Bankgeheimnisse
Dunkeln. »Ja. Ja, ich weiß, was ich wissen wollte.« Sie zögerte.
»Johanna?«
»Verdammt, ja! Ich erzähl’s dir ja schon!«
Er hörte ihr schweigend zu, und auch, als sie geendet hatte, konnte er nichts sagen. Regungslos saß er im Bett, die Hände unter der Decke zu Fäusten geballt.
»Und? Was ist jetzt? Du sagst ja gar nichts.«
Er ließ sich rücklings wieder in die Kissen fallen, die Hände über die Augen gelegt. Durch die schäbige Gardine fiel schwach die Straßenbeleuchtung ins Zimmer und ließ seine hochgereckten Ellbogen als monströse Schatten an der gegenüberliegenden Wand erscheinen. Johanna drehte sich zu ihm um und berührte das Haar auf seiner Brust mit den Fingerspitzen. Sie legte ihr Gesicht an seine Schulter und kroch näher zu ihm, schlang ihr Bein um seine Knie und preßte sich an ihn. So heiß ihr vor wenigen Minuten noch gewesen war, jetzt fröstelte sie wieder. Die erbarmungslose Kälte war überall, und nur Fabio konnte sie vertreiben.
Er bewegte sich, bettete ihren Kopf in seine Armbeuge. Er sprach dicht an ihrem Ohr. Sein Atem blies gegen die feinen Härchen in ihrer Schläfe. »Vielleicht ist es besser, aus Frankfurt wegzugehen. Möglichst schnell.«
»Wohin?«
»Weit weg. Ins Ausland. Ich besorge uns neue Papiere, dir und mir. Ein Haus irgendwo. Vielleicht in den Abruzzen. Auf dem Land.«
»Die Abruzzen. Von dort stammt das Mobiliar im Forchetta. Das hast du mir mal erzählt.«
»Ja. Es ist schön da. Einsam, aber schön.«
»Du würdest es wirklich tun, oder?«
»Was tun?«
»Alles hier aufgeben und mit mir weggehen. Egal, wohin.«
»Ja«, sagte er einfach.
Sie legte ihre Hand in seinen Nacken und wickelte eine Locke um ihren Zeigefinger. »Ich glaube, ich würde gern mit dir leben. Aber nicht unbedingt in den Abruzzen. Ich bin ein Stadtmensch, genau wie du. Auf dem Land würde ich mir wie lebendig begraben vorkommen.«
»Wenn du hierbleibst, wirst du dir auch bald begraben vorkommen, aber nicht lebendig.«
»Fabio, du weißt, daß ich nicht einfach abhauen kann. Nicht so. Nicht, nachdem sie mir all das angetan haben. Wenn ich jetzt verschwinde, machen sie sofort da weiter, wo sie aufgehört haben. Sie spulen ihren Plan ab wie gehabt. Vielleicht ändern sie nicht mal den Namen der Stiftung. Sie waschen ihre schmutzigen Milliarden, und Wiking geht als erfolgreichster Privatbankier dieses Jahrhunderts in die Geschichte Frankfurts ein.«
Er schwieg eine Weile. Als er wieder sprach, klang seine Stimme beherrscht, wenn auch sein Ärger über ihren heutigen Leichtsinn noch spürbar war. »Warum haben sie diese ganze Stiftungssache angefangen? Wie funktioniert es?« Es war das erste Mal, daß er sich dafür interessierte. Bisher hatte er nur sämtliche Einzelheiten über die Leute wissen wollen, die dahintersteckten.
»Es ist die ideale Geldwäschemethode. Da ist einmal die strafrechtliche Seite. Niemand würde auf die Idee kommen, daß das Geld nicht sauber ist, trotz hoher Summen und dubioser Quelle. Es soll ja alles verschenkt werden. Und dann der Steuervorteil. Das in eine gemeinnützige Stiftung fließende Geld muß nicht versteuert werden. Keine Ertragssteuer, keine Einkommenssteuer, keine Körperschaftssteuer, keine Schenkungssteuer. Höchstens Grunderwerbsteuer und Grundsteuer, aber das steht hier nicht zur Debatte, weil es sich ja um Barvermögen handelt. Die Finanzbehörden interessieren sich nicht für dieses Geld. Die Bank kann in aller Ruhe darangehen, das Geld aus der Stiftung mit vollen Händen an Organisationen zu verteilen, die eigens zu diesem Zweck gegründet worden sind. Überwiegend sollten die Mittel als Forschungssubventionen deklariert werden. High-Tech, hochspezialisierte Wissenschaften, Dinge, die kein Beamter in irgendeiner Stiftungsaufsichtsbehörde auch nur ansatzweise nachprüfen kann. Mikrotechnik, Quantenmechanik, Astrophysik, Werkstofftechnik. Mein Gott, sie waren wirklich raffiniert!«
»Wieso hat es nicht geklappt, wenn es so raffiniert war?«
»Ein dummer Zufall. Ich hatte vor, ein paar der Firmen zu überprüfen, etwas, was ich sonst nie tue, weil das in die Verantwortung der Stiftungsaufsichtsbehörden fällt. Wahrscheinlich wäre ich bei der Überprüfung darauf gestoßen, daß verdächtig oft dieselben Gesellschafter im Handelsregister eingetragen sind. Oder darauf, daß unter den Wissenschaftlern dieser Unternehmen niemand zu finden ist, von dem die Fachwelt je gehört hätte, dafür aber eine Menge hochdotierter Nieten im
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