Bann der Ewigkeit: Roman (German Edition)
Ehrgefühl. Nicht, wenn seine Existenz auf dem Spiel steht.
Callias Gedanken schweiften zu Zander, zu ihrer gemeinsamen Zeit, seinem Geständnis heute, in dieser Kolonie, seiner Unsterblichkeit und seiner Eröffnung, sie wäre sein Leben.
Ein zynisches Grinsen trat auf Atalantas Züge, das Callia gleichermaßen verspottete wie provozierte. Ja, Eirene, du weißt, dass ich die Wahrheit sage. Er braucht dich nur zum Leben. Und er und die anderen werden dich weiterhin unterdrücken, so lange sie irgend können.
Nein, es konnte nicht wahr sein.
Deine Helden laufen in eine Falle. Meine Dämonen erwarten sie. Ihre Stimme wurde zu einem Zischen. Und sie werden abgeschlachtet werden. Jeder Einzelne von ihnen.
Callia schluckte. »Zander kann nicht getötet werden.«
Aber er kann verwundet werden. Und meine Dämonen werden es sehr genießen, ihn zu foltern, bis du an Altersschwäche stirbst.
Angst bohrte sich in Callias Herz.
Ich wäre natürlich gewillt, einen Handel zu vereinbaren.
Atalanta wies nach rechts, und da sah Callia den Jungen. Er lehnte an einer Wand, den Kopf schlafend zur Seite geneigt, die Hände auf dem Rücken gefesselt und seine Beine vor sich ausgestreckt. Und jener Teil in ihr, von dem Callia glaubte, dass er schon vor langer Zeit gebrochen wurde, erwachte brüllend zu neuem Leben. Der Junge war eine Miniaturversion von Zander mit blondem Haar, Bronzeteint und einem Gesicht, das von Engeln geküsst schien.
Ich bin bereit, den jungen Maximus zu verschonen, im Austausch gegen etwas von weit größerem Wert.
Im Tonfall der Halbgöttin schwang eine freudige Erregung mit, die Callia misstrauisch machte. Sie sah wieder zu Atalanta. »Du willst das Siegel.«
Nicht bloß das Siegel, Eirene. Dich will ich auch.
Eine warnende Stimme in Callias Kopf schrie Nein! , doch die in ihrem Herzen sagte ihr, dass sie keine andere Wahl hatte. Sie würde alles für ihren Sohn tun, auch ihr Leben opfern, um seines zu retten. Und Zander …
Sie durfte Zander und die anderen nicht in eine Falle tappen lassen. Nicht, wenn sie es irgend verhindern konnte. Und nicht, solange sie in ihrem Herzen wusste, dass Zander sie liebte. Er hatte sie nicht hiergelassen, weil sie seine Schwäche war, wie Atalanta behauptete, sondern damit sie in Sicherheit war.
»Woher weiß ich, dass du Wort hältst?«
Ich gebe es dir als Heroin, als Frau und als Mutter. Komm schon, Eirene, du musst doch gewahr sein, dass ich, sobald ich dich und das Krónossiegel habe, die anderen nicht mehr benötige.
Ja, klar, als wäre Callia so blöd, ihr das zu glauben! »Und was ist mit meinen Schwestern?«
Die Erwählten scheren mich nicht. Dies ist zwischen dir und mir. Sie hören nichts von unserer Unterhaltung. Atalanta neigte den Kopf. Sag, Eirene, was wärst du gewillt, für das Gleichgewicht in dieser und der nächsten Welt zu opfern?
Callia blickte zu Casey und Isadora, die beide nicht bemerkten, was sich unmittelbar vor ihnen abspielte. Ihr Leben lang hatte Callia dagesessen und nichts getan, während andere Entscheidungen für sie fällten. Und was hatte es ihr genützt? Diejenigen, die sie liebte, wurden ihretwegen verletzt. Nun verstand sie auch, warum, und bekam die Chance, etwas zu ändern.
Sie glaubte nicht, dass Atalanta Wort halten würde, und erst recht wäre sie nicht so dumm, der Halbgöttin das Siegel auszuhändigen. Aber wenn sie von der Kolonie wegkommen und herausfinden könnte, wo Atalanta ihren Sohn festhielt, konnte sie vielleicht Zander verständigen, damit er und die anderen zu dem Jungen gelangten, ehe es zu spät war. Atalanta brauchte nur eine Blutsverwandte der Horen, und Callia würde sich mit Freuden gegen ihren Sohn eintauschen. Die Halbgöttin würde sie nicht töten, wenn sie Callia wirklich brauchte, was bedeutete, dass auch Zander sicher wäre.
Sie sah zu dem Satellitentelefon, das beinahe in Reichweite lag. Nick hatte es ihnen für Notfälle hiergelassen, und kaum fielen ihr die Anweisungen des Halbblutführers wieder ein, hatte sie die Lösung. Tat sie nichts, waren Zander und die anderen verloren. Ging sie auf den Handel ein, wäre nur ihr Leben verwirkt.
Was wiederum passend war, bedachte man, dass ihr Leben sie alle erst so weit gebracht hatte, nicht?
Sie konzentrierte sich wieder auf Atalanta. »Sag mir, wo ich dich finde.«
Simon saß in einem Ohrensessel im strengen Wohnzimmer des Hauses, das er gemeinsam mit seiner Tochter bewohnte. Auf dem Schoß hielt er ein Skizzenbuch von seiner verstorbenen Frau.
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