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Bannstreiter

Bannstreiter

Titel: Bannstreiter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Frenz
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näher kannte. Das allein war vermutlich der Grund dafür, dass sie überhaupt noch lebten.
    Statt diesen Gedanken auszusprechen, zuckte Rorn mit den Schultern und gestand ein: »Du hast wohl Recht, Alvin. Aber das, was ich zu erzählen habe, wird euch trotzdem interessieren. Es geht um Magier, denen die Macht der Schattenjade nicht ausreicht und die mit Hilfe von Menschenopfern aus ihr etwas noch Mächtigeres erschaffen, das sich Blutjade nennt. Ich weiß noch nicht genau, was sie damit vorhaben, aber scheinbar will hier jemand in die göttlichen Abläufe ein-greifen. Wie die Jademeister oder noch rücksichtsloser.«
    Bornus, der sich gerade das Hemd in den Hosenbund stopfte, hielt mitten in der Bewegung inne. Ein kurzer Blick zu Alvin genügte ihm, bevor er sagte: »Du hast Recht, Rorn, das interessiert uns wirklich.«
    Zur Zeit der Zyklopen
    Von einer Doppelreihe Gryff flankiert trat Perac auf das unversehrt wirkende Portal zu, um die Stabilität seines Siegels zu prüfen. Die Fackeln seiner Begleiter vermochten die tief unter der Erde liegende Kaverne nur dürftig zu erhellen, aber das war ohne jeden Belang. Der Großmeister hätte sich auch bei völliger Dunkelheit zurechtgefunden. Das, was ihn wirklich interessierte – die magischen Ströme des schlafenden Steinbogens –, sah er mit seinen inneren Sinnen. Die blakenden Flammen sollten nur verhindern, dass die Trutzadler über ihre eigenen Füße stolperten. Außerdem waren sie für Kimue gedacht, die von der nach unten führenden Treppe aus jeden seiner Schritte misstrauisch verfolgte.
    Mit geschlossenen Augen schritt Perac mehrmals unter dem Portal auf und ab, obwohl er schon beim Betreten der Kammer gespürt hatte, dass sein magisches Siegel noch vollständig intakt war. Was er hier tat, durfte nicht zu leicht aussehen, damit kein gewitzter Leu auf den Gedanken kam, seine Hilfe wäre mittlerweile verzichtbar.
    Unter dem Scheitelpunkt des Steinbogens angelangt blieb er deshalb abrupt stehen, streckte beide Arme in die Höhe und atmete laut hörbar ein und aus. Mit solchem Gebaren ließ sich ordentlich Eindruck schinden, und auch in diesem Fall verfehlte der Auftritt nicht seine Wirkung, das spürte er genau. Nachdem er seine magischen Fähigkeiten genügend hervorgekehrt hatte, war es allerdings an der Zeit, sich dem eigentlichen Anlass seines Besuches zuzuwenden.
    Zufrieden faltete Perac seine Hände so über dem Bauch, dass sie in den weiten Ärmeln seines Gewandes verschwanden.
    »Verteilt euch im Raum«, befahl er den Gryff, ohne seine Stimme groß zu erheben.
    Augenblicklich zerfiel der schmale Lichtkorridor in orangerot flackernde Inseln, die in alle Richtungen davonstrebten. Obwohl rundum von kalter Finsternis umschlossen, streuten die Flammen genügend Helligkeit, um das wahre Ausmaß der Höhle sichtbar zu machen. Einige der Fackelträger kamen erst in vierzig Leuschritten Entfernung zu stehen, andere erklommen, weit hinter dem Steinbogen, eine knarrende Anhöhe, die sich bei genauerem Hinsehen als bleicher Knochenhügel entpuppte.
    Aus dem schwarzen Nichts, das auf der herabführenden Treppe lastete, drang ein Keuchen. Selbst die sonst so beherrschte Kimue konnte einen Laut des Erstaunens nicht unterdrücken.
    Sehr schön.
    »Nun? Habe ich etwa zu viel versprochen?«, fragte Perac, beinahe vor Selbstzufriedenheit berstend, während die Favoritin des Königs nähereilte.
    Mit ihrem eisernen Harnisch und den ledernen Armwickeln unterschied sich Kimue kaum von einem männlichen Krieger. Doch ihr von sandfarbenem Fell bedecktes Gesicht wies eindeutig weibliche Züge auf. Selbst Perac, der allen fleischlichen Genüssen abgeschworen hatte, vermochte ihrer zierlichen, stets ein wenig feucht glänzenden Nase und den funkelnden Augen etwas abzugewinnen.
    Kimue war zu Recht die Favoritin des Monarchen. Kein anderes Weib aus Simwae vereinigte Intelligenz, Kampfkraft und Anmut so gut in einer Person.
    »Du hast wirklich nicht gelogen!« Zum ersten Mal, seit Perac sie kannte, klangen ihre Worte nicht wie ein Vorwurf.
    Der Magier neigte demütig das Haupt, anstatt die Leu für ihre freche Untertreibung zu rügen. Das Wohlwollen der Favoritin zu erringen bedeutete, Macht über den König zu gewinnen. Das war ein Grundsatz, den Hatra erst noch lernen musste.
    Schweigend starrten der Schlangenpriester und das Löwenweib auf die sich auftürmenden Schädel, denen der zuckende Fackelschein ein seltsames Eigenleben einzuhauchen schien. Besonders in den großen

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