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Bankster

Bankster

Titel: Bankster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gudmundson
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Werkzeugsets im Sortiment seien, alles zum alten Kurs. Die Motorgalgen haben meine Fantasie geweckt und sie bis in die anschließenden Nachrichten hinein wachgehalten. Dort wurde berichtet, dass die heutige Demonstration auf dem Austurvöllur aufgrund der Weihnachtsvorbereitungen der Bevölkerung eher schlecht besucht war, trotzdem wurden einige Interviews mit aufgebrachten Demonstranten gesendet. Ich dachte mir, dass nicht viele Bürger in einem solchen Gemütszustand vonnöten sind, um in einem Land mit Motorgalgen zum alten Kurs im Sortiment Hinrichtungen zu organisieren – industrialisierte Hinrichtungen wären auf die Bedürfnisse eines Publikums mitten in den Weihnachtsvorbereitungen zugeschnitten.

22.12. – Montag

    Anfang des Monats hatten wir abgemacht, dass wir Heiligabend in Hafnarfjörður verbringen würden, so wie immer in den letzten fünf Jahren, in denen ich nicht mehr in den Westen gefahren bin. Ich hatte riesige Lust, sie zu fragen, ob es ihr nicht auch recht wäre, diesmal zu meinen Eltern zu fahren, nur dieses eine Mal, das Konzept friedliche Weihnacht bekäme in Hafnarfjörður nun sicher eine ganz neue Bedeutung, ich würde es aber natürlich vollkommen verstehen, wenn sie lieber bei ihren Eltern sein wolle, die Zeiten seien einfach so – aber ich konnte es nicht. Harpa würde mich sicher verstehen, aber ich befürchtete, dass sie denken könnte, dass ich sie verlasse, wenn ich dann allein in den Westen führe – selbst voller Zweifel, ob ich nach Weihnachten zurückkommen würde.
    Später
    Wir haben einen ganzen Stapel Weihnachtskarten bekommen. Harpa hat sie gewissenhaft aufs Flurregal gestellt. Auf einigen sind Kinder zu sehen, sieben sind schwarz-weiß mit einem oder mehreren Kindern darauf, und auf einer ist ein Brautpaar in einem sommerlichen Garten. Heute habe ich wieder die alljährliche ganz private Karte bekommen, vom Herrenausstatter Sævar Karl, und damit ich sie so oft wie möglich sehe, habe ich sie unter Hasselhoff an den Kühlschrank geklemmt. Jetzt hält der lächelnd und nackt seine orangefarbene Rettungsboje und jene Karte, die mich schon in den letzten Jahren immer daran erinnert hat, ein besonderes Weihnachtshemd und eine Krawatte zu kaufen.

23.12. – Dienstag

    Unwetter am Tag des heiligen Þorlákur.
    Doch obwohl das Wetter so schlecht war, saß ich versunken am Wohnzimmerfenster, nachdem Harpa gegangen war. Schlechtes Wetter kann schön sein, gutes hingegen ist das nur selten. Schönes Wetter macht nur alles andere schön, ist selbst aber unsichtbar, wohingegen schlechtes Wetter auch aus sich heraus schön sein kann, insbesondere Wetter, das so verrückt aus dem Südosten kommt, dass es die Reykjavíker Nordfenster nass macht, ein solches Wetter aus dem dritten und obersten Stockwerk zu sehen, ist schön, und es ist absolut möglich, darin zu versinken.
    Schwiepa hat heute zum traditionellen Rochenessen eingeladen. Diese »Lausbubenpartys« haben mir immer viel Spaß gemacht, das will ich gar nicht leugnen – aber ich bin vorhin nicht hingefahren, wollte mir keine Geschichten anhören und den anderen erzählen, dass ich mich irgendwann einmal mit ihnen auf eine Gans stürzen müsse, natürlich erst nachdem ich einen Waffenschein gemacht und mir eine Jagderlaubnis besorgt habe – obwohl ich schon jetzt mit der Schrotflinte umgehen kann und weiß, was man schießen darf und was nicht – dass ich ganz absolutely irgendwann einmal mit ihnen auf Rentierjagd gehen und durchs Fernglas das Herz unterm Fell schlagen sehen wolle, dass ich Teil ihrer gewaltigen Geschichten werden müsse.
    Als Harpa vorhin fragte, ob sie mich nicht eben »in die Garage bringen« solle, empfand ich mich nicht als glaubwürdigen Gast, das sagte ich ihr, sagte, dass ich ein unglaubwürdiger Gast sei, ein Spaßverderber, der nicht wichtig, dem nichts wichtig sei. Ich meine, das sind Männer, die etwas geleistet haben. Sie haben etwas gelernt, ohne Vaterzeit eine Familie gegründet und ein Haus gebaut, Gemüse angepflanzt und trotzdem einen ganzen Arbeitstag gestemmt und sich Hobbys gesucht, bei denen sie nebenbei fürs Essen jagen gehen und die Tiefkühltruhe füllen. Sogar Wale haben sie mit Schrotflinte oder Gewehr gejagt, wenn nicht mit bloßen Händen, wie sie manchmal prahlen, und über ihre Frauen reden sie immer positiv. Das sind Männer, die in einer Höhle geboren sein mussten – oder besser: die wie Tropfsteine in einer Höhle gewachsen und in die Siedlungen gekrabbelt sein mussten,

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