Band 4 - Blutpakt
ein Tiermensch werden konnte, wenn man als solcher geboren wurde; es war offensichtlich, dass er einfach nur versuchte, das Gespräch am Laufen zu halten.
Ivy kam zur Tür. Sie roch nach Fixiermittel und wischte sich mit dem Lappen das Grau von den Fingern.
»Hier«, sagte sie, und gab mir die alten Nummernschilder.
»Wenn du ins Handschuhfach schaust, sol test du oben angeklebt einen zu den Kennzeichen passenden Fahrzeugschein finden. Kannst du sie austauschen?«
»Da kannst du drauf wetten.« Super. Setzen wir noch Urkundenfälschung auf die Liste, dachte ich, aber ich nahm die Kentucky-Kennzeichen und den Schraubenzieher und gab ihr stattdessen zwei Amulette. »Die sind für dich und Jenks. Stel sicher, dass er es benutzt. Es ist mir völ ig egal, was er dazu sagt, wie es ihn riechen lässt.«
Ivys lange Finger schlossen sich um die Kordeln und ließen sie so baumeln, dass die Amulette nicht ihre Haut berührten.
»Geruchstarnung? Gute Idee - für dich.« Nervös errötete sie ein wenig und gab mir eines zurück. »Ich trage keines.«
»Ivy«, protestierte ich. Ich verstand einfach nicht, warum sie niemals einen meiner Zauber oder eines meiner Amulette annahm.
»Sie wissen nicht, wie ich rieche, und ich trage es nicht!«, sagte sie heftig, und ich hob in einer Geste der Kapitulation die Hand. Sofort glättete sich ihre Stirn, und sie fing an, in ihrer Tasche nach den Autoschlüsseln zu graben, die sie mir dann reichte. »Ich bin gleich zurück«, sagte sie. »Wenn ich in vier Minuten nicht wieder da bin, verschwindet.« Ich holte Luft, um zu widersprechen, und sie fügte hinzu: »Ich meine es ernst. Kommt und rettet mich, wenn es sein muss, aber plant es vorher und platzt nicht einfach mit wehenden Haaren und in Flip-Flops rein.«
Ich lächelte leicht. »Vier Minuten«, sagte ich, und sie ging.
Ich beobachtete sie im Seitenspiegel. Ihre Schultern waren hochgezogen, und sie hielt den Kopf gesenkt - und dann war sie weg.
»Ich habe ein blödes Gefühl bei der Sache«, erklärte ich.
»Was?«, fragte Nick leise. »Glaubst du, dass sie in eine Fal e läuft?«
Ich drehte mich zu ihm. »Nein. Ich fürchte, dass sie nicht verschwinden wird, bevor es vorbei ist.«
Sorge stieg in seine Augen; er war drauf und dran, etwas zu sagen, was ich nicht hören wol te. »Rachel -«
»Beim Wandel, bin ich hungrig. Ich hoffe, sie beeilt sich«, faselte ich.
»Rachel, bitte. Hör mir einfach zu?«
Ich schloss das Handschuhfach und lehnte mich im Sitz zurück. Dieses Gespräch würde stattfinden, egal, ob ich es wol te oder nicht. Ich schaute ihn seufzend an und sah, dass sein ausgezehrtes Gesicht entschlossen war.
»Ich wusste nicht, dass du am Leben bist«, erklärte er, und in seinen Augen stand Panik. »AI hat gesagt, er hätte dich.«
»Er hatte mich.«
»Und du bist nie an dein Handy gegangen. Ich habe angerufen. Gott weiß, dass ich angerufen habe.«
»Es liegt auf dem Grund des Ohio«, erklärte ich ausdruckslos und dachte, dass er ein echter Feigling war, weil er nicht in der Kirche angerufen hatte. Dann fragte ich mich, ob er es viel eicht getan hatte. Viel eicht hatte Ivy einfach aufgelegt.
»In der Zeitung stand, du wärst bei einer Bootsexplosion gestorben, nachdem du Kalamacks Leben gerettet hast.«
»Wäre ich fast.« Ich erinnerte mich daran, wie ich in Trents Limousine aus einer Ohnmacht aufgewacht war, in die ich gefal en war, nachdem ich seinen verdammten Elfenarsch aus dem eiskalten Wasser gezogen hatte.
Nick streckte eine geschwol ene Hand über die Mittelkonsole zwischen uns, und ich zog mich schnel zurück.
Er gab ein frustriertes Geräusch von sich, stützte einen El bogen am geschlossenen Fenster ab und schaute auf den neben uns geparkten Lastwagen. »Verdammt, Ray-ray, ich dachte, du wärst tot. Ich konnte nicht in Cincinnati bleiben.
Und jetzt, wo ich weiß, dass du lebst, darf ich dich nicht mal berühren. Hast du irgendeine Ahnung, wie sehr ich getrauert habe?«
Ich schluckte, weil die Erinnerung an die rote Rosenknospe in dem Einmachglas mit Schutzpentragramm in mir aufstieg.
Mein Hals schnürte sich zu. Warum musste das al es so verwirrend sein?
»Ich habe dich vermisst«, sagte er und schaute mich mit schmerzerfül ten braunen Augen an. »So hatte ich das nicht geplant.«
»Ich auch nicht«, sagte ich traurig. »Aber du hast mich verlassen, lange bevor du aus Cincinnati verschwunden bist.
Ich habe eine ganze Weile gebraucht, um darüber hinwegzukommen, dass du mich darüber
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