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Bannkrieger

Bannkrieger

Titel: Bannkrieger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Frenz
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Hand auf ihre Schulter gelegt, einfach nur ihre Gegenwart genießen konnte, ihren Geruch und die angenehme Wärme, die ihre weiche Haut ausstrahlte. Er bemerkte erst, dass sie längst wach lag, als sie plötzlich grundlos erschauerte.
    »Was hast du?«, fragte er und gab ihr einen sanften Kuss in die Halsbeuge, doch das beruhigte sie nicht.
    »Was, wenn wir Schuld an allem haben?«, fragte sie unvermittelt. »Hast du dich das jemals gefragt?«
    »Schuld an was?«, wollte er wissen.
    Sie krauste den Nasenrücken, wie immer, wenn sie ungehalten wurde. »An dem, was derzeit geschieht. Du weißt schon – der verschwundene Ring und alles andere. Was ist, wenn das, was wir tun, daran schuld ist? Schließlich heißt es, die Jadeträgerin müsste …«
    Sie brach ab und verbarg ihr Gesicht an seiner nackten Schulter.
    Lächelnd strich er mit einer Hand durch ihr von der Nacht zerzaustes Haar. »Keine Sorge«, beruhigte er sie. »Die Unschuld, um die es in deinem Amt geht, ist keine körperliche, sondern die des Herzens.«
    Das war noch nicht einmal gelogen. Obwohl die Unschuld der Jadeträgerin genau genommen auf Unwissenheit beruhte, aber ihr dies zu erläutern, hätte für Nispe einen langen, schmerzvollen Tod nach sich gezogen, deshalb behielt er diesen Teil der Wahrheit wohlweislich für sich.
    Mea wandte den Kopf. »Bist du dir da ganz sicher?«
    »Absolut sicher!« Nispe sah ihr tief in die Augen.
    Normalerweise wischte das all ihre Ängste beiseite, doch aus irgendeinem Grund begann sie erneut zu zittern. »Aber was ist …?«
    Ein Klopfen unterbrach sie mitten im Satz. Selten zuvor war Nispe dankbarer über solch eine Störung gewesen.
    »Was ist?«, rief er laut, obwohl das gegen alle Abmachungen verstieß. Offiziell nächtigte die Jadeträgerin allein in ihrer Kammer, obwohl jeder in diesem Trakt wusste, wie es wirklich um ihre Jungfräulichkeit bestellt war.
    Doch Nispe hatte den typischen Rhythmus des Klopfens erkannt und wusste deshalb genau, wer vor der Tür stand.
    »Der Kronrat tagt!«, rief Yako von draußen. »Die Anwesenheit der Jadeträgerin ist dringend erwünscht.«
    Erwünscht . Das war auch so ein Ausdruck, der eigentlich für ein ganz anderes Wort stand. In diesem Fall bedeutete erwünscht , dass Mea sich eiligst aus den Federn zu erheben und im Thronsaal einzufinden hatte, weil man es ihr befahl .
    Nispe setzte bereits zu einer geharnischten Antwort an, doch Mea hinderte ihn daran, indem sie ihm einen Zeigefinger sanft auf die Lippen presste.
    »Erwartet mich am Becken!«, rief sie ihrer Leibwächterin zu. »Ich bin gleich bei dir!«

Im Rabenforst
     
    »Ein Barde!« Bornus wollte sich gar nicht wieder einkriegen. »Er hat einen Barden erwürgt!« Aufgebracht ging er auf und ab und schüttelte dabei immer wieder den kahl geschorenen Schädel. »Das ist nicht gut. Überhaupt nicht gut.«
    Abrupt blieb er stehen, direkt in einer Blutlache, die eine zusammengekrümmt am Boden liegende Frau umgab. »Ein toter Barde ist ein schlechtes Omen, das wirst du noch sehen.«
    Eine barmherzige Seele hatte die Gewürzhändlerin mit einem sauberen Stich ins Herz getötet. Dagegen war nichts zu sagen, schließlich hatte niemand von ihnen vor, weibliche Gewänder zu tragen.
    »Vielleicht ist er hier schon irgendwo!« Misstrauisch sah Bornus zu den Baumkronen empor. »Es heißt, er käme mit dem Wind, der die Blätter zum Rauschen bringt.«
    »In Tarba vielleicht.« Alvin spuckte zur Seite hin aus. »Bei uns heißt es, er reist auf den Klängen, die er mit der Laute spielt. Wir werden bald wissen, was davon der Wahrheit entspricht.«
    »Verflucht, es geht schon los!« Bornus sah angeekelt auf seine blutbefleckten Stiefel hinab. »Das Pech klebt uns bereits an den Hacken.«
    Unter den übrigen Iskandern herrschte ebenfalls erhebliche Unruhe. Statt zu plündern und ihren Sieg zu feiern, standen sie in großen und kleinen Gruppen beisammen und sprachen aufgeregt miteinander.
    Die Flickengestalt, der sie ihr ganzes Unglück zu verdanken hatten, rührte sich indessen nicht von der Stelle, an der Kelwin mit eingedrücktem Kehlkopf am Boden lag. Schweigend beobachtete Zerbe, wie sich die Stimmung gegen ihn kehrte. Alvin verwunderte es, dass der Urkrieger keine Ansprache hielt, um die Ängste der Männer zu zerstreuen und seine wankende Macht zu festigen. Die starken Arme, mit denen er einen Menschen anzuheben und zu erwürgen vermochte, hingen schlaff an seinem Körper herab. Bei genauerem Hinsehen glaubte Alvin sogar ein

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