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Bannstreiter

Bannstreiter

Titel: Bannstreiter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Frenz
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Gesicht über dem in der linken Brusthälfte steckenden Pfeil entdeckte. Rund um den Schaft hatte sich das Gewand mit Blut vollgesogen. Tabeths Finger umkrampften noch das eingedrungene Geschoss, hatten es aber nicht mehr herauszuziehen vermocht. Ein Volltreffer, mitten ins Herz!
    Auf Tabeths Gesicht zeichnete sich ein Ausdruck ungläubigen Erstaunens ab, als hätte sie bis zuletzt nicht fassen können, dass es wirklich mit ihr zu Ende ging.
    Rorn spürte, wie seine Augen feucht wurden. Dummes, junges Ding , dachte er. Wärst du doch nie an meiner Seite in den Kampf gezogen. Gegen meinen Bann sind selbst Hexen nicht gefeit.
    »Tabeth!« War es wirklich Ärger, der Brees Stimme keifen ließ, oder ahnte sie schon die Wahrheit? »Schläfst du, oder was ist los mit dir?«
    Rorn sah über die Schulter, um Bree zu sagen, dass ihre Hexenschwester nie wieder erwachen würde. Als sie seinen Blick auffing, erbleichte sie. Plötzlich ahnte sie, was geschehen war, obwohl sie den Leichnam von ihrer Position aus unmöglich sehen konnte.
    »Tabeth, nein.« Bree wollte sich in die Höhe stemmen, doch es fehlte ihr an der nötigen Kraft.
    Rorn trat näher an die Tote heran. Er hatte schon viele Menschen gewaltsam sterben sehen, viel zu viele. Trotzdem ließ ihn der Anblick niemals kalt. Vor allem dann nicht, wenn solche Unschuld mitten aus dem Leben gerissen wurde. Und diese Novizinnen, die von ihrer Zunftmutter in einem unerbittlichen Kampf verheizt wurden, waren noch unschuldig gewesen. Wer auch immer die Spinnenreiter befehligte, die Hadik und die anderen Magier ermordet hatten, der kannte keine Gnade.
    Das musste die Oberste aller Schattenhexen doch wissen!
    Rorn legte Zeige- und Mittelfinger seiner rechten Hand an Tabeths Halsschlagader, um ganz sicherzugehen, aber natürlich war nicht der geringste Pulsschlag zu spüren. Der Tod ließ sich nicht betrügen.
    Schweigend brach der Bannstreiter den Pfeil über der Wunde ab und warf ihn zur Seite. Danach streckte er Tabeths Körper gerade aus und faltete ihre Hände über dem Bauch zusammen. Der Ausdruck auf ihrem Gesicht verlor ein wenig von seinem Schrecken, nachdem er die weit aufgerissenen Augenlider herabgedrückt hatte. Als er sich erhob, um eine als Leichentuch geeignete Stoffbahn zu suchen, standen die anderen beiden Hexen vor ihm.
    Veneas Haltung war gebeugt, sie zitterte wie Espenlaub. Es sah aus, als könnte sie sich kaum auf den Beinen halten. Dennoch schien sie es zu sein, die Bree stützte, und nicht umgekehrt. »Es ist nicht deine Schuld«, brachte sie mühsam hervor. »Wärst du nicht aufgetaucht, hätten wir vermutlich alle drei den Tod gefunden.«
    »Mag sein«, antwortete Rorn, obwohl er genau wusste, dass Tabeth von nun an eines der zahllosen Gesichter sein würde, die ihn jede Nacht im Schlaf verfolgten.
    Ohne ein weiteres Wort zu verschwenden, ging er auf den Vorhang zu, der den Zeremonienraum vom Schlaftrakt trennte. Mit einem harten Ruck zerriss er die Lederbänder, die ihn an der Führungsstange hielten. Den schweren Brokat in Händen kehrte er zurück und warf ihn der zitternden Venea über die Schultern. Sie war immer noch unterkühlt und musste sich schleunigst aufwärmen.
    »Mach ihr etwas Heißes zu trinken«, befahl er Bree. »Auch wenn es schwerfällt – die Lebenden gehen vor.«
    Die junge Hexe nickte verstehend. Als er sah, dass ihre Rechte unbewusst zu den Lederbeuteln an ihrem Gürtel fuhr, wusste er, dass sie über heilsame Kräuter verfügte, die sie zu einem Tee zubereiten konnte.
    Während sich die Schattenschwestern umeinander kümmerten, machte Rorn sich daran, die Überreste ihrer Gegner aus dem Fenster zu werfen. Das war eine unangenehme Arbeit, besonders, was die Spinnen anging. Aber sie musste getan werden, bevor das Grauen noch einmal von vorne begann. Solange Venea derart geschwächt war, durften sie den Turm nicht verlassen. Niemand wusste, wie viele Spinnenreiter noch in der Stadt lauerten.
    Der Garten verschaffte ihnen zumindest ein gewisses Maß an Sicherheit. Der gleiche Garten, der sich nun an klein gehackten Riesenspinnen gütlich tat.
    Zuletzt schickte Rorn sich an, Hadiks Leichnam zu bergen. Der vormals graue Kokon, in dem der Magier steckte, war mittlerweile schmutzig weiß angelaufen und hart geworden. Als Rorn auf die Hülle klopfte, klang es hohl, und als er fester zuschlug, bildeten sich Risse. Mit etwas Druck gelang es ihm, einen Finger in das getrocknete Sekret zu bohren. Nachdem er einige Bruchstücke zwischen Daumen

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