Bannstreiter
schon unzählige Male gehört hatte.
»Ja, genau.« Rabold verzog das Gesicht. »Und der Platz, zu dem hoffentlich weder Schattenschwestern noch sonstige Meuchler Zutritt haben. So hat es mir zumindest Euer Oberhaupt versprochen.«
Daher wehte also der Wind. Der Magier suchte verzweifelt nach einem sicheren Versteck, darum hatte er sich den Pilgern angeschlossen. So viel zu der Annahme, dass er selbst hinter den Morden an seinen Zunftbrüdern stecken mochte.
Venea und Bree hatten inzwischen die Reihen der Leibwächter erreicht. Auf Rabolds Wink hin wurden die beiden vorgelassen. Während die blonde Iskanderin freundlich lächelnd die Gasse hinabschritt, hatte Venea die Kapuze ihres Mantels tief ins Gesicht gezogen.
Das gab Rorn sofort zu denken.
»Was sind das überhaupt für Weiber?« Eine leichte Brise trieb Rabold einige Haarsträhnen seines sorgfältig gekämmten Haares ins Gesicht. Sofort strich er sie hinter sein linkes Ohr und reckte ärgerlich den Kopf. »Mir steht nicht der Sinn nach neuen Mätressen.« Sein herablassender Tonfall verwandelte sich übergangslos in ein helles Pfeifen, als Venea vor ihn hintrat und die Kapuze zurückschlug.
»Du?«, keuchte Rabold erschrocken auf und langte sofort nach dem Ring mit der Schattenjade. »Hier vor allen Leuten, mitten auf dem Platz?«
»Keine Sorge«, versuchte ihn Rorn zu beruhigen. »Die beiden wollen nur mit Euch reden, Bruder Magier. Silberhaupt ist auch der Meinung …«
»Lügner!« Angst schärfte für bekanntlich die Sinne. Und so stark wie Rabold plötzlich am ganzen Körper zitterte, musste er die Welt um sich herum in nie gekannter Klarheit sehen. Daher folgerte er messerscharf: »Eure Spinne ist eine Fälschung. Ihr seid überhaupt keiner von den Oberen, die alle viel abgezehrter wirken.«
Unter seiner Linken, die rasend schnell über die Schattenjade rieb, begann es dabei verdächtig zu knistern.
»Stürzt uns nicht alle ins Unglück!«, warnte Venea in gedämpften Tonfall. »Prallen unsere Kräfte inmitten des belebten Marktes aufeinander, könnte das viele Unschuldige in Mitleidenschaft ziehen.«
»Als ob Euch ein Menschenleben scheren würde!«, fauchte Rabold, ohne von seinem Ring abzulassen.
Rasch hob die Hexe ihre Arme weit genug an, dass ihre Schlangenarmbänder sichtbar wurden. »Lasst das!«, forderte sie scharf. »Redet lieber mit uns. Ihr kennt mich doch gut genug, um …«
Rabold achtete überhaupt nicht auf das, was sie sagte, darum langte Rorn nach der Hand, die den Ring rieb, um sie zurückzureißen. Doch zu spät – der Griff ging ins Leere! Von einem Herzschlag auf den anderen war Rabold wie vom Erdboden verschwunden.
Verwundert rührte Rorn mit der Hand in der entstandenen Lücke herum, doch ihr Gegenüber hatte sich keineswegs unsichtbar gemacht, sondern buchstäblich in Luft aufgelöst. Da sie von allen Seiten durch andere Menschen eingekeilt waren, gab es keine Lücke, durch die er unbemerkt hätte verschwinden können.
Die beiden Hexen reagierten genauso verdutzt wie Rorn, erholten sich aber schneller von ihrer Überraschung. Rasch reckten sie die Köpfe, um zu sehen, ob Rabold irgendwo in der Nähe wieder auftauchte.
»Unser Bruder! Was ist mit ihm geschehen?« Um sie herum wurden die Leibwächter unruhig. Plötzlich drehten sich auch jene um, die ihnen eben noch den Rücken zugewandt hatten. Zum Glück entdeckte Rorn in diesem Moment einen zerzausten Blondschopf, der sich auf einem nahen Fuhrwerk aus einer Ladung Stroh wühlte. Gut vierzig Königsschritte entfernt, aber noch in Sichtweite.
»Rabold bot uns eine Kostprobe seines überragenden Könnens«, antwortete er lapidar und streckte dabei den Arm aus. »Und jetzt hinterher, meine Brüder. Schützt den guten Mann, bevor ihm noch ein Leid geschieht.«
Ohne auf das Stroh zu achten, das an seinem Gewand hing, sprang der sonst so auf sein Äußeres bedachte Rabold vom Wagen und drängte durch das Gewühl der Marktbesucher davon, um so viel Distanz wie möglich zwischen sich und die Hexen zu bringen. Zum Glück hatten ihn seine Leibwächter aber erkannt und stürzten nun hinter ihm drein, um ihn einzuholen. Da sie dabei in großer Zahl durch die belebte Gasse drängten, lösten sie einen gehörigen Tumult aus, dem einige Standmarkisen und mehrere verblüffte Marktbesucher zum Opfer fielen. Derbe Flüche, wildes Gegacker und das Krachen von umstürzenden Hühnerkäfigen markierten noch lange den Weg der Pilger, selbst, als sie schon lange außer Sichtweite
Weitere Kostenlose Bücher