Bann der Ewigkeit: Roman (German Edition)
Und solange es am Leben ist, wird Callia sich nicht an ihn binden. Das aber, fürchte ich, ist das Einzige, was mein Sohn will.« Lucians Schultern sackten merklich ein. »Er glaubt, dass er sie verdient. Seiner Ansicht nach hat er einen rechtmäßigen Anspruch auf sie.«
Vierhundert Jahre. Die meiste Zeit hatte Simon sich dem Status quo gefügt. Er hatte die Sitten und Gesetze nicht infrage gestellt, von denen der Rat behauptete, sie kämen ihrer Welt zugute, weil sie ihn nicht betrafen. Und nachdem er zum Ratsmitglied wurde, hatte er sein Empfinden für Richtig und Falsch zugunsten der Politik unterdrückt. Seine Frau hatte ihn mehr als einmal wegen der Gesetze zur Rede gestellt, ihm gesagt, dass Fortschritt und Leben durch die Gynaíkes in ihrem Land erblühen würden, nicht durch dessen Anführer. Aber er hatte nicht zugehört, hatte ihre Vorschläge und Ideen schroff abgetan, zumal die meisten ihrer Ideen der Zeit entsprangen, in der sie dem König gedient hatte. Sie hatten viel gestritten, und letztlich war die Distanz zwischen ihnen so unüberbrückbar geworden, dass sie in die Arme eines anderen getrieben wurde.
Er war verletzt gewesen, hatte sich betrogen gefühlt, sie jedoch nach der Reinigungszeremonie wieder zu sich genommen. Danach war ihre Beziehung nie mehr dieselbe gewesen. Das Kind, das sie gebar, war zu Simons Lebensinhalt geworden. Er zog Callia auf, formte und beschützte sie, weil er überzeugt war, dass sie dem Gesetz nach seine Tochter war, die er verdiente.
Schweiß rann ihm vom Nacken über den Rücken. »Glaubst du, er bietet Atalanta einen neuen Handel an? Das Kind zu töten? Was könnte er ihr im Gegenzug geben?«
Lucians Miene wirkte durch und durch unglücklich. »Die Argonauten und die Halbblute. Falls die Argonauten zur Kolonie gingen und Loukas ihnen gefolgt ist …«
»Gütige Götter!«
»Genau.«
Simon sah ihn skeptisch an. »Warum kümmert es dich? Seit wann sorgst du dich um Halbblute oder Argonauten?«
»Tue ich nicht. Aber deren Tod ist keine Lösung. Vergiss nicht, dass mein Neffe ein Argonaut ist. Und auch wenn ich dem nicht zustimme, was die Ewigen Wächter tun, will ich weder Gryphons noch das Blut der anderen an meinen Händen.«
Sie mussten umgehend handeln, dachte Simon, und ein Teil von ihm hoffte beinahe, dass sich ihm die Chance zur Wiedergutmachung bot. »Wir müssen Loukas suchen und ihn aufhalten.«
»Orpheus erwartet uns am Portal. Er weiß, wo die Halbblutkolonie ist. Wenn wir sofort aufbrechen, könnten wir dort sein, bevor es zu spät ist.«
Zweiundzwanzigstes Kapitel
Callias Herz raste, als sie aus dem verborgenen Tunnel kam, der zu den Höhlen der Kolonie führte. Eisige Luft blies über ihre Wangen, während sie ihre Handschuhe überstreifte. Der fast volle Mond erhellte die Lichtung und den Wald dahinter hinreichend, dass sie den Pfad nach Silver Hills ausmachen konnte, wo sie hoffte, irgendein Transportmittel zu finden.
Sie war gegangen, als Isadora und Casey schliefen. Beide waren erschöpft und enttäuscht vom erfolglosen »Versuch« mit dem Siegel gewesen, wohingegen Callias Nerven blanklagen, bis ihre Halbschwestern endlich einnickten.
In ihrer Tasche hielt sie das Satellitentelefon umklammert. Sobald sie sich der Stadt näherte, würde sie Zander anrufen und ihr Signal von ihm orten lassen. Er wäre gewiss nicht erfreut, aber auf die Weise konnte er ihr folgen. Und sie war absolut sicher, dass Atalanta sie nicht umbringen würde. Nicht wenn Zander ihren Sohn fand, bevor die Halbgöttin entschied, dass sie keine Verwendung mehr für Callia und Maximus hatte.
Maximus. Max. Ihr wurde ganz warm ums Herz, weil sie nun seinen Namen und sein Aussehen kannte, und sie fühlte eine neue Entschlossenheit. Wieder blickte sie auf ihren Kompass und stapfte in Richtung Bäume.
Zehn Schritte weit kam sie, da schoss aus dem Nichts ein Arm hervor und bog sich um ihren Hals. Sie fuhr zusammen, wollte schreien, doch eine Hand klatschte ihr auf den Mund und verhinderte, dass sie auch nur den kleinsten Laut machte. Dann legte sich ein starker Arm um ihre Taille und riss sie nach hinten gegen einen harten Körper.
Angst schnürte ihr die Kehle zu. Sie versuchte, sich zu wehren, aber es war zwecklos.
»Du hast mich warten lassen, Syzygos «, hauchte eine Stimme in ihr Ohr, die Callia auf Anhieb erkannte. »Ich sagte dir doch, dass du mich nicht warten lassen sollst.«
Syzygos . Weib.
Ihr Herz schlug noch schneller. Loukas war hier? Was in aller Welt hatte
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