Band 2 - Blutspiel
Eingangstür. Die Pistole war auf Ivy gerichtet, und mit einem deutlich hörbaren Klicken löste er den Sicherungsbolzen. Seine Augen waren vor Entsetzen weit aufgerissen.
Ivy drehte ihm den Rücken zu und kehrte zu der Tasche mit den Einkäufen zurück. Es schien, als würde sie ihn ignorieren, doch ich wusste nur zu gut, dass sie al es um sich herum wahrnahm - sogar das Brummen einer Wespe unter der Decke. Sie beugte sich vor und stel te eine Tüte Pizzakäse auf den Tisch. »Wenn du deinen Captain das nächste Mal siehst, bestel diesem Blutbeutel doch einen schönen Gruß von mir.«
In ihrer weichen Stimme schwang eine erschreckende Portion Wut mit, aber der Hunger und die absolute Dominanz waren verschwunden.
Mit zitternden Knien atmete ich auf. »Glenn? Steck die Waffe weg, bevor Ivy sie dir abnimmt. Und das nächste Mal, wenn du meine Mitbewohnerin beleidigst, werde ich nicht mehr dazwischengehen. Dann wird sie dir die Kehle rausreißen, verstanden?«
Bevor er die Pistole wieder in das Halfter steckte, warf er noch einen verunsicherten Blick auf Ivy, um dann schwer atmend im Türbogen stehen zu bleiben.
Das Schlimmste war jetzt wohl vorbei, und so öffnete ich den Kühlschrank. »Hey, Ivy«, träl erte ich betont unbekümmert, um die Wogen zu glätten, »schmeiß mal die Peperoniwurst rüber.«
Sie schaute mich verwirrt an und verscheuchte dann mit einem Blinzeln die letzten Reste ihrer gefährlichen Instinktsteuerung.
»Peperoniwurst«, wiederholte sie heiser. »Klar.« Mit dem Handrücken berührte sie ihre Wange, runzelte die Stirn, und kam dann mit bewusst langsamen Schritten zu mir rüber.
»Danke, dass du mich runtergebracht hast«, sagte sie leise, während sie mir den Beutel mit Schnittwurst in die Hand drückte.
»Ich hätte dich warnen sol en. Es tut mir leid.« Ich nahm die Wurst, richtete mich auf und warf Glenn einen bitterbösen Blick zu. Er wischte sich gerade den Schweiß von seinem blassen Gesicht und wirkte vol kommen ausgelaugt.
Ihm war wohl erst jetzt klar geworden, dass wir uns in einem Raum befanden mit einem Raubtier, das durch Stolz und Höflichkeit unter Kontrol e gehalten wurde. Viel eicht hatte er heute ja etwas gelernt. Edden würde sich freuen.
Ich kramte in den Einkäufen und zog die verderblichen Lebensmittel raus. Ivy lehnte sich zu mir rüber, als sie eine Dose mit Pfirsichen wegstel te.
»Was macht er denn hier?«, fragte sie, laut genug, dass Glenn es hören konnte.
»Ich bin sein Babysitter.«
Sie nickte und wartete dann, dass ich das näher erläuterte.
Als nichts kam, fragte sie: »Du wirst doch dafür bezahlt, oder?«
Glenn hatte sich nicht von der Stel e gerührt. »Äh, ja. Es geht um eine vermisste Person.« Ich warf ihr einen verstohlenen Blick zu. Ihre Pupil en hatten sich wieder verkleinert und das Braun der Iris leuchtete im Sonnenlicht.
»Kann ich dir dabei helfen?«
Seit Ivy nicht mehr bei der I. S. arbeitete, hatte sie nichts anderes getan, als vermisste Personen aufzuspüren. Wenn sie al erdings erfuhr, dass es sich um Sara Janes Freund handelte, würde sie sich auf Jenks' Seite schlagen und mich davon überzeugen wol en, das es eine Fal e von Trent Kalamack war. Andererseits konnte ich die ganze Angelegenheit nicht vor ihr verheimlichen, denn dadurch würde al es nur noch schlimmer werden. Außerdem wol te ich, dass sie mit uns zu Piscary fuhr, denn so würde ich wesentlich mehr Informationen bekommen.
Während Ivy und ich die Lebensmittel verstauten, blieb Glenn mit gespielter Gleichgültigkeit in der Tür stehen. Ihn schien es nicht zu jucken, dass er ignoriert wurde.
»Komm schon, Rachel!« Sieh mal einer an, ein bettelnder Vamp. »Wer ist es? Ich könnte meine Fühler für dich ausstrecken.« Im Moment hatte sie ungefähr noch so viel Ähnlichkeit mit einem Raubtier wie eine Ente. Ich hatte mich inzwischen an ihre Gefühlsschwankungen gewöhnt, aber Glenn schien völ ig verwirrt zu sein.
»Äh, eine Hexe namens Dan.« Ich versuchte ein Ablenkungsmanöver und steckte den Kopf in den Kühlschrank, während ich den Hüttenkäse verstaute. »Er ist Sara Janes Freund, und bevor du durchdrehst, ja, Glenn wird mit mir sein Apartment durchsuchen. Ich denke, mit dem Besuch bei Piscarys können wir bis morgen warten, Dan hat dort als Pizzabote gearbeitet. Ich bin auch an der Uni angemeldet, aber Glenn wird mich auf gar keinen Fal dorthin begleiten.« Einen Herzschlag lang blieb al es ruhig.
In Erwartung eines Protestschreis duckte ich mich. Der
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