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Banyon, Constance - HG 032 - Bittersüße Jahre der Sehnsucht

Banyon, Constance - HG 032 - Bittersüße Jahre der Sehnsucht

Titel: Banyon, Constance - HG 032 - Bittersüße Jahre der Sehnsucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Constance Banyon
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verdienten Respekt. „Eines muß ich Ihnen lassen, Routhland, Sie haben Mut.“ Murdock hatte wie jeder im Land von Damon Routhlands sprichwörtlicher Unerschrockenheit gehört, seiner geradezu legendären Furchtlosigkeit. Aber ein einziger Blick auf die morderprobten Spießgesellen verriet Vincent Murdock, daß es nur eines Winkes von ihm bedurfte, und der Colonel würde dieses Lager nicht lebend verlassen. Auch eine Legende war nicht unsterblich! Die beiden Männer musterten einander und wußten, wie sie zueinander standen.
    „Führen Sie mich zu dem Engländer“, mahnte Damon Routhland.
    „Kommen Sie“, lenkte Murdock ein. „Ich will Sie zu ihm bringen. Aber ich warne Sie, er ist kein schöner Anblick in seinem schmucken Rotrock, so abgerissen und dreckig und blutgetränkt.“
    Routhlands Nerven waren zum Zerreißen angespannt, als er dem Bandenführer durch das Lager folgte. Bisher hatte er dreiundzwanzig Leute gezählt, aber es konnten noch viele mehr sein, die zu Murdocks Horde gehörten.
    Wie zum Teufel sollte man da Royals englischen Lord befreien, wenn Murdock seinen Gefangenen nicht freiwillig herauszugeben gewillt war?

11. KAPITEL
     
    Obwohl er wußte, wie sinnlos es war, riß und zerrte Preston Seaton immer wieder vergeblich an den rostigen Ketten, die ihn an eine bemooste Zypresse fesselten. Schon waren die Handgelenke wundgescheuert. Insekten quälten ihn Tag und Nacht. Dieser Ort ist eine Hölle, in der Menschen umkommen müssen, dachte er verbittert, in der Käfer und Fliegen die Rolle der Peiniger übernommen haben. Selbst das Zeitgefühl hatte ausgesetzt. Immerhin war er schon lange genug hier, daß ihm ein Bart um Wangen und Kinn wucherte. Bei jedem Blick auf die schmutzstarrende rote Uniform sehnte er sich mehr nach einem Bad und klarem frischem Trinkwasser.
    Vorsichtig dehnte er die schmerzenden Muskeln. Die Hoffnung auf Rettung hatte er längst aufgegeben. Wenn dieser Murdock, der ihn hier festhielt, dem Durchschnittssoldaten der Kolonialarmee ähnlich war, so mochte Gott jedem Engländer gnädig sein, der diesen sogenannten Amerikanern in die Hände fiel! Nicht nur, daß diese Leute sich wie die Schweine benahmen, sie sprachen auch noch ein Englisch, das unmöglich zu verstehen war. Meist schien es ihm sogar, als kennte er kein einziges Wort von dem, was sie redeten. Und das Essen, das man ihm gelegentlich brachte, war eines Menschen unwürdig. Dennoch aß er es, um am Leben zu bleiben. Und es war schon seltsam, was einer ertragen konnte. Preston hatte sich stets für einen zivilisierten Gentleman gehalten. Nun ertappte er sich dabei, daß er schlief und aß wie ein Tier.
    Er schloß die Augen und versuchte krampfhaft, an seine Familie auf Chiswick Castle zu denken, stellte sich die grünen, sanft ansteigenden Hügel vor, beschwor das Bild Royal Bradfords herauf, ihr honigblondes Haar, das in der Sonne wie Gold glänzte, die blauen Augen. England schien einer anderen, unendlich fernen Welt anzugehören.
    Preston Seaton hatte starke Zweifel, jemals wieder lebend aus diesen gräßlichen Sümpfen herauszukommen. Des öfteren hatte ihn das Gesindel geschlagen, weil er sich weigerte, ihnen irgendwelche Auskünfte, nach denen die Bande gierte, zu geben. Er war auch zu stolz, um ihnen einzugestehen, daß er nicht einmal lange genug hier gewesen war, um dazu überhaupt in der Lage zu sein. Geheime Schlachtpläne und militärisch bedeutende Geheimnisse waren ihm nicht zugänglich gewesen. Seine Mission hätte sich darin erschöpft, nach London zurückgekehrt, dem Premierminister eine genaue Schilderung der Lage an den Kriegsschauplätzen zu geben. Der hohe Offiziersrang, den General Cornwallis dem jungen Lord ehrenhalber verliehen hatte, bedeutete nichts.
    Und nun war Preston Seatons Welt auf eine winzige Insel zusammengeschrumpft, die einen Durchmesser von etwa einem Dutzend Schritten haben mochte und von fauligem Wasser eingeschlossen war. Jetzt drang der Klang gedämpfter Stimmen von dem feindlichen Lager her, und er spähte mit zusammengekniffenen Augen in diese Richtung. Tritte wurden hörbar, und das Brett, die einzige Verbindung seines kleinen Kreises zu dem festen Boden drüben, wurde herübergeklappt.
    Zwei Männer kamen auf den Gefangenen zu. Der eine war sein Peiniger, der Bandenführer Murdock. Der aufsteigende Haß trübte den Blick des jungen Lords, als er seines grausamen Kerkermeisters ansichtig wurde. Diesem Halunken schien es geradezu Vergnügen zu bereiten, sein Opfer zu

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