Bannstreiter
ließen.
»Zwei Frauen in deiner Begleitung?«, staunte Alvin zur Begrüßung. »Du musst ein Trugbild oder ein elender Betrüger sein.«
»Dürfen wir gleich reinkommen?«, fragte der Bannstreiter, »oder muss ich mich zuvor noch eine Weile auf der Straße beleidigen lassen?«
Alvin schien beide Möglichkeiten eine Weile gegeneinander abzuwägen, öffnete dann aber doch und schlurfte mit einem gemurmelten »Nein, das können wir auch drinnen erledigen« davon. Venea, die als Letzte eintrat, verriegelte die Tür wieder sorgfältig.
Nachdem Alvin einige Fensterläden geöffnet hatte, bekamen sie den Schankraum zu sehen. Er war sauberer und aufgeräumter als erwartet, doch es roch auch nach altem Schweiß und noch älteren Alkoholausdünstungen.
»Weiß deine Schwester eigentlich, dass du den Namen ihrer Schenke gestohlen hast?«, fragte Rorn, um die unangenehme Stille zu durchbrechen.
»Nicht, solange du es ihr nicht verrätst.« Unke und Alvin hielten zusammen wie Pech und Schwefel, wenn es darauf ankam, gingen sich aber ansonsten aus dem Weg. Möglicherweise hatte Rorn sie tatsächlich als Letzter von ihnen gesehen, aber das war eigentlich ohne Belang.
»Kann es sein, dass du und Bornus selbst eure besten Gäste seid?«, frotzelte Rorn trotzdem.
»Nicht so laut«, verlangte Alvin. »Wir haben eine harte Nacht hinter uns.« Wie zum Beweis langte er dabei nach einem mit Wasser gefüllten Krug, setzte ihn an den Mund und trank ihn aus.
»Wir haben schon längere Zeit geschlossen«, erklärte er, nachdem er sich die feuchten Lippen mit dem Handrücken abgewischt hatte. »Eine eigene Wirtschaft zu eröffnen war doch keine so gute Idee, wie wir ursprünglich dachten.«
»Wovon lebt ihr dann?«, fragte Bree erstaunt.
Alvin richtete seine ausdruckslosen Augen auf die junge Hexe und sah sie eine Weile schweigend an. Da Rorn und Venea ebenfalls die Stirn in Falten legten, ging der Blonden auf, dass sie eine Grenze übertreten hatte.
»Na ja, eigentlich geht mich das ja gar nichts an«, räumte sie ein.
»Wir hatten Glück mit einem Auftrag, den wir für einen Magier ausgeführt haben«, erklang es da aus dem Hintergrund.
Zunächst war nicht zu sehen, wer zu ihnen gesprochen hatte, aber dann wurde ein Vorhang beiseitegezogen, der einen toten Winkel vom Rest des Schankraumes abtrennte. Der kahl rasierte Schädel, der dahinter zum Vorschein kam, gehörte eindeutig zu Bornus. Den weichen Kissen nach zu urteilen, von denen er sich erhob, hatte er – mit Hose und Schuhen bekleidet – auf einem stabilen Holztisch übernachtet. Sich mit der Linken den Schlaf aus den Augen reibend tastete er mit der Rechten nach einem groben Leinenhemd.
Sein ganzer Oberkörper war vom Hals bis zur Hüfte mit Tätowierungen übersät. »Was ist das denn?«, fragte Rorn verblüfft. »Hast du ein Ritual zur Totenerweckung hinter dir?«
»Schön wär’s.« Alvin lachte rau, bis ihn ein Husten zum Verstummen brachte. »Das sind umbelische Stammeszeichen. Bornus hat fast eine Steppenprinzessin geheiratet.«
»Schweig, Bleichling!« Der Kahlkopf sah verärgert unter dem Leinenhemd hervor, dass er sich gerade überzog.
Rorn zeigte den Ansatz eines Lächelns. »Ich würde ja gerne mit euch über alte Zeiten plaudern oder neue, noch unerzählte Abenteuer austauschen«, hob er an.
»Würdest du nicht«, unterbrach ihn Alvin schroff.
»Was?« Rorn blinzelte verwirrt.
Der Hellhäutige fixierte Rorn plötzlich mit hartem Blick.
»Du bist schon seit Tagen in der Stadt, trotzdem siehst du erst jetzt bei uns vorbei, und das vermutlich auch nur, weil du etwas willst.« Sein Tonfall schwankte zwischen Übellaunigkeit und Verletztheit, auch als er anfügte: »Also, rück einfach mit dem raus, was dir auf dem Herzen liegt.«
Rorn fühlte sich unangenehm berührt, auch wenn er sich nach außen hin gleichgültig gab. Der Iskander hatte selbstverständlich recht. Alvin und Bornus mochte wahre Freundschaft verbinden, zwischen ihnen und Rorn existierten dagegen bestenfalls gegenseitiger Respekt und eine Art Waffenbrüderschaft.
Seit den Ereignissen in den Bitterfelsen hatten sich ihre Wege mehrmals gekreuzt und wieder getrennt, und das Schicksal oder die Götter hatten es so gewollt, dass sie einige Male auf derselben, aber auch schon auf verfeindeten Seiten gekämpft hatten. Ein jeder von ihnen verdankte dem anderen schon mindestens einmal das Leben. Trotzdem gab es da diese Distanz, die er zu den beiden hielt, wie zu jedem anderen auch, den er
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