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Bannstreiter

Bannstreiter

Titel: Bannstreiter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Frenz
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versteifte sich, seine ledernen Schwingen erbebten. Jubel hallte von den Wänden wider, als der graue Gigant zusammenbrach. Ein schwaches Zucken seiner armlang anmutenden Ohren, dann war der letzte Lebensfunken aus der massigen Gestalt gewichen.
    Auch in Eonis brodelte grenzenloser Triumph empor, fast so, als hätte er den letzten, alles entscheidenden Schlag von eigener Hand geführt. »Goron!«, brüllte er so laut, dass er das Geschrei der tobenden Menge übertönte. »Goron, der Zyklopenschlächter!«
    Auf einen kurzen Seitenblick von ihm hin unterstützten seine Getreuen den Ruf aus Leibeskräften. »Goron, der Zyklopenschlächter!«, klang es nun so laut, dass es von allen Wänden zurückschallte.
    Obwohl die überlebenden Gryff sich kaum noch auf den Beinen halten konnten, stimmten sie stolz mit ein. Völlig ausgepumpt landete Goron auf dem von ihm bezwungenen Gegner und ließ seine Flügel unter dem Ledermantel verschwinden. Stoßweise atmend stemmte er seine blutbesudelte Waffe in die Höhe, um die Huldigung der anderen mit gebührender Geste entgegenzunehmen.
    An die Toten zu ihren Füßen dachte in diesem Moment niemand mehr.
    Eonis lächelte still in sich hinein. Auf diese Weise ließen sich die Gryff ebenfalls lenken, ganz ohne Machtwörter und Zyklopentränen …
    »Zerschlagt die steinernen Sitze!«, befahl er, bevor jemand einen klaren Gedanken fassen konnte. »Auf dass die Heimkehrer keinen Dämmerschlaf mehr finden.«
    Noch trunken vor Freude stürzten sich Gryff, Leu und Greifen gleichermaßen auf die wuchtigen Granitgebilde mit den hohen Rückenlehnen, um ihnen mit allerlei Schlagwerkzeug zu Leibe zu rücken.
    »Gut gemacht«, lobte eine Stimme hinter Eonis.
    Als der König auf dem Absatz herumwirbelte, sah er, dass es Hatra war, die zu ihm gesprochen hatte. Sie war ihnen unbemerkt gefolgt und schien gerade damit beschäftigt, das hiesige Portal mit einem Bann zu belegen.
    »Was tust du da?«, fragte der Monarch erstaunt.
    »Ich sorge dafür, dass kein Mamuth von einem unbedrängten Turm aus zu uns vordringen kann«, antwortete das groß gewachsene Weib, ohne sich umzusehen.
    Eonis ließ ihr die Respektlosigkeit durchgehen. Wer wusste schon, welche Folgen es nach sich zog, wenn ihr Zauber verdarb, weil sie seine Krallen im Gesicht spürte? Eine Weile stand Hatra vollkommen still da, die Innenseiten ihrer Handflächen fest gegeneinandergepresst, während hinter Eonis der Granit zu Bruch ging. Nur ein leises, von blauweißen Funken begleitetes Knistern an der Unterseite des Bogens bewies, dass Hatra tatsächlich auf das Portal einwirkte und ihm nicht bloß etwas vormachte.
    Lächelnd drehte sie sich zu Eonis herum, eine Spur von Verheißung in den geschlitzten Schlangenaugen. »Wie wäre es mit einem Ausflug in tiefere Gefilde, mein König?«, fragte sie dabei.
    Noch ehe er mit einem Wort darauf reagieren konnte, senkte sich die Schleierglocke herab. Diesmal blieb die Übelkeit aus, die er bei seiner ersten Reise gespürt hatte. Nur das Gefühl der Schwerelosigkeit stellte sich wieder ein, und das Unvermögen, sich zu bewegen, oder gar einen Ton hervorzubringen. Dafür verging die Zeit diesmal schneller, aber vielleicht war das nur das Zeichen einer sich einstellenden Gewöhnung.
    Undurchdringliche Finsternis umschloss Eonis wie eine zweite Haut, als er wieder Herr über seine Glieder wurde.
    Das gefiel ihm nicht.
    Instinktiv riss er seine Streitaxt in die Höhe und nahm eine halb geduckte Abwehrhaltung ein. Erst danach fiel ihm auf, dass es an diesem Ort nicht nur dunkel, sondern auch kalt war. Abgestandene, schon fast modrig zu nennende Luft legte sich schwer auf seine Atemwege.
    »Was soll das?«, fragte er und glitt noch im selben Herzschlag geräuschlos zur Seite, um seine wahre Position zu verbergen.
    Hatra antwortete nicht, zumindest nicht mit Worten. Stattdessen sprühten an der Stelle, an der er sie vermutet hatte, glutrote Funken in die Höhe.
    Geblendet schloss Eonis die Augen.
    Seine Pupillen hatten sich aufgrund der Finsternis so stark vergrößert, dass er zunächst nur aus schmalen Augenschlitzen heraus beobachten konnte, wie die Lohe aus Hatras gewölbten Händen aufstieg und über ihren Köpfen pilzförmig auseinanderdriftete. Je mehr Funken durch die Luft tanzten, desto stärker traten die Umrisse einer großen Höhle aus der Dunkelheit hervor. Ganz oben, an der unregelmäßig gewölbten Decke, von der bizarre Zapfen herabhingen, war zu sehen, dass sie einen natürlichen Ursprung

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