Bannkrieger
des Königs über ihren Köpfen. »Er darf nicht entkommen!«
Alle Gesichter wandten sich dem tobenden Dagomar zu, alle, außer Rorns, der sich umsah. Er entdeckte die an einer steinernen Tränke angebundenen Pferde seiner Eskorte und dann das offene Burgtor. Das Fallgitter war hochgezogen.
Dass Grimmschnitter gänzlich erloschen war, war sicherlich ein Fingerzeig und kein Zufall. Im Schutz der immer tiefer werdenden Dunkelheit rannte Rorn auf das ihm am nächsten stehende Pferd zu, löste dessen Zügel von einem in die Burgmauer eingelassen Eisenring und schwang sich in den Sattel.
Rorns weiter Mantel kaschierte seine Formen, und der tobende König deutete in die falsche Richtung, was zusätzliche Verwirrung stiftete. Erst der einsetzende Hufschlag alarmierte die Torposten. Ihre Hellebarden weit vorgestreckt, sprangen sie Rorn in den Weg, während sich ein Dritter an der Verriegelung des Fallgitters zu schaffen machte. Rorn trieb sein Pferd mit harten Hackenschlägen an und versuchte die Gegner über den Haufen zu reiten. Doch die beiden Gardisten kannten kein Mitleid mit dem Tier und empfingen es mit den Spitzen ihrer zu beilförmigen Schneiden auslaufenden Distanzwaffen.
Obwohl sie die Stangenenden gegen das Pflaster stemmten, wurden sie zurückgeschleudert, als sich der Stahl in den Pferdeleib bohrte. Schrilles Wiehern erfüllte die Luft. Von unsäglichen Schmerzen gepeinigt, stieg der Wallach auf die Hinterläufe.
Rorn rutschte aus dem Sattel, noch während das Tier steilte.
Der Gardist, der gerade die Winde bedienen wollte, war der Erste, der Grimmschnitter zu spüren bekam. Ein Hieb in den Oberarm und ein Tritt zwischen die Beine raubten ihm für längere Zeit alle Kampfeslust. Die Hellebarden der anderen beiden wurden ihren Händen entrissen und mitgeschleift, als der verletzte Wallach in den Hof zurückgaloppierte, darum zogen sie ihre Schwerter.
Rorn hatte trotzdem leichtes Spiel mit ihnen.
In dem von einer einzelnen Fackel notdürftig beleuchteten Durchgang prallten die drei Kämpfer hart aufeinander. Grimmschnitter pfiff so schnell durch die Luft, dass die Gardisten ihre Klingen nicht rasch genug zur Abwehr in die Höhe bekamen.
Umherspritzendes Blut sprenkelte die Wände bis hinauf zum Torbogen. Einer der Soldaten stürzte zu Boden, während der andere, eine Hand auf seine pulsierende Wunde gepresst, davonstolperte.
Der Innenhof hatte sich mittlerweile in ein Fackelmeer verwandelt, und auch auf den Wehrgängen war man auf das Scharmützel aufmerksam geworden. Die allgemeine Erstarrung, die durch die Verfinsterung der Sonne ausgelöst worden war, begann sich zu lösen.
Rorn sprang zu der Falltorwinde, zerrte den letzten Riegel aus der Arretierung, und sofort rasselten die Ketten ungebremst durch ihre Führungen.
Die Winde wickelte sich ab. Weitaus schneller, als Rorn erwartet hatte, doch für eine Umkehr war es zu spät. Die Kurbel wirbelte so schnell herum, dass es einem Mann, der noch hineingegriffen hätte, unweigerlich die Hand zerschmettert hätte.
Fluchend rannte Rorn zum Burgtor. Aufrecht war es nicht mehr passierbar, deshalb warf er sich quer davor und rollte unter den scharfen Spitzen hindurch, die ihm so nahe kamen, dass sie noch an seinem Mantel zupften. Rorn spürte einen unangenehmen Luftzug im Gesicht, als sie krachend in den Bodenvertiefungen landeten.
Das war gerade noch mal gut gegangen.
Mit klopfendem Herzen setzte er seine Flucht fort und rannte, von einigen neben ihm auf dem Pflaster zerschellenden Pfeilen begleitet, in die Dunkelheit der Oberstadt hinein.
Kurz zuvor, in der Wolfsgrube
Dem stark behaarten Hünen erging es wie vielen anderen Kerlen seiner Statur: Da er nur selten im Kampf unterlag, war er es nicht gewohnt, Schmerzen zu erleiden. Kaum dass ihm Alvin das Nasenbein gebrochen hatte, fing er auch schon an zu wimmern und nach dem Grund dieser harten Behandlung zu fragen. Statt mit einer Antwort bedachte ihn der Bleichhäutige mit ein paar weiteren Schlägen in den Magen.
Nachdem er seine Wut lange genug an dem Wirt ausgelassen hatte, packte er dessen speckige Lederweste am Kragen und verdrehte sie mit beiden Händen so stark, dass der ohnehin dicke Hals seines Opfers noch weiter anschwoll.
»Deine Schenke hat einen hundsmiserablen Ruf!«, beschied Alvin dem Mann, der sich Dabu nannte. »Sollte ich herausbekommen, dass meine Schwester gegen ihren Willen für dich arbeitet, wirst du schon bald um einen schnellen Tod betteln.«
Die schlechte Laune,
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