Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bannstreiter

Bannstreiter

Titel: Bannstreiter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Frenz
Vom Netzwerk:
aus, die sich für eine Grabstätte eignete. Welchen Bann Hadik auch immer ausgesprochen hatte, um nicht selbst in die Fänge seines gefräßigen Gartens zu geraten, er wirkte auch noch nach dem Tode. Im Gegensatz zu Rorn, vor dem die Pflanzen regelrecht zurückscheuten, begegneten sie dem Toten mit einer respektvollen Distanz, die fast an eine Ehrbezeugung gemahnte. Zumindest kam es dem Bannstreiter so vor, als er einige Grassoden ausstach, aber vielleicht bildete er sich das auch alles nur ein.
    Nachdem er in dem freigelegten Rechteck eine flache Grube ausgehoben hatte, bettete er Hadik hinein und bedeckte ihn anschließend mit Erde. Rorn hatte nicht allzu tief gegraben, denn in diesen besonderen Garten verirrten sich keine Tiere, die den Toten freischarren konnten.
    Noch ein wenig verschwitzt kehrte er in den Zeremonienraum zurück.
    Venea und Bree hatten inzwischen auf den Seidenkissen Platz genommen. Mit untergeschlagenen Beinen saßen sie einander in entspannter Haltung gegenüber, bereits in stumme Zwiesprache mit ihrer Zunftmutter vertieft.
    Rorn erkannte das an dem verzückten Ausdruck auf ihren Gesichtern, und daran, dass sich ihre Lippen immer wieder bewegten, ohne einen einzigen Ton hervorzubringen. Solcherlei hatte er schon bei ähnlichen Beschwörungen beobachtet.
    Während die beiden Hexen weiterhin mit geschlossenen Augen sanft den Oberkörper vor- und zurückschaukelten, machte sich der Krieger daran, seinen Mantel zu suchen und mit Hilfe des abgerissenen Vorhangs zu säubern. Die Oberfläche des Spinnensekrets war zwar noch klebrig, trotzdem ließ es sich leichter entfernen, als von ihm befürchtet.
    » RORN !« Die dunkle, volltönende Stimme, die ihn unversehens von hinten ansprach, fuhr ihm durch Mark und Bein.
    Erschrocken wirbelte er herum, konnte aber nur Bree und Venea ausmachen. Sonst niemanden.
    »Ich spüre deine Anwesenheit, Bannstreiter!« Obwohl die Stimme so tief wie die eines Mannes klang, drang sie eindeutig aus Brees halbgeöffnetem Mund hervor.
    Zwischen Rorns Schulterblättern schien ein Eiszapfen herabzurutschen. So etwas hatte er noch nie erlebt. Und es wurde noch schlimmer. Plötzlich warf die junge Hexe den Kopf in den Nacken und öffnete ihren Mund so weit, dass ihr Unterkiefer fast ausgerenkt wurde. Ihre Stimme klang inzwischen so verzerrt, als stünde der Sprecher in einem hohen Gewölbe, das jedes seiner Worte durch ein Echo verstärkte.
    »Antworte mir, Bannkrieger! Ich höre dich mit den Ohren dieser Schattentochter!«
    Rorn verwarf seinen anfänglichen Verdacht, dass die Hexen irgendwelchen Schabernack trieben. Das hätten sie schon aus Respekt vor der aufgebahrten Gefährtin nicht getan, außerdem war nicht zu übersehen, dass Bree unter starken Krämpfen litt. Dicke Schweißtropfen glitzerten auf ihrer Stirn und flossen über die Schläfen herab.
    Selbst Venea, deren Schulterblätter deutlich unter ihrem Gewand hervortraten, wand sich vor Schmerzen. Wer auch immer Besitz von den beiden ergriffen hatte, ging nicht sonderlich rücksichtsvoll mit ihnen um.
    »Wer bist du?«, krächzte Rorn, der am liebsten Grimmschnitter gezogen und auf irgendetwas eingedroschen hätte. Doch wie bekämpfte man etwas, das körperlich nicht anwesend war, sondern sich der Gestalt einer Unschuldigen bediente?
    »Man nennt mich die Schattenmutter«, behauptete die fremde Stimme.
    »Rabenmutter wäre wohl passender«, schleuderte ihr Rorn entgegen.
    Bree zuckte eine Weile still vor sich hin, als hätte es ihrem angeblichen Zunftoberhaupt die Sprache verschlagen.
    »Ich habe keine Zeit, mit dir zu streiten«, drang es nach einiger Zeit aus ihr hervor. »Der Weg, den ich wählen muss, um mit dir in Kontakt zu treten, strengt meine Töchter stark an. Uns bleibt nur wenig Zeit, doch du musst erfahren, wie wichtig es ist, dass du Bree und Venea von nun an beschützt und durch alle Gefahren führst.«
    Trotz des schauderhaften Tonfalls, der an ein Reibeisen erinnerte, glaubte Rorn echte Besorgnis aus den Worten herauszuhören. Plötzlich bezweifelte er nicht mehr, dass er wirklich mit der Schattenmutter sprach.
    »Euch schwimmen wohl die Felle davon?«, stichelte er, um eine ehrliche Antwort zu provozieren. »Warum sonst bin ich dir plötzlich so wichtig geworden?« Schon so manch ausgeklügelte Lüge war im Zorn der Wahrheit gewichen.
    »Dein Fluch ist der Schlüssel zu einem uralten Konflikt«, verkündete die Schattenmutter nebulös. »Der dunkle Bann, der von jener ausgesprochen wurde, die schon

Weitere Kostenlose Bücher