Banyon, Constance - HG 032 - Bittersüße Jahre der Sehnsucht
stimmte. Niemals zuvor hatte er eine Dame von Stand so nah vor sich gehabt. „Aber Sie sind der schöne Köder, an dem ich Damon Routhland hierherlocken werde.“
„Sparen Sie sich die Mühe. Mr. Routhland wird nicht kommen.“ Ein gemeines Lachen schallte durch den Raum.
„O doch, er wird anbeißen, soviel ist sicher. Jeder Mann würde in die Hölle gehen, um eine Frau wie Sie dem Teufel aus den Klauen zu reißen.“ Er sah, wie Royal sich mit der Zungenspitze über die trockenen Lippen fuhr, und leckte sich die seinen. „Ihnen fehlt bloß ein Mann, der weiß, wie man mit den Weibern umgeht“, sagte er eindringlich.
Royal schaute ihn verächtlich an. „Ihre Art, eine Frau zu behandeln, ist mir inzwischen bekannt. Marie hat mir ihre Narben gezeigt.“
Murdock stand auf. „Mit Ihnen wäre das ganz anders. Zu Ihnen wäre ich sehr nett. Wir könnten es schön haben miteinander, Royal Bradford.“
Royal begegnete seinem Blick und zog die Brauen hoch. „Das werden Sie allerdings nie herausfinden. Lieber würde ich mich umbringen, als mich von Ihnen auch nur anfassen zu lassen.“ Unter anderen Umständen würde Vincent Murdock eine Frau, die so zu ihm zu sprechen wagte, verprügelt haben. Aber diese da bezauberte ihn geradezu. Er fuhr mit der Hand über die Bartstoppeln auf seinen Wangen und betrachtete Royal versonnen.
„Dies hier ist kein Raum für eine Dame wie Sie. Hier können Sie nicht bleiben. Ich werde Ihnen Marie schicken, damit sie saubermacht und Ihnen was zum Anziehen bringt.“
Nachdem er die Blockhütte hinter sich gelassen hatte, ging Vincent Murdock zu dem großen Waschzuber auf der anderen Seite der winzigen Lichtung, entschlossen, sich zu baden und zu rasieren. Der Gedanke, eine Frau zu besitzen, die Damon Routhland gehörte, nahm die Formen einer wahren Besessenheit an. Diese Royal Bradford hatte eine so helle Haut, hatte unwahrscheinlich blaue Augen, und ihm war noch keine Frau über den Weg gelaufen, deren Haare wie gesponnenes Gold glänzten.
Freilich konnte er nicht ahnen, daß er sie mit seiner Zurückhaltung nur noch mehr in Panik versetzt hatte. Hätte er sie wirklich geschlagen, so hätte sie es ertragen und sich darüber hinwegsetzen können. Sein unerwartet freundliches Betragen dagegen hatte Royal Bradford aufs äußerste beunruhigt. Und nun bangte ihr erst recht vor dem Schicksal, das ihr in der Gewalt dieses Mannes drohen würde.
Murdock schärfte sein Rasiermesser an dem alten Lederstreifen, als Marie Grimmet sich von hinten an ihn heranschlich und ihren Körper wollüstig an dem seinen rieb.
„Hab auf die Frau gut aufgepaßt, wie du mir gesagt hast.“
„Sieh zu, daß sie Wasser für ein Bad bekommt. Und bring ihr ein Kleid, aber ein anständiges, nichts von diesen abgerissenen und verdreckten Fetzen, wie du sie anhast. Das ist eine wirkliche Lady.“
Die Augen der Frau funkelten argwöhnisch. „Was hast du im Sinn, Murdock?“
Er begann sich den Bart abzuschaben. „Du fällst mir auf die Nerven, Marie. Verschwinde und tu, was ich dir aufgetragen hab.“ Er stieß sie mit dem Ellbogen so roh beiseite, daß sie zu Boden taumelte.
Langsam und mit Mühe kam sie wieder auf die Beine. In ihr kochte und brodelte das Feuer der Eifersucht. „So eine wie die will mit dir nichts zu tun haben. Die ist an feine Herren gewöhnt wie an den noblen Engländer.“
Er warf ihr nur einen kurzen abschätzigen Blick zu. „Was weißt denn du schon von einer wie Royal Bradford? Eine echte Lady will nichts als einen Mann, der Stärke hat und Mut und Charakter. Weg da, an die Arbeit!“
„Vielleicht einen wie Damon Routhland“, schmähte die Frau. „Der hat immerhin genug Kraft gehabt, einen Krüppel aus dir zu machen. Und schlauer ist er auch.“
Bevor die Unglückselige ahnte, was ihr geschah, hatte sich Murdock auf sie gestürzt und drückte ihr die scharfe Messerklinge erbarmungslos an die Kehle. „Paß bloß auf, daß du dir nicht noch mit deiner verdammt schnöden Zunge selbst das Grab schaufelst, Weib“, stieß er zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor, außer sich vor Wut und verletztem Stolz.
Sie hätte sich für ihre Worte, ihren unüberlegten Ausbruch selbst ohrfeigen mögen. Schließlich hätte sie wissen müssen, daß jede Erwähnung Damon Routhlands ihn zur Raserei treiben würde – seitdem sie nun hier tief in den Sümpfen in der nur notdürftig selbst aufgebauten Blockhütte hausten und er den rechten Arm nicht mehr gebrauchen konnte. Murdock ertrug es
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