Bannkrieger
stets aufs Neue Unbehagen.
Am Fuße der Treppe erwartete sie ein Durchgang, der in ein weitläufiges Gewölbe mündete. Große Ölleuchter, die unter der Decke hingen, tauchten den Raum in ein gelblich schimmerndes Zwielicht. Hier und dort klebten Schattennester in den Ecken, doch insgesamt gesehen fand das halbe Dutzend Jademeister, das hier geschäftig umhereilte, eine gut ausgeleuchtete Wirkungsstätte vor.
Ohne auf seine Glaubensbrüder zu achten, marschierte Ruppel auf einen aus grob behauenem Holz bestehenden Tisch zu, auf dem zahlreiche Tonkrüge und Karaffen standen. Mit kundigem Blick suchte er sich ein bauchiges Gefäß aus, das einen schweren, dunklen Rotwein enthielt, und schüttete sich hastig einen großen Becher voll, den er in einem Zug hinunterstürzte.
Einen Seufzer der Erleichterung ausstoßend, trocknete er sich die Lippen mit dem Handrücken ab und goss sich ein zweites Mal ein, diesmal bedächtiger, ohne etwas zu verschütten. Erst danach wandte er sich Yako zu, fixierte sie über den Becherrand hinweg und fragte: »Gibt es noch irgendetwas, das ich wissen sollte? Etwas, das du vielleicht in Gegenwart des Königs nicht erwähnen wolltest, weil es eine reine Angelegenheit der Priesterschaft ist?«
Die Phaa wusste beim besten Willen nicht, worauf der Großmeister hinauswollte. »Nispe hat seine Sache sehr gut gemacht«, sagte sie deshalb, genau so, wie es ihr Mea in den letzten Tagen immer wieder eingeschärft hatte. »Ohne ihn hätten wir niemals gegen den Lederhäuter bestanden.«
Ruppel stieß einen unartikulierten, aber eindeutig verärgerten Laut aus.
»Verschon mich mit diesem lügenhaften Geschwätz!«, fuhr er Yako so aufgebracht an, dass der Becher in seiner Hand überschwappte. Nicht nur seine Finger, auch das kostbare Gewand aus blauem Brokat wurden dabei besudelt. Ruppel fuhr schnaubend fort: »Dieser Nichtsnutz ist doch zu dumm, um flüssiges Feuer zu schleudern! Würde der Kerl nicht unserer läufigen Hündin das Bett wärmen, ich hätte ihn schon höchstpersönlich mit einem Tritt vor die Tür befördert!«
Außerhalb der dicken Burgmauern, unter dem normalen Volk, wäre sicher so manchem Weib das Herz stehen geblieben, hätte es den Großmeister so über die Jadeträgerin reden hören. Und selbst hier drinnen sahen einige Priester erschrocken in die Höhe.
Ruppels Wut verrauchte ebenso schnell, wie sie aufgeflammt war. Als ihm klar wurde, dass er gerade zu weit gegangen war, nippte er nur noch kurz am Becher, bevor er ihn abstellte und nach einem Lappen suchte, um seine Hände abzutrocknen.
Die Priester, die um ihn herum arbeiteten, taten so, als hätten sie nichts gehört. Geschäftig rührten zwei von ihnen mit einer Schöpfkelle in einem großen Kessel herum, in dem ein aromatisch dampfender Kräutersud vor sich hinköchelte. Andere bereiteten große Holzbretter mit Wasserkrügen und Trinkschalen vor. Sobald sie fertig waren, wurden mehrere Bronzekannen mit dem heißen Sud gefüllt.
Schöpfkelle um Schöpfkelle des stärkenden Tranks verschwand in den polierten Gefäßen, deren weit geschwungene, an die Umrisse von Vogelschwingen gemahnende Henkel die Hitze so gut aufnahmen, dass man sie nur mit dicken Lappen in der Hand tragen konnte.
Eigentlich war das die Arbeit eines Küchenjungen, doch in diesem Refugium gab es nicht mal einen Magnus oder gar Adepten. Hier unten hielten sich nur Priester auf, die mindestens den Rang eines Jademeisters innehatten. Allerdings waren sie alle entweder so jung, dass sie noch nicht genügend Erfahrung für einen Beschwörungskreis hatten, oder schon so alt, dass die damit verbundenen Strapazen zu viel für sie gewesen wären.
Mit schweren Tabletts voller heißer und kalter Getränke beladen, eilten sie zu einer schweren Eichentür an der Stirnseite des Gewölbes. Als sie geöffnet wurde, erklang ein undeutliches Murmeln, das nur noch durch eine zweite, etwa fünf Schritte entfernt liegende Tür gedämpft wurde. Als auch diese zur Seite schwang, erhaschte Yako einen Blick auf gut knapp zwanzig Priester, die inmitten eines kargen, aber sauberen Gewölbes in einem großen Kreis am Boden knieten.
Die in dunkelrote Kutten gekleideten Männer intonierten einen fremdartigen, immer wieder an- und abschwellenden Gesang, der etwas Einschläferndes hatte. Ihre Augen waren geschlossen, während sie, völlig in sich selbst versunken, mit den Oberkörpern vor- und zurückwiegten. Doch selbst durch die geschlossenen Lider hindurch mussten sie die
Weitere Kostenlose Bücher