Banyon, Constance - HG 032 - Bittersüße Jahre der Sehnsucht
können ihm beistehen, Miss Royal, wenn wir nicht wollen, daß man ihn in ein englisches Militärgefängnis bringt. Und das würde er in seinem jetzigen Zustand wahrscheinlich nicht überstehen.“
Royal strich über das schweißnasse schwarze Haar Routhlands. „Was mag ihm bloß zugestoßen sein, Tobias?“
„Ich habe auch keine Ahnung, Miss Royal. Mr. Elman hat ihn hergebracht und etwas gesagt von einem Engländer, der veranlaßt habe, daß Mr. Routhland bei Ihnen versteckt werden solle, weil er angeschossen worden sei. Irgendwie verstehe ich das alles nicht, Miss Royal. Es paßt alles nicht zusammen, ich kann es mir nicht erklären.“
Damon Routhland holte keuchend Atem, und Royal beugte sich über ihn. Besorgt befahl sie dem alten Tobias: „Gehen Sie schnell, und holen Sie Alba. Ich hoffe, sie weiß, was wir hier tun können. Sie kennt viele alte Heilmittel.“
Tobias beeilte sich, aus der Tür zu kommen. Auf der Schwelle wandte er*sich noch einmal um. „Keine unnötigen Ängste, Miss Royal. Männer wie Mr. Routhland bringt so leicht nichts um, seien Sie versichert. Er wird auch das überstehen.“
Allein mit Damon Routhland, streichelte Royal behutsam die fieberheißen Wangen, während ihr die Tränen in den Augen brannten. „Was hat man dir bloß angetan, mein Liebster?“ flüsterte sie und wischte sich die Tränen ab. „Ich lasse nicht zu, daß du stirbst. Hörst du? Du darfst mich nicht wieder verlassen.“
Royal trat zurück, als Alba mit einer Schüssel dampfend heißen Wassers ins Zimmer kam und energisch entschied: „Sie gehen jetzt besser hinaus, Miss Royal. Ich werde Colonel Routhland waschen und die Wunde säubern.“ Sie sog hörbar den Atem ein. „Man hat Tobias gesagt, die Kugel sei schon draußen. Also brauchen wir uns darum nicht mehr zu kümmern.“
Royal schüttelte den Kopf. „Ich lasse ihn nicht allein. Ich werde Ihnen helfen, Alba.“
Die Haushälterin schien unentschlossen. „Na gut“, meinte sie schließlich. „Halten Sie mir die Lampe. Aber nur so lange, bis ich die Wunde am Schenkel angehe. Danach schickt es sich nicht für eine junge Lady, sich im Krankenzimmer eines Gentleman aufzuhalten.“
Royal zitterten die Hände. Sie beobachtete Alba, die nun die Decke zurückschlug und sich über den Verletzten beugte, um den schmutzigen, durchgebluteten Verband zu lösen. Beim Anblick der Wunde dann, deren Ränder hochrot und dick geschwollen waren, stockte Royal vor Entsetzen der Atem.
Tobias kam zurück und wechselte einen bekümmerten Blick mit seiner Frau.
Alba biß sich auf die Lippe. „Wir haben nichts im Haus, was wir auf die Wunde geben könnten, um sie zu säubern, damit die Entzündung zurückgeht.“
Tobias überlegte, dann meinte er: „Es ist noch eine Flasche von Mr. Bradfords Brandy im Arbeitszimmer. Ich hole sie.“
Endlich war nun auch Royal bereit, das Krankenzimmer zu verlassen, so daß Alba den Bewußtlosen waschen und frisch betten konnte. Es dauerte fast eine Stunde, in der Royal rastlos vor der Tür im Flur draußen auf und ab wanderte, bevor Alba heraustrat.
Sofort fragte Royal besorgt: „Wie geht es meinem Vormund?“
„Unverändert. Sie haben die Wunde gesehen, sie ist arg entzündet.“ Als sie den Ausdruck der Bestürzung auf Royals Gesicht bemerkte, besänftigte sie: „Sie waren damals so tapfer, als Ihr Herr Vater krank war. Nun müssen Sie es noch einmal sein, Miss Royal. Mehr können wir fürs erste nicht tun.“
Royal schluckte die Tränen. Ohne nachzudenken, stieß sie hervor: „Ich lasse es nicht zu, daß noch einmal ein Mensch, den ich liebe, stirbt.“ Es kam ihr nicht zum Bewußtsein, daß sie mit diesen Worten eben ihre Liebe zu Damon Routhland gestanden hatte.
Tobias folgte seiner Frau auf den Flur heraus und schaute Royal fragend an. „Sind Sie sich der Gefahr bewußt, Miss Royal, in der Sie schweben, solange Sie Mr. Routhland hier im Haus haben? Wenn die Rotröcke ihn finden, könnte das schlimme Folgen für Sie haben, Miss Royal. Wollen Sie dieses Wagnis eingehen?“
„Meine eigene Gefahr kümmert mich wenig. Ich mache mir nur Sorgen um Damon.“
Genugtuung leuchtete kurz in Tobias Beemishs Augen auf. Er nickte, als hätte er nichts anderes von seiner Herrin erwartet.
Royal wollte zur Tür, doch Alba hielt sie zurück. „Noch eines, Miss Royal. Mr. Routhland braucht ständige Pflege. Tobias und ich werden uns beim Wachen abwechseln. Und niemand darf etwas erfahren. Denken Sie an Ihren guten Ruf, Miss
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