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Bannstreiter

Bannstreiter

Titel: Bannstreiter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Frenz
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Aussicht darauf, die verhassten Zyklopen zu überrumpeln, ließ alle Herzen höher schlagen.
    Für die Gryff galt es noch so manche Scharte auszuwetzen, entsprechend erwartungsvoll zitterten die Krummschwerter und Streithämmer in ihren Händen. Aber auch die Leu lechzten nach Vergeltung für ihre Toten.
    Der Turmsaal leerte sich zusehends im schnellen Takt des sich öffnenden und schließenden Portals.
    »Das genügt«, befand Perac, als nur noch ein paar Dutzend Krieger versammelt waren. »Wir dürfen nicht an zu vielen Fronten auf einmal kämpfen, sonst lässt sich das eroberte Territorium nicht mehr absichern.«
    Das war der Moment, den Eonis schon die ganze Zeit über herbeigesehnt hatte. »Öffne den Durchgang zu Goron«, forderte er, mühsam um Beherrschung ringend. »Wir wollen ihm im Kampf zur Seite stehen, oder, wenn er schon gefallen ist, seinen Tod rächen.«
    Der Großmeister nickte, um sein Einverständnis zu zeigen.
    Von seinen engsten Getreuen umgeben trat der König unter den Steinbogen. Schon einen Atemzug später verschwamm die Welt wie hinter einem herabrauschenden Wasserfall. Sein Körper fühlte sich plötzlich seltsam leicht an. Ein Gefühl der Übelkeit kroch ihm die Kehle hinauf, ohne jedoch Erbrechen auszulösen. Wie lange dieser Zustand anhielt, ließ sich schlecht einschätzen. Wohl mehr als ein paar Herzschläge, aber weniger als einen Tag lang – genauer war es unmöglich einzugrenzen.
    Auf jeden Fall lange genug, um festzustellen, dass er keinen einzigen Muskel rühren konnte, bis der sie umgebende Schleier abrupt verschwand. Ihre Gruppe fand sich in einer Turmkuppel wieder, die der im Grenzgebiet bis auf die Fuge genau ähnelte. Wären nicht die fein geknüpften Teppiche gewesen, die hier noch an den Wänden hingen, Eonis hätte geglaubt, nach wie vor an der gleichen Stelle zu verharren.
    Bis der Trompetenhall in seinem Rücken erklang.
    Als der König und die seinen herumwirbelten, erlebten sie noch die fürchterliche Wirkung der Waffe mit, die sie schon am eigenen Leib erfahren hatten. Fünf Trutzadler lagen bereits mit zertrümmerten Gliedern am Boden, während ein sechster in der Luft zerfetzt wurde. Es war nicht der bluttriefende Stahl an den Armen des Zyklopen, der das vollbrachte, sondern ein widerlicher Fortsatz, der mitten in seinem Gesicht entsprang, dort, wo eigentlich die Nase sitzen sollte!
    Mindestens vier Leuschritte lang war dieser Rüssel, und so beweglich wie die Tentakel eines Riesenkraken. Allerdings mit dem Unterschied, dass dieses armdicke Ungetüm eine rosafarbene Innenwandung besaß, der zerstörerische Töne entwichen. Selbst auf größere Entfernungen hin schmerzte das Trompeten dermaßen in den Ohren, dass die Trommelfelle zu zerplatzen drohten.
    Dem attackierten Gryff spritzte das Blut zu den Nasenlöchern heraus, aber das war nichts im Vergleich zu dem, was mit dem Rest seines Körpers geschah. Die Vorderseite seines Mantels war bereits vollständig zerfetzt. Kleine Lederstücke und von Eisenfäden durchwirkte Filzbrocken wirbelten durch die Luft.
    Der zerstörerische Schall durchdrang aber nicht nur die Rüstung des Unglücklichen, sondern entfaltete auch auf seinem ungeschützten Leib eine vernichtende Wirkung. Federkleid und Fleisch wichen zurück. Von einer Vertiefung im Zentrum ausgehend schlug der Brustkasten regelrecht Wellen, während die darunterliegenden Knochen krachend zerbarsten.
    Gebrochene Rippenbögen stachen von innen heraus durchs Gefieder, einer von ihnen auf Herzhöhe. Aus der frischen Wunde pumpte ein rhythmischer Blutstrahl hervor, während der Krieger mit verkrampften Schwingen zu Boden stürzte.
    Aber auch der Zyklop war verwundbar.
    Aus unzähligen Schnittwunden blutend stand er mit dem Rücken zur Wand. So gut er auch mit seinen fürchterlichen Waffen – zwei um die Unterarme geschnallten Klingen, die von den Ellenbogen bis weit über die klobigen Hände reichten – umzugehen verstand, irgendeiner der von allen Seiten auf ihn einprasselnden Schläge drang immer zu ihm durch.
    Noch ehe er seinen Rüssel neu ausrichten konnte, ließ der über ihm schwebende Goron den Streithammer in die Tiefe pfeifen. Die gefürchtete Waffe der Gryff, deren Oberteil dem Kopf eines Raubvogels nachempfunden war, bohrte sich mit ihrem spitz zulaufenden Stahlschnabel tief in die graue Schädeldecke des Zyklopen. Ein tödlicher Hieb, unüberseh-bar. Trotzdem drehte Goron die Schnabelspitze in der Wunde, um sicherzugehen.
    Die Haltung des Zyklopen

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