Band 2 - Blutspiel
sah mich gespannt an. Er hatte braune Augen, und sein Blick war so offenherzig, dass man das Gefühl bekam, direkt in seine Seele zu schauen. »Ich hoffe, du hast nichts dagegen, aber ich bin fast gestorben vor Neugier.« Er fuhr sich mit einer Hand über den Schnurrbart und befreite ihn so vom Chipsfett, bevor er sich wieder den sechs Akten an der Pinnwand zuwandte.
Ich scannte den Raum. Sie schienen al e meinen fragenden Blick zu spüren, denn jeder einzelne von ihnen erwiderte ihn, bevor er sich wieder ins Gespräch vertiefte. Offensichtlich wussten al e, dass ich mir die Seele aus dem Leib gekotzt hatte, aber als niemand darauf einging, wurde mir klar, dass ich dadurch wohl irgendwie das Eis gebrochen hatte, was doch ziemlich schräg war. Viel eicht hatte mein Zusammenbruch ihnen gezeigt, dass ich auch nur ein Mensch war - sozusagen.
Glenn saß mit verschränkten Armen am Schreibtisch und beobachtete schweigend, wie seine Kol egen sich die Köpfe heiß redeten. Er warf mir einen ironisch-erstaunten Blick zu.
Es hörte sich so an, als wol ten die meisten hier Trent verhaften, aber ein paar fürchteten seinen politischen Einfluss. Aufgrund des ganzen Geschreis hatte ich größere Spannungen erwartet. Aber offensichtlich lag es den Menschen, die Dinge möglichst lautstark zu regeln.
Ich stel te meine Tasche neben dem Schreibtisch auf den Boden und setzte mich, um den letzten Bericht zu studieren.
Das Opfer war ein ehemaliger Olympiaschwimmer gewesen.
Er starb in seiner Badewanne. Tod durch Ertrinken. Der Mann war der Star-Wetteransager bei einem örtlichen Fernsehsender gewesen, hatte aber auch eine Ausbildung in Kraftlinienmagie gehabt. Auf der beigefügten Notiz las ich in ungelenker Handschrift den Vermerk, dass sein Bruder nichts von einem Gespräch mit Trent wusste. Ich nahm den Bericht vom Brett und zwang mich dazu, ihn durchzusehen, war aber mehr auf die Gespräche um mich herum konzentriert als auf den Text.
»Verdammt, der macht sich doch über uns lustig«, meinte eine tough aussehende dunkelhäutige Frau, die sich mit einem nervösen dünnen Beamten stritt. Niemand außer Glenn und mir saß, und ich kam mir vor wie auf dem Grund eines tiefen Brunnens.
»Mr. Kalamack ist nicht der Hexenjäger«, näselte der Mann zurück. »Er gibt der Stadt mehr als der Weihnachtsmann.«
»Das passt doch genau ins Profil«, schaltete sich Dunlop ein. »Du hast doch die Berichte gelesen. Wer auch immer diese Taten begeht, ist unzurechnungsfähig. Er führt ein Doppel eben, ist viel eicht schizophren.«
Mit einem zustimmenden Murmeln stürzten sich die anderen Ermittler auf dieses Argument. Ich musste Dunlop übrigens recht geben. Der Täter hatte mehr als eine Schraube locker. Und diese Beschreibung traf auf Trent definitiv zu.
Der Nervöse richtete sich auf und suchte nach Unterstützung. »Okay, der Mörder ist ein Psycho«, gab er weinerlich zu. »Aber ich bin Mr. Kalamack schon begegnet.
Wenn der Mann ein Mörder sein sol , ist meine Mutter eine Triebtäterin.«
Ich überflog den Autopsiebericht. Der Olympiaschwimmer war tatsächlich in seiner Badewanne gestorben, al erdings war die mit Hexenblut gefül t gewesen. Auf den ersten Schreck folgte eine nagende Unruhe. Um eine Badewanne zu fül en, braucht es mehr als das Blut einer Person, schon eher zwei Dutzend. Wo war es also hergekommen? Ein Vampir wäre niemals so verschwenderisch damit umgegangen.
Die Diskussionen über die Mutter des Nervösen wurden hitziger, und ich überlegte, ob ich ihnen erzählen sol te, wie der großherzige Mr. Kalamack seinen Chefgenetiker umgebracht und es als tödliche Bienenattacke getarnt hatte.
Hübsch, sauber und ordentlich. Ein Mord, bei dem er kaum einen Finger krumm gemacht hatte. Trent hatte der Witwe und der fünfzehnjährigen Tochter eine beträchtliche Summe aus einem Wohltätigkeitsfonds zukommen lassen, sowie ein anonymes Universitätsstipendium.
»Denk nicht immer so materialistisch, Lewis«, warnte Dunlop und streckte bedrohlich seine Wampe vor. »Nur weil der Mann bei der Wohltätigkeitsgala des FIB regelmäßig eine stattliche Summe spendet, ist er noch lange kein Heiliger. Ich behaupte, das macht ihn erst recht verdächtig. Wir wissen ja noch nicht mal, ob er überhaupt ein Mensch ist.«
Mit einem Blick auf mich fragte Glenn: »Was hat das denn damit zu tun?«
Dunlop zuckte zusammen, als ihm wieder einfiel, dass ich mich im Raum befand. »Überhaupt nichts!«, meinte er lautstark und versuchte so,
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