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Bannkrieger

Bannkrieger

Titel: Bannkrieger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Frenz
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lächelnd blickte er dem näher walzenden Hünen entgegen und sagte gelassen: »Unke musste also einen Greifensteiner zum Wirt machen, um den Stadtvogt zu überlisten, das habe ich richtig verstanden, ja?«
    »Allerdings!«, schnaufte Dabu. »Und wenn ihr Hungerleider glaubt …«
    Statt seine Zeit damit zu verschwenden, haltlosen Drohungen zu lauschen, sah Alvin zu Bornus hinüber, aber es war gar nicht nötig, dem Waffenbruder einen stummen Wink zu geben. Bornus hatte bereits seinen schmalen Dolch gezogen und glitt lautlos von hinten an den Schankwirt heran.
    Draußen hatte sich der Himmel so stark zugezogen, dass sie alle nur noch dunkle Schemen in einem sich immer weiter verfinsternden Zwielicht waren, trotzdem verfing sich von irgendwo ein Lichtstrahl auf der mit großer Kraft nach vorn gestoßenen Klinge. Mit einem dumpfen Laut fuhr der flirrende Stahl in den Rücken des Hünen, genau unterhalb des linken Schulterblatts, sodass die Spitze von hinten ins Herz drang.
    Wie vom Blitz getroffen, erstarrte Dabu mitten in der Bewegung. Er versuchte noch etwas zu sagen, brachte aber nur ein feuchtes Gurgeln zustande, bevor er krachend aufs Gesicht fiel.
    Unke sah mitleidig auf den Toten hinab. »War das wirklich nötig?«, maulte sie. »Er hat mir stets treu gedient.«
    »Er war ein Greifensteiner«, antwortete Bornus an Alvins Stelle. »Du weißt, was das in einem Krieg wie diesem bedeutet.«
    Unke nickte. Sie wusste natürlich, dass er richtig gehandelt hatte. Denn eins stand fest: Wenn sie gegen Dagomar und seine Jadepriester bestehen wollten, durften sie genauso wenig Gnade zeigen wie ihre Feinde.

27
     

Die Hexe im Nebel
     
    Es dauerte eine Weile, bis die zutiefst erschrockene Bevölkerung auf die überraschend hereingebrochene Dunkelheit reagierte. Erst nach und nach wurden Fackeln und Laternen entzündet. Vielfach standen die Greifensteiner einfach auf den Straßen herum und starrten fassungslos auf die Wolkenschwärme, die nur darauf zu lauern schienen, durch eine winzige Lücke in dem glockenförmigen Bannschild in die Stadt stürzen und alles Leben in den Gassen und Gebäuden auslöschen zu können, bis nur noch ausgestorbene Ruinen zurückblieben.
    Rorn fiel es deshalb nicht schwer, in das weit verzweigte Labyrinth ineinander verschachtelter Häuser zu entkommen. Wenn er jemanden anrempelte, glaubten die Menschen, er wäre bloß ein weiterer der zahllosen Verwirrten, die in blinder Panik umherstolperten. Nachdem sich seine Spur zu stark verloren hatte, um ihn mit ein paar ausgesandten Häschern aufzugreifen, hörte er auf zu laufen.
    Die hochgeschlagene Kapuze tief ins Gesicht gezogen, verschmolz er mit seiner Umgebung. Von nun an kaum mehr als ein Schatten in der Dunkelheit, strebte er immer weiter in den Osten der Stadt, das Gefälle der Straße als Orientierung nutzend. Möglich, dass die Gardisten bereits die Viertel nach ihm durchkämmten, doch bisher drang kein verdächtiger Laut an sein Ohr.
    Allmählich beruhigte sich sein Herzschlag wieder. Doch in dem Moment, da die unmittelbare Bedrohung von ihm abfiel, machten sich die Strapazen der vergangenen Tage bemerkbar. Bleierne Müdigkeit drückte seine Schultern nach unten. Gleichzeitig keimte in ihm die Frage auf, wohin er sich wenden sollte. Da er sich nicht im Geringsten in der Stadt auskannte, war es beinahe egal, in welche Richtung er seine Schritte lenkte. Wankend hielt er in einer menschenleeren Gasse inne und lehnte seine linke Schulter gegen die nächstbeste Fassade, um ein wenig zu verschnaufen.
    Er schwitzte so stark, als würde er fiebern. Klebrige Ströme rannen ihm über Gesicht und Nacken.
    Es dauerte eine Weile, bis Rorn begriff, dass er ins Vorratsviertel geraten war, in dem die einheimischen Händler ihre Waren lagerten. Die gepflasterten Gassen waren menschenleer, doch in den erleuchteten Fenstern rund um die verbarrikadierten Tore zeichneten sich menschliche Schemen ab. Das allgemeine Chaos in der Stadt interessierte hier niemanden. Die Lagerhäuser hätten schon lichterloh brennen müssen, um die Bewaffneten aus ihren Wachstuben zu locken.
    Rasch stieß sich Rorn von der Hauswand ab, bevor noch jemand die Stadtgarde alarmierte, weil draußen ein Vermummter herumlungerte. Andererseits – gab es eigentlich ein besseres Versteck als diese von Wachposten verseuchte Gegend? Hier würde ihn sicherlich niemand vermuten.
    Als rechts von ihm plötzlich ein kaum schulterbreiter, zwischen zwei Hauswänden verlaufender Spalt klaffte,

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