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Bannstreiter

Bannstreiter

Titel: Bannstreiter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Frenz
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ausgesogen.
    »Jetzt stirb doch endlich!«, flüsterte Bao, der nicht einmal mehr schreien konnte. »Verreck dafür, dass du meinen besten Freund getötet hast.« Allein der Wunsch nach Rache befähigte ihn, das Bannschwert über den Kopf zu heben.
    Dem von tiefen Kratern übersäten Nebelwandler fehlten die Mittel zur Gegenwehr. Kopf, Hals und Vorderlauf des Pferdes waren verschwunden, und der Schwertarm des Reiters bloß noch ein ausgefranster Stumpf unterhalb des Ellenbogens. Vergeblich versuchten die Hinterbeine den Pferdeleib aus der Reichweite des Schwertes zu schieben.
    Grimmschnitter verharrte weiterhin in der Luft. Anstatt auf den Nebelwandler niederzufahren, neigte sich die Schwertspitze immer stärker nach hintenüber.
    Bao drohte das Gleichgewicht zu verlieren. Ein leiser Fluch erstarb auf seinen Lippen, kurz bevor sein Herzschlag für immer aussetzte. Noch ehe Rorn etwas unternehmen konnte, gaben die Knie des Hirten nach.
    Lautlos knickte Bao ein, bevor er wie ein nasser Sack zu Boden fiel. Gleichzeitig zerschnitt ein waagerechter Blitz die Dunkelheit und schlug in die Überreste des Nebelwandlers ein.
    Ohne Bao eines einzigen Blickes zu würdigen, sammelte Venea die neu entstandenen Silberfäden ein. Noch mehr vagabundierende Magie für ihre Schattenjade. Große, alte Kräfte, die einst im Schwingenschild oder dem Schmuck der Jadeträgerinnen gespeichert gewesen waren.
    Rorn war es inzwischen egal, was die Hexe da trieb. Kopfschüttelnd sah er auf Bao herab. Auf dem harten Boden wirkte der Hirte noch abgezehrter als zuvor. Kaum zu glauben, dass seine dürren Finger das Bannschwert so lange hatten festhalten können.
    »Das ist der Grund, warum ich Grimmschnitter nicht fortwerfen kann«, sagte er halblaut, als spräche er zu sich selbst. »Weil er in unbefugten Händen noch viel mehr Unglück über die Menschheit bringen würde. Und mein Bannschwert würde in neue Hände gelangen, selbst wenn ich es auf dem tiefsten Meeresgrund versenken würde – das weiß ich genau.«
    »Trauere nicht um den räudigen Hund zu deinen Füßen, er hatte den Tod tausendfach verdient!«
    Alarmiert wirbelte Rorn herum, denn es war eine tiefe Männerstimme gewesen, die zu ihm gesprochen hatte. Statt eines fremden Kriegers war aber nur Venea zu sehen. Zunächst glaubte Rorn, sie hätte sich einen bösen Scherz mit ihm erlaubt, aber dann bemerkte er ihre angespannte Haltung mit den unnatürlich zur Seite abgespreizten Armen. Ihr leerer Blick ging mitten durch Rorn hindurch, als wäre er auf einen weit hinter ihm liegenden Punkt gerichtet.
    »Bao war ein Mörder!« Die dunkle Stimme kam aus Veneas Mund, ohne dass sich ihre Lippen oder der Kehlkopf bewegten. »Er erschlug wohlhabende Reisende, um sie auszurauben, und warf ihre Leichen in tiefe Abgründe. Viele Bergbewohner ahnten, was er trieb, doch anstatt ihm Einhalt zu gebieten, begnügten sie sich mit seinem Gerede von den unbesonnenen Fremden, denen wieder einmal der schmale Eisenstieg zum Verhängnis geworden war.«
    »Wer bist du?« Rorn stellte diese Frage, ohne über sie nachzudenken.
    »Hardemar«, antwortete die männliche Stimme bereitwillig. »Ich war ein iskandischer Schamane ohne große Macht, doch als uns Bao und Gosk in einen Hinterhalt lockten, wuchs ich über mich selbst hinaus. Denn wahrlich: Der Fluch, mit dem ich die Menschen des Nebelbruchs belegte, brachte mehr Unheil über diesen Landstrich, als ich mir hätte vorstellen können.«
    Rorn verkniff sich die Bemerkung, dass es vermutlich vagabundierende Magie gewesen war, die den Zauber des Sterbenden verstärkt hatte.
    »Doch eins habe ich in meinem haltlosen Zorn nicht bedacht«, fuhr Hardemars Stimme fort. »Dass in der Welt des Schöpfers und Zehrers alles seinen Tribut kostet. So hat mein Wunsch nach Rache nicht nur Leid über den Nebelbruch gebracht, sondern auch meine Begleiter und mich gepeinigt. Zur Ruhelosigkeit verdammt vegetierten wir fünf an der Grenze zwischen Diesseits und Schattenreich dahin, dazu verdammt, auf einen zu warten, der uns von unserem ruhelosen Zustand erlöst. Darum danke ich dir, du von einem mächtigen Bann geschlagener Streiter, dass deine Klinge nicht nur unsere Mörder vernichtete, sondern uns auch die ewige Ruhe schenkte.«
    Rorn zuckte mit den Schultern, um eine gewisse Verlegenheit zu überspielen. Dass Venea plötzlich mit der Stimme eines Toten sprach, war für ihn schon verwirrend genug. Als sich dieser Tote aber auch noch für seine Niederlage bedankte, beschämte

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