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Bannstreiter

Bannstreiter

Titel: Bannstreiter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Frenz
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Sonnenglast, bis schließlich rote Blitze aus der Jadekugel schossen und in die Unterseite des Stegs stachen. Sich rasch immer weiter verästelnd woben die Strahlen ein zuckendes Geflecht, das den Bereich zwischen Granitboden und Halbrund vollständig ausfüllte, ohne den Großmeister oder die Hexe zu verletzen.
    Das war der Augenblick, in dem Eonis erstmals der Gedanke kam, vor einem Durchgang und nicht vor einer Brücke zu stehen. Noch ehe die aufkeimende Erkenntnis wachsen konnte, glaubte er in dem Wabern die Schemen weiterer Zyklopen zu sehen, die auf Rache sinnend zu ihnen durchbrechen wollten.
    Nicht nur Eonis riss vor Schreck die Streitaxt in die Höhe, auch Kimue und ein Dutzend weiterer Getreuer fletschte die Zähne. Instinktiv machten sich die Greifen kampfbereit, doch die wahre Schlacht wurde am Tor ausgetragen.
    Immer stärker wucherte das zuckende Blitzgeflecht an den Seiten des Steinbogens empor und breitete sich auch über die Oberseite der Wölbung aus. Derart bedrängt loderten die hellblauen Flammen höher, zuckten und flackerten und mussten doch zurückweichen. Das Prasseln der einander feindlich gesonnenen Energien schwoll zu einem Missklang an, der an das Kratzen von Stahl auf Stein erinnerte.
    Nur mühsam unterdrückte Eonis den Wunsch, sich die Ohren zuzuhalten.
    Zum Glück gewann Peracs Magie rasch die Oberhand. Die blauweißen Elmsfeuer erstickten unter dem übermächtigen Feind, der einfach über sie hinwegwucherte, bis sein roter Schimmer den gesamten Steinbogen umschloss. Das Hitzeflirren innerhalb des Tores löste sich daraufhin genauso rasch auf, wie es entstanden war, und die Leiber der Schlangenmagier gewannen ihre Konturen zurück.
    Gleichzeitig erstarben die Blitze aus der Jadekugel. Der rote Mantel glühte noch eine Weile nach, bevor er direkt in den steinernen Bogen einzudringen schien.
    »Es ist vollbracht!«, triumphierte Perac voller Stolz. »Das elende Portal, es ist versiegelt.«
    Eonis vermochte seine Neugier nicht länger zu zügeln. »Was hat das zu bedeuten?«, verlangte er zu wissen.
    Perac schwankte noch vor Erschöpfung, trotzdem stahl sich ein wissendes Lächeln in sein schmales Gesicht. »Hast du dich denn nie gefragt, wie es den Zyklopen möglich war, ihr Antlitz so gut vor der Welt zu verbergen, mein König?«, fragte er vergnügt. »Wie sie sich an jedem Punkt deines Reiches sammeln können, ohne dass ihre grauen Schwingen den Himmel verdunkeln?«
    »Beim großen Gott mit der Silbermähne!« Eonis bleckte die scharfen Zähne, als er die dreiste Anrede des Magiers vernahm. »Ich bin nicht in der Stimmung, deine kindischen Fragen zu beantworten!«
    Verwundert über die scharfen Worte starrte der Großmeister den König sprachlos an. Den tiefen Furchen auf seiner Stirn nach zu urteilen überlegte er, womit er die harsche Replik verdient hatte. Erst, als ihn Hatra leicht mit zwei Fingerspitzen am Arm berührte, schien Perac zu ahnen, dass er es dem Gebieter aller Leu und Greifen gegenüber an Respekt hatte fehlen lassen.
    »Dieses Portal und andere, die ihm gleichen«, erklärte er mit plötzlich samtweicher Stimme, »sind die Grundpfeiler, auf denen die Macht der Zyklopen ruht. Nur dank dieser Tore, die entlang der Sternenlinien verlaufen, vermögen sie noch Angst und Schrecken zu verbreiten. Und das, obwohl ihre Zahl beständig schrumpft und sie die meiste Zeit im Dämmerschlaf verbringen.«
    Eonis spürte, wie sich die Anspannung in seinem Nacken löste. Ein Gegner, der nur noch wenige Köpfe zählte! Das klang nach einem todgeweihten Volk.
    »Fahre fort«, forderte er den Großmeister auf.
    Peracs Gestalt straffte sich wieder. »Ich weiß um den Blutzoll jener, die Euch am nächsten stehen, mein König«, behauptete er mit neuem Selbstbewusstsein in der Stimme.
    Schlangenzunge! , dachte Eonis voller Verachtung, ohne sich seine Gefühle nach außen hin anmerken zu lassen.
    »Aber leider haben Eure Getreuen nicht den Trompetenhall verhindert, vor dem ich so sehr gewarnt habe.« Dieser unerhörte Vorwurf rief ein vielfaches Echo von knackenden Axtstielen hervor. Falls Perac erkannte, auf welch schmalem Grat er gerade wandelte, ließ er es sich nicht anmerken. Unbeeindruckt fuhr er fort: »Dadurch wurden die übrigen Zyklopen gewarnt. Wisset, Ihr alle«, sprach der Magier und deutete auf den über ihm aufragenden Steinbogen, »dass Tore dieser Art in jedem Turm und jeder Höhle der Zyklopen zu finden sind. Wer durch sie zu reisen versteht, der tritt durch eines von

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