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Bannstreiter

Bannstreiter

Titel: Bannstreiter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Frenz
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waren.
    Ratlos blieben Rorn und die Hexen alleine vor dem Stand des Kräuterweibes zurück. Doch es dauerte nur wenige Herzschläge, bis sich der freie Raum mit neuen Menschen füllte. »Elender Feigling«, grollte Venea. »Kein Wunder, dass ihn die Spinnenreiter noch nicht erwischt haben. Rabold springt bestimmt schon davon, wenn er nur die Flöhe husten hört.«
    Bree schüttelte nur lachend den Kopf.
    »Trotzdem war das Gespräch mit ihm sehr aufschlussreich«, gab Rorn zu bedenken. »Immerhin wissen wir jetzt, dass er sich den Pilgern angeschlossen hat, um vor den Herzlosen zur Domäne zu fliehen.«
    »Die Domäne«, wiederholte Bree abschätzig. »Die gibt es doch gar nicht.«
    »Vielleicht doch«, widersprach Rorn. »Aber was mich viel mehr beschäftigt – die höhergestellten Pilger, die als Obere tituliert werden, tragen scheinbar genau die gleichen Spinnenanhänger wie die Herzlosen.«
    »Und wirken ebenso ausgezehrt wie sie«, fügte Venea hinzu. »Aber was mögen die Pilger bloß mit solchen Untoten zu tun haben? Alle, die wir bisher kennen gelernt haben, waren völlig harmlos.«
    Darauf wusste auch Rorn keine Antwort, doch er zweifelte nicht daran, dass da ein Zusammenhang bestehen musste. Während er noch mit den Hexen beriet, wie sie weiter vorgehen sollten, fiel sein Blick auf einen gegenüberliegenden Stand, der alle Arten von Geflügel verkaufte. Zwei Gänsehälse, die zwischen hölzernen Streben emporwuchsen, wandten sich gerade einem Jungen zu, der unauffällig zwischen den Marktbesuchern umherschlich. Die Augen des Halbwüchsigen waren nicht etwa auf eine der unterarmlangen Libellen gerichtet, die an dünne Leinen gefesselt über dem Marktstand kreisten, um Kunden anzulocken. Nein, sein Interesse galt eher den Geldbeuteln, die am Gürtel oder unter dem Hemd getragen wurden.
    Rorn kam das struppig nach allen Seiten abstehende Haar sofort bekannt vor. Rasch ging er zu dem Stand hinüber und schnappte sich die Hand des Jungen, ehe sie sich am Eigentum anderer Leute vergreifen konnte. Ein Blick in das sommersprossige Gesicht offenbarte sofort, dass er richtig gesehen hatte. Es war tatsächlich Gerwin, der da in seinem Griff zappelte. Seine Pilgergruppe hatte es also ebenso nach Syrk verschlagen.
    »Na?«, fragte Rorn gedehnt. »Reicht es inzwischen schon nicht mehr, anderer Leute Heim auszuräumen?«
    Die eben noch vor Panik verzerrten Züge des Jungen hellten sich umgehend auf. »Ach, Ihr seid es!«, freute er sich. »Und ich dachte schon, irgendein Stadtbüttel hätte es – völlig ungerechtfertigt – auf mich abgesehen.«
    »Das wird früher oder später auch passieren«, beschied ihm Rorn. »Wieso lässt du das Mausen nicht? Sind die Münzen, die ich dir für das Buch gezahlt habe, etwas schon aufgebraucht?«
    Gerwin schlug die Augen nieder.
    »Weggenommen«, sagte er traurig. »Vor den anderen Jungs konnte ich sie verstecken, aber nicht vor meinem Vater.« Das war wohl zu erwarten gewesen, doch dies war weder die Zeit noch der Ort, um sich über die diebische Ader auszulassen, die Gerwins ganze Familie zu durchziehen schien.
    »Silberhaupt will nicht, dass in Syrk gestohlen wird«, behauptete Rorn aufs Geratewohl hinaus. »Wenn du erwischt wirst, bringst du alle Pilger gleichermaßen in Verruf.«
    Gerwin sah ihn mit großen Augen an, weil Rorn den Namen ihres Anführers kannte. Als ihm der Bannstreiter dann auch noch das Ohr zudrehte, an dem die Silberspinne hing, zuckte der Junge schuldbewusst zusammen.
    »Ihr seid einer der Oberen?«, fragte er ängstlich. »Bitte verratet mich nicht! Es wäre furchtbar, wenn ich von der großen Zusammenkunft ausgeschlossen würde! Unsere Gruppe gehört zu den Nächsten, die zur Domäne reisen!«
    »Zur Zusammenkunft?« Rorn legte die Stirn in Falten. »Was weißt du denn davon?« Sein Tonfall klang dabei, als wollte er Gerwins Würdigkeit überprüfen.
    »Na, genau das Gleiche, was alle darüber wissen«, antwortete der Junge verblüfft. »Sie findet in den alten Katakomben statt, und heute Nacht werden ihr nicht nur wieder viele Neuankömmlinge zum ersten Mal beiwohnen, sondern es werden auch einige Altgediente mit dem großen Rabold zur Domäne reisen.«
    »Dorthin, wo nur das Volk regiert, und nicht der König«, fügte Venea hinzu, die inzwischen zu ihnen getreten war.
    »Genau!« Gerwin nickte begeistert. »Kommt Ihr mit Euren Begleiterinnen auch mit?«, wollte er dann von Rorn wissen.
    »Wir werden mit Sicherheit dort sein«, antwortete Venea an

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