Band 4 - Blutpakt
ihrer Verzweiflung ergötzen konnte, wenn sie beschämt und gebrochen zu ihm kam. Aber diese Person war sie nicht. Nicht mehr. »Ich habe dir vertraut«, flüsterte ich. »Ich tue es immer noch.«
Ein Lastwagen näherte sich. Seine Scheinwerfer beleuchteten ihr Gesicht und brachten eine Tränenspur zum Aufblitzen. »Deswegen können wir das nicht tun, Rachel«, sagte sie, und ich fürchtete, dass sie immer noch unter Piscarys Einfluss stand.
Der Lieferwagen fuhr zu langsam an uns vorbei. Ein warnendes Gefühl ließ mich erstarren, und ich beobachtete das Auto, ohne es mir anmerken zu lassen. Die kalte Nachtluft roch nach Diesel. Der Truck bremste zu lang und bog dann viel zu zögerlich ab.
»Ja, ich habe es gesehen«, sagte Ivy, als mein Schuh über den Zement kratzte. »Wir sol ten zurück in unser Zimmer t>ehen. Peter wird bei Sonnenaufgang hier sein.«
Sie beendete die Unterhaltung, aber so einfach würde ich sie nicht davonkommen lassen. »Ivy«, begann ich, als ich aufstand und meine Tasche nahm. Ich wol te es noch mal versuchen. »Ich -«
Sie sprang auf die Füße und erschreckte mich so, dass ich verstummte. »Nicht«, sagte sie, und in der Straßenbeleuchtung wirkten ihre Augen schwarz. »Lass es einfach. Ich habe einen Fehler gemacht. Ich wil , dass al es wieder so wird, wie es war.« Aber ich nicht.
28
Als wir auf den Parkplatz des Motels einbogen, stand neben Nicks verbeultem Pickup ein unbekannter Wagen. Ich beobachtete, wie Ivys Augen al es absuchten, bevor sie einparkte. Es war ein schwarzer BMW mit dem Aufkleber einer Vermietungsfirma. Zumindest erschien er schwarz; bei der Straßenbeleuchtung war es schwer zu sagen. Ivy ließ den Motor laufen und starrte das Auto an. Ihre Miene verriet nichts. Ich machte mich daran, auszusteigen und ging davon aus, dass Walter seine Meinung geändert hatte.
»Warte«, sagte Ivy, und sofort verspannte ich mich.
Aus unserem Zimmer drang ein Lichtstrahl, als der Vorhang zur Seite gezogen wurde. Nicks langes Gesicht erschien kurz. Er ließ den Stoff wieder fal en, als er uns entdeckte. Ivy machte den Motor aus.
»Okay«, erklärte sie. »Jetzt kannst du aussteigen.«
Ich wäre so oder so ausgestiegen, selbst wenn es Walter gewesen wäre, aber ich war trotzdem erleichtert, als ich die Tür aufriss und mich aus dem Ledersitz schälte. Unser kurzes Gespräch auf der Bank hatte mich verunsichert. Ich hatte sie glauben lassen, dass sie nur Nein sagen musste und damit al es geklärt war, aber sie würde unseren Wortwechsel in ihrem Kopf während der nächsten Tage wieder und wieder abspielen. Und wenn der richtige Zeitpunkt kam, würde ich das Thema wieder aufgreifen. Viel eicht über einer Portion rotem Curry.
Ich holte unsere Tüten aus dem Kofferraum, und das leise Klappern darin vermischte sich mit dem Brummen unserer Motorrad-Eskorte, die uns auch zurück zum Motel verfolgt hatte. »Ich hasse Plastik«, sagte Ivy, nahm mir die Tüten ab und rol te sie eng zusammen, sodass nichts mehr klapperte.
Die Tür zu unserem Zimmer öffnete sich, und ich blinzelte ins Licht. Deswegen benutzt Ivy also immer Stofftaschen. Der Grund war nicht, dass sie umweltbewusst sein wol te, sondern, dass Stoff geräuschlos war.
Das Licht verschwand wieder, weil Nick aus der Tür glitt und sie hinter sich schloss. Die Straßengang-Werwölfe auf dem Parkplatz auf der anderen Straßenseite ließen die Motoren aufheulen, und ich winkte sarkastisch. Sie winkten nicht zurück, aber ich sah das Aufblitzen einer Feuerzeugflamme, als sich einer eine Zigarette anzündete.
Nick sah mehr als nur ein bisschen besorgt aus, als er zu uns kam. Seine Augen waren auf die Werwölfe gerichtet.
Seine ausgezehrte, schlaksige Gestalt war immer noch ein wenig vornübergebeugt, und er schonte seinen rechten Fuß.
»Deine Vampirfreunde sind hier«, sagte er und wandte den Blick von den Werwölfen, um kurz den schwarzen BMW zu mustern. »Sie sind sofort nach Sonnenuntergang in ein Kleinflugzeug gestiegen und von Chicago hergeflogen.«
Meine Augen schossen zur Motelzimmertür, und ich erstarrte. Super. Ich sah aus wie aufgewärmter Straßendreck.
»Was zur Höl e machen sie schon hier?«, fragte ich niemand bestimmten. »Sie sol ten erst kurz vor Sonnenaufgang kommen. Ich habe noch keinen meiner Zauber fertig.«
Ivy sah ebenfal s besorgt aus. »Anscheinend wol ten sie Zeit haben, es sich vor Sonnenaufgang bequem zu machen«, sagte sie, ließ nervös die Hände über ihre Hose gleiten und zog ihren Mantel
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