen geschockt, wie schnel das ging. Es war einige Wochen her, dass sie so vampirisch geworden war, und es passierte nie ohne Vorwarnung. Die unangenehme Überraschung, plötzlich jemanden in FIB-Uniform in ihrer Küche zu sehen, mochte dazu beigetragen haben, aber im Nachhinein wurde mir klar, dass ich schon die ganze Zeit ein ungutes Gefühl gehabt hatte. Ich hätte die beiden nicht einfach so aufeinander loslassen dürfen. Seine Angst hatte sie überrumpelt und ihr keine Möglichkeit gelassen, sich gegen die Versuchung zu wappnen.
Glenns Panik hatte die Luft mit
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