Band 4 - Blutpakt
er um seinen Pappbecher mit Kaffee geschlungen hatte, offensichtlich in dem Versuch, wenigstens ein bisschen Wärme daraus zu gewinnen, während wir auf dem bewegten Wasser herumgeworfen wurden. Er sah nervös aus. Ich wusste nicht so recht, warum, denn er hatte sich gestern im Übungspool wirklich gut gemacht. Ich tätschelte ihm das Knie, und er zuckte zusammen. Peinlich berührt wandte ich mich ab, um die anderen Passagiere zu beobachten - High-School-Schüler auf einer Exkursion.
Gestern hatten wir Schwein gehabt. Mein Anruf bei Marshals Mackinaw Wracks hatte uns einen Nachmittag Übung im High-School-Pool verschafft und einen Platz auf dem heutigen Boot. Ich hatte es immer noch nicht geschafft, mit Kapitän Marshal zu reden, und langsam wurde es Zeit.
Der Mann, der tagsüber als High-School-Schwimmlehrer arbeitete, war wirklich nett gewesen, als er gewissenhaft Jenks ins Wasser gelockt hatte, aber jedes Mal, wenn ich versucht hatte, mit ihm zu reden, hatte uns jemand unterbrochen, meistens seine Assistentin. Bevor ich verstanden hatte, was los war, war der Kurs vorbei und Marshal weg. Und ich hatte nicht mehr erreicht als einen guten Blick auf ihn in seiner Badehose und den Versuch eines Gesprächs, bei dem ich rot angelaufen war und gestammelt hatte, während ich versuchte, seine Aufmerksamkeit auf mich zu ziehen und mir seinen Beistand zu sichern. Der Kerl dachte wahrscheinlich, ich wäre ein exzentrischer Rotschopf. Ich wusste, dass seine Assistentin Debbie das dachte.
Heute war die erste Ausfahrt der Saison, an der traditionel das High-School-Tauchteam teilnahm, um herauszufinden, was die Stürme des letzten Winters so freigelegt hatten, bevor die Strömungen es wieder vergruben. Nächsten Freitag, wenn die Fudgies einfielen, wären al e echten Sachen längst katalogisiert und die Nägel und Knöpfe für die Touristen an Ort und Stel e. Ethisch vertretbar? Wusste ich nicht. Es wäre aber auf jeden Fal enttäuschend, so viel Geld auszugeben und dann nichts vorzeigen zu können; sogar eine Fälschung war wahrscheinlich besser als nichts.
Mit seinem jugendlichen Körperbau passte Jenks einwandfrei zu den anderen. Er sah gut aus in seinem geliehenen Tauchanzug und seiner roten Bauerntrampel-Strickmütze, die er tief über die Ohren gezogen hatte. Mit von der Kälte geröteten Wangen nippte er an seinem Kaffee, in dem so viel Zucker war, dass er schon fast stand. Gott, er sieht einfach nur zum Anbeißen aus, dachte ich, wurde dann rot und überschlug meine Beine, auch wenn es so um einiges schwieriger war, die Balance zu halten.
»Wil st du ein bisschen Kaffee in deinen Zucker, Jenks?«, fragte ich.
»Redest du mit Kapitän Badehose bevor oder erst nachdem wir im Wasser sind?«, schoss er zurück.
Dann erstarrte er, weil wir just in diesem Moment in ein Wel ental fielen. Ich schlug ihn kurz auf den Schenkel, auch, um meine eigene Panik ein wenig abzubauen. Diesmal zuckte er nicht zurück, und ich fühlte mich besser. Es machte mir nichts aus, dass er sich über mich amüsierte.
Während Jenks in sich hineinlachte, drehte ich mich zu Marshal um. Der Kapitän beobachtete mich aus dem Augenwinkel, seitdem wir an Bord gekommen waren. Im Gegensatz zu uns anderen in unseren Neoprenanzügen trug er nur eine schwarze Badehose und eine rote Windjacke. Er hatte Gänsehaut auf seinen nackten, wohlgeformten Beinen.
Offensichtlich fror er, war aber zu sehr Mann, um es zuzugeben. Ich stemmte mich gegen das Rol en der Wel en und öffnete den Mund, um seine Aufmerksamkeit auf mich zu ziehen, aber Debbie rief nach ihm und lenkte ihn wieder ab.
Verdammt noch mal. Ich sank auf meinem Sitz zusammen.
Was zur Höl e stimmte nicht mit mir?
Ich zwang mich, ruhig zu atmen, und wartete darauf, dass seine Assistentin ihm ihre ach so wichtige Frage stel te. Die Sonne glitzerte fröhlich auf dem Wasser, und ich ertappte mich dabei, wie ich darüber nachdachte, was für eine unmögliche Uhrzeit es war, um wach zu sein, gar nicht zu reden von unterwegs. Jenks ging es gut, nachdem er auch sonst lange vor Sonnenaufgang wach war, und ich konnte hören, wie er »Neun Uhr achtundvierzig, Neun Uhr achtundvierzig« murmelte, um seine innere Uhr umzustel en.
Das Brummen des Motors schläferte mich ein, trotz des Koffeins und des vorbereitenden Schläfchens, zu dem mich Jenks gestern gezwungen hatte.
Ich kämpfte gegen ein Gähnen an und richtete mich auf.
Meine Hand glitt zu meiner Hüfttasche, in der sich - sicher eingepackt in
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