Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bank, Zsuzsa

Bank, Zsuzsa

Titel: Bank, Zsuzsa Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die hellen Tage
Vom Netzwerk:
Zyklop könne sie ins Meer geworfen haben. Zwischen dem
Silbergrau der Felsen, den stummen Zeugen einer anderen Zeitrechnung, wo das
Wasser unsere nackten Füße umspülte, sah er Aja an, nicht länger als zwei
Sekunden, die für ein Klack-Klack in seinem Kopf reichten, das er seit einigen
Tagen schwächer hörte, zwei Sekunden, die mir genügten, um alles in seinem
Blick erkennen zu können, was Aja darin erkennen sollte, und in denen ich mich
fragte, warum wir so weit hatten fahren müssen, um das herauszufinden.
    Als das Meer die Sonne schluckte,
hüllten wir uns in Decken, und Karl schaute aufs Wasser, als müsse er es beobachten
und in Schach halten, als sei es ihm nicht geheuer, selbst dieses lauwarme
milde Meer, in dem wir nie hohe Wellen gesehen hatten. Es lag weit zurück, dass
sein Vater ihm eine Figur im Kampf mit zwei Meeresschlangen gezeigt hatte,
aber manchmal überfiel ihn am Strand das Bild eines wütenden, tosenden Meeres,
das wir an dieser Küste jedenfalls nirgends hatten finden können. Wenn sie
früher die heißesten Wochen des Jahres hier verbracht hatten und Karls Vater
mit ihm und Ben in die Museen nach Rom gefahren war, hatte er sie zu einer
Figurengruppe aus Marmor geführt, deren Namen sie sich nie hatten merken
können, Laokoon mit seinen Söhnen. Karl hatte uns erzählt, er und sein Bruder
hätten davor still gestanden, auch wenn sie sich sonst geprügelt, auf den Boden
geworfen und an den Wandteppichen gezerrt hätten, davor aber hätten sie still
gestanden und sich ausgemalt, wie sie selbst gegen Seeungeheuer kämpfen
würden. Seit wir in Rom waren, war Karl oft in die Museen gegangen und hatte
sich ins Gedächtnis gerufen, wie es damals gewesen war, Laokoon und seinen
Söhnen zuzusehen, die versuchten, sich den Schlangen zu entwinden, die
Poseidon geschickt hatte, und es sei ihm leichtgefallen, sich an alles zu
erinnern, hatte er gesagt, selbst an den Geruch des Staubs, wenn er mit Ben
davorgestanden hatte, sobald sie der Hitze des Tages hinter der Pforte
entkommen waren, in den Sommern, bevor Ben zu seinem Vater gezogen und Karl
bei seiner Mutter geblieben war.
    In der Dunkelheit zündete jemand
ein Feuer an, und als die Funken hochjagten, wusste ich, ich würde allein nach
Rom zurückfahren, schon am nächsten Morgen, ich würde nicht länger so tun, als
könne ich übersehen, was Aja und Karl vor mir zu verstecken suchten, als hätten
sie keinen Mut, solange ich bei ihnen war, als schämten sie sich vor mir. Das
Meer war matt und grau, als ich aufwachte. Es sah aus, als sei es weniger
geworden, als habe es sich zurückgezogen und von uns entfernt, als hätten wir
es mit unseren Versteckspielen, mit unseren Blicken und stummen Vorwürfen
verschreckt. Ich schlug meine Decke zurück und lief zum Wasser, um mein Gesicht
zu waschen, um Hände und Füße in die Wellen zu tauchen, solange Aja und Karl
noch schliefen, so wie sie oft nebeneinander geschlafen hatten und es mich nie
gestört hatte, weil mir nie in den Sinn gekommen wäre, zwischen uns könne sich
eines Tages etwas ändern. Aber jetzt war es anders, alles war plötzlich
anders, nicht nur das Meer, selbst das Licht an diesem Morgen, das schwefelgelb
über die Häuser und den Sand kroch. Später schwammen wir hinaus, mit Aja in der
Mitte, und als wir zurückschauten auf die Felsen, zwischen denen mir am Abend
zuvor die Farbe von Karls Augen aufgefallen war, als hätte ich nie zuvor
gesehen, dass sie aussah wie das Ostiameer im Winter, erschien mir plötzlich
alles fad, das Meer nur noch als ein Meer wie jedes andere, und wir unter
diesem Himmel nur drei Schwimmer, die zufällig zur selben Zeit ins Wasser
gesprungen waren.
    Ich würde den Zug nehmen, einen
dieser leeren, langsamen Züge, die selten fuhren, und weil das Wetter umschlug,
hatte ich einen Vorwand, und Aja und Karl versuchten nicht, mich zum Bleiben
zu überreden. Der Schmerz in meinem Kopf hatte das Unwetter angekündigt, und
ich beruhigte mich, indem ich mir sagte, er habe nichts mit Aja und Karl zu
tun, nur mit dem Wetter, den tiefhängenden Wolken, die sich gerade dunkelgrau
färbten und aus denen es bald heftig regnen würde. Ich legte meine Hände auf
die Stirn, an die Schläfen, hinter denen es hämmerte und pochte, und bevor
unser Haar, bevor unsere Badesachen getrocknet waren, brachten mich Aja und
Karl zum Bahnhof von Salerno, wo ein heißer Wind Abfälle über die Gleise blies,
der Himmel die Hitze einsperrte und uns schwer atmen ließ, als wolle er

Weitere Kostenlose Bücher