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Bannkrieger

Bannkrieger

Titel: Bannkrieger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Frenz
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Zuversicht, die der Großmeister ausstrahlte, wollte sich nicht auf Dagomar übertragen. Mit der Andeutung eines Lächelns auf den Lippen, das die Augen nicht erreichte, entließ er die Priesterschaft mit den Worten: »Zieht Euch zurück, um einen stärkeren Schutzzauber zu beschwören. Ich lasse derweil Truppen zusammenziehen, die dem iskandischen Heer den Weg nach Greifenstein versperren.«
     
    Nach einigen abschließenden Höflichkeitsfloskeln kehrte Ruppel in die Mitte seiner Getreuen zurück. Gemeinsam verließen sie den Thronsaal. Mea und Yako wichen dabei nicht von seiner Seite. Obwohl ihr viele Fragen auf der Zunge lagen, wagte die Jadeträgerin nicht das Wort an den Großmeister zu richten. Sein Gesicht war zu einer Maske wie aus Stein geworden. Bis sie den Priestertrakt erreichten, sprach niemand ein Wort, doch sobald sich die schwere Eichentür des Versammlungsraums hinter ihnen geschlossen hatte, brach sich der in Ruppel aufgestaute Unmut Bahn.
    »Dieser arrogante Bastard soll mich noch kennenlernen!«, schrie der Großmeister so laut, dass außer Yako alle zusammenzuckten. »Verschafft sich mit unseren Bannzaubern das Wohlwollen des Volkes und möchte den Aufstand der Iskander jetzt dazu nutzen, uns zu entmachten!«
    Wütend stampfte Ruppel auf eine Anrichte zu, auf der einige Erfrischungen bereitstanden. Ohne sich lange mit dem Einschenken in einen Becher aufzuhalten, führte er einen der Krüge direkt an die Lippen und stürzte dessen Inhalt so hastig hinunter, dass ihm dunkelrote Weinströme über Wangen und Kinn rannen.
    Schnaubend wischte er sich mit dem Handrücken übers Gesicht, während sein flackernder Blick nach einer ganz bestimmten Person Ausschau hielt. »Nispe!«, brüllte er, weil er den Magnus, der sich wohlweislich hinter einigen Jademeistern verbarg, nicht schnell genug ausmachen konnte. »Wo steckt der Nichtsnutz, wenn ich ihn brauche?«
    Nispe sah Hilfe suchend in Meas Richtung, doch sie deutete mit einem leichten Schulterzucken an, dass sie diesmal nichts für ihn tun konnte. Leise seufzend ergab er sich seinem Schicksal und drückte sogar den gekrümmten Rücken durch, bevor er an den Jademeistern vorbeidrängte und vor den Großmeister trat.
    Nach seinem lautstarken Wutausbruch hatte Ruppel seine Fassung einigermaßen zurückgewonnen. »Nispe«, sprach er den Magnus gefährlich leise an. »Falls sich die Iskander oder die finsteren Mächte, denen sie dienen, unsere Schattenjade wirklich zunutze machen, kommen harte Zeiten auf uns zu. Um die Jadepriesterschaft gegen das Schlimmste zu wappnen, musst du noch einmal ganz genau erzählen, was im Schimmerwald vorgefallen ist.«

24
     

Unter der Knute
     
    Der Platz, an dem einst das Dorf gestanden hatte, war nicht schwer zu finden. Sie brauchten nur dem Gestank zu folgen, der die Luft erfüllte.
    Selbst ohne den Magnus an ihrer Seite hätten die Gardisten gewusst, dass um sie herum die dunkelste aller Magien wirkte. Der abgestorbene Wald, durch den sie ritten, hatte seinen sprichwörtlichen Schimmer verloren. Alle Bäume und Sträucher waren schwarz verdorrt, und obwohl die Sonne hoch am Himmel stand, wurde der Atem vor ihren Mündern zu weißen Fahnen.
    Die Pferde bewegten sich nur widerwillig über den staubigen Pfad, der sich wie ein graues Band durch das tote Gehölz wand. Auch die meisten Männer wären gern auf der Stelle umgekehrt, doch die Befehle ihres Königs waren eindeutig: Sie sollten das Dorf aufsuchen, in dem die Jadeträgerin Unterschlupf gefunden und ihren Ring verloren hatte.
    Ulfgar, ein hagerer Magnus mit deutlich hervortretenden Gesichtslinien, der längst an der Schwelle zum Jademeister stand, sah vergeblich auf den Ring an seiner rechten Hand. Dennoch erhellte ein stolzes Funkeln seine tief in den Höhlen ruhenden Augen, denn es war das erste Mal, dass er diesen mächtigen Jadering des fagonischen Tempels tragen durfte. Doch auch seine regelmäßigen Blicke änderten nichts daran, dass auf der gewölbten Oberfläche des eingefassten Jadesteins nur ein milchigweißer Schleier zu sehen war. Sein Bannspruch, mit dem er nach der verlorenen Schattenjade suchte, zeigte nicht die geringste Wirkung.
    Ulfgar bemerkte zuerst nicht den grellen Lichtschein, der zwischen den Bäumen aufgleißte. Erst die überraschten Rufe einiger Gardisten ließen ihn aufblicken. Sein knochiger Kopf, der einem mit Pergament bespannten Totenschädel glich, ruckte verwirrt umher.
    »Was ist?«, fragte er, denn inzwischen war nichts mehr zu

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